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Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI

Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI

Titel: Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI
Autoren: Johanna und Günter Braun
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Machtwechsel, der kurz bevorsteht.
    Aber ich habe das Gefühl, die Veränderungen hier genügen nicht, sagte ich. Man hätte zum Beispiel die offizielle Uhr nachstellen müssen, damit das Programm durcheinanderkommt und die Lumen vom Mo d derwind überrascht werden.
    Um eine so große Zeitspanne hätte man sie kaum nachstellen können, sagte Elektra, abgesehen davon, daß wir nicht an sie herankonnten.
    Aber irgendwas mußte die Lumen aus dem Programm werfen, und ich fragte Elektra, wie läuft eigentlich so eine Kidnapperei ab? Ich me i ne, dafür muß es Richtlinien geben. Wie war das, als die Vorväter von denen hier erdflüchtig wurden? Was herrschte da gerade für ein Stil vor? Wie mußte man sich da verhalten, wenn man gekidnappt wurde? Wie war da der gute Ton? Und was mußten die Napper sagen?
    Die Lumen hier legten einen gewaltigen Wert auf Zeremonielles, sie würden sich auch beim Nappen an etwas halten. Aber die Filme aus den grauen Vorzeiten waren immer so blaß gewesen und so ve r schwommen. Ich hatte mehrere Kassetten davon zu Weihnachten b e kommen, aber die Stellen, wo das Napping losging, waren meistens ein undurchsichtiges Gewurstel, oder der Genappte ging so friedlich mit, daß man ihn von den Nappern nicht unterscheiden konnte.
    Wenn ich nur genau wüßte, was sie hier im einzelnen vorhaben, sagte ich zu Elektra.
    Sie fing auch an zu überlegen, auf welche Periode in der Kunst des Nappings sie sich beziehen könnten. Zu jener Zeit, sagte sie, und ich bestaunte wieder mal ihre Bildung, gab es mehrere Schulen, und wenn ich geahnt hätte, was uns hier bevorsteht, hätte ich mich natürlich etwas eingehender damit befaßt.
    Sie wurde ärgerlich auf sich. Das wäre doch wirklich, das Elementa r ste gewesen, was ich mir hätte einprägen müssen, aber wir waren ganz von unserer Helferrolle eingenommen. Daß wir uns vielleicht selber helfen müßten, ist uns nicht eingefallen.
    Da saßen wir also mit unseren schönen technischen Veränderungen.
    Elektra sagte, ich weiß nur, daß einundzwanzig Uhr fünfzehn das Licht an den sanitären Anlagen verlöschen und vor dem Haus ein h o her Pfiff ertönen wird. Sie haben das, als du fort warst, geübt. Aber das Licht wird nicht verlöschen, weil es ohnehin nicht funktioniert. Bleibt noch der Pfiff.
    Wir saßen also auf unserem hohen Bett aus aufeinandergetürmten Schaumtortensegmenten und starrten auf Elektras Leuchtuhr.
    Der Pfiff kam eine Minute vor einundzwanzig Uhr fünfzehn.
    Wir sahen auf der Straße eine Schattenkette mit Lichtpunkten ziehen, eine halbe Minute vor einundzwanzig Uhr fünfzehn begann in der Ha l le und auf den Treppen ein schweres Fußgetrappel.
    Eine viertel Minute vor einundzwanzig Uhr fünfzehn erklang ein Fallgeräusch; das schien von einer Treppenstufe zu sein, die der Greifer locker aufgelegt hatte, weil die Paßleisten fehlten. Es schienen auch gleich ein paar Lumen hinterherzufallen. Womöglich brach sich Fuks wieder seine drei Rippen.
    Immerhin hatten sie sich einundzwanzig Uhr achtzehn vor unserer Tür so weit zusammengerafft, daß sie ein Gespräch führen konnten. Sie einigten sich wohl auf den endgültigen Stil und distanzierten sich von der Methode des schlappfingrigen Anklopfens. Sie benutzten dazu etwa ein halbes Dutzend hartbeschuhter Füße, aber es hätte schon ein Fuß genügt, um die Tür umzuschmeißen. Sie fiel ins Zimmer, und ein paar Lumenschatten fielen hinterher.
    Das muß ich den Lumen bescheinigen, sie besaßen ein Gefühl dafür, was Würde ist. Sie stürzten nicht etwa über die Gefallenen hinweg ins Zimmer. Sie hoben die Tür auf und zogen sich hinter sie zurück.
    Dieser Verhaltensweise entnahm ich, daß sie ein gehobenes Napping durchführen wollten, eines mit einem gewissen Schauwert und nach den Gesetzen des guten Geschmacks.
    Um einundzwanzig Uhr dreißig waren sie so weit, daß sie unsere Tür mit einer Ladung Silvesterknaller sprengten. Und das ist wirklich eine Kunst bei einer Tür, die nur an ihrem Rahmen lehnt und jeden Auge n blick von selbst umfallen kann.
    Als sich der Rauch verzogen hatte, sahen die Lumen erst mal nichts, weil wir höher saßen, als sie vermutet hatten. Sie blickten in normaler Augenhöhe geradeaus.
    Ich sagte: Guten Abend. Denn es war ja Gehobenheit programmiert, und ich wollte sie nicht zu sehr irritieren.
    Die Lumen erwiderten nichts, ein Schatten nach dem anderen stapfte ins Zimmer. Sie bildeten einen Kreis, und ich dachte schon, sie leiten das Napping mit einem Tanz für
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