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Unheimlicher Horror: d. übernatürl. Grauen in d. Literatur ; Essay

Unheimlicher Horror: d. übernatürl. Grauen in d. Literatur ; Essay

Titel: Unheimlicher Horror: d. übernatürl. Grauen in d. Literatur ; Essay
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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ABBEY (1798) der Mrs. Röche, ZOFLOYA; OR THE MOOR (1806) der Mrs. Dacre und die schülerhaften Ergüsse des Dichters Shelley, ZASTROZZI (1810) und ST. IRVINE (1811), beides Imitationen von ZOFLOYA - viele denkwürdige Werke unheimlicher Literatur sowohl in englischer wie auch in deutscher Sprache herausragten. Von klassischem Rang ist ein Werk, das sich von den übrigen Zeitgenossen deutlich unterscheidet, weil es sich nach dem Vorbild orientalischer Erzählungen richtet und nicht nach dem von Walpole geprägten »gotischen« Schauerroman; gemeint ist die berühmte HISTORY OF THE CALIPH VATHEK des reichen Dilettanten William Beckford, die zwar in französischer Sprache verfasst, doch vor dem Erscheinen des Originals in englischer Übersetzung veröffentlicht wurde. Morgenländische Geschichten, zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch Gallands französische Übersetzung der unerschöpflich opulenten ERZÄHLUNGEN AUS 1001 NACHT in die europäische Literatur eingeführt, waren zur herrschenden Mode geworden, die nicht nur dem Vergnügen diente; vielmehr bediente man sich dieser Form auch in allegorischer Absicht. Der durchtriebene Humor, den allein der orientalische Geist mit dem Unheimlichen zu mischen weiß, hatte eine Generation exquisiten Geschmacks derart verzaubert, bis Bagdad und Damaskus Namen waren, die ebenso freizügig durch die populäre Literatur geisterten wie die feschen italienischen und spanischen Namen bald darauf. Beckford, wohlbelesen in orientalischen Romanzen, fing die Atmosphäre mit außergewöhnlicher Empfänglichkeit ein und spiegelte in seinem phantastischen Werk bezwingend den hochmütigen Luxus, die verschlagene Illusionslosigkeit, die gefällige Grausamkeit, die geschliffene Niedertracht und das schattenhafte gespenstische Grauen des sarazenischen Geistes wider. Die Prise des Lächerlichen, mit der Beckford würzt, verdirbt nur selten die Kraft seines finsteren Themas, und die Erzählung stürmt mit einem phantasmagorischen Gepränge voran, in dem das Gelächter jenes von Skeletten ist, die unter arabesken Kuppeln schwelgen. VATHEK erzählt die Geschichte des gleichnamigen Kalifen, eines Enkels des Kalifen Harunal-Raschid, der sich, von jener Begierde nach überirdi-
    scher Macht, Lust und Gelehrsamkeit gequält, die auch den durchschnittlichen »gotischen« Schurken oder Byronschen Helden (im wesentlichen artverwandte Typen) treibt, von einem bösen Geist verlocken lässt, den unterirdischen Thron der mächtigen und legendären prä-adamitischen Sultane in den feurigen Hallen des mohammedanischen Teufels Eblis zu suchen. Die Beschreibungen der Paläste und Zerstreuungen Vatheks, seiner ränkeschmiedenden Mutter, der Zauberin Carathis, und ihres Hexenturms mit den fünfzig einäugigen Negerinnen, seiner Pilgerreise zu den spukumwobenen Ruinen von Istakhar (Persepolis), seiner schelmischen Braut Nouronihar, die er auf niederträchtige Weise unterwegs gewinnt, der urzeitlichen Türme und Terrassen Istakhars im brennenden Mondlicht der Wüste und der zyklopischen Hallen des Teufels Eblis, wo, von leuchtenden Versprechungen verführt, jedes Opfer gezwungen ist, in Qualen auf ewig mit der rechten Hand auf seinem flammend entzündeten und ewiglich brennenden Herzen umherzuirren, sind Triumphe der Gestaltung des Unheimlichen, die dem Buch einen bleibenden Platz in der englischen Literatur sichern. Nicht weniger bemerkenswert sind die drei »Episoden Vatheks«, die dem Roman hätten eingefügt werden sollen als Erzählungen weiterer Opfer in Eblis' infernalischen Hallen, doch zu Lebzeiten des Autors unveröffentlicht blieben und erst 1909 gefunden wurden von dem Wissenschaftler Lewis Melville, während er Material sammelte für seine Studie LIFE AND LEITERS OF WILLIAM BECKFORD. Allerdings fehlte es Beckford an jenem wesentlichen Mystizismus, der das Unheimliche in seiner entschiedensten Form auszeichnet, so dass seine Erzählungen eine gewisse aufgeklärte lateinische Klarheit und Strenge besitzen, die die reine panische Angst ausschließen. Doch Beckford blieb allein mit seiner Hingabe an den Orient. Andere Autoren, die der »gotischen« Tradition und dem europäischen Leben im allgemeinen näherstanden, waren es zufrieden, getreuer dem Vorbild Walpole zu folgen. Unter den zahllosen Produzenten von Terror-Literatur in dieser Zeit mag der utopische Wirtschaftstheoretiker William Godwin erwähnt werden, der seinem berühmten, doch nicht übernatürlichen CALEB WILLIAMS (1794) den absichtsvoll
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