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Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI

Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI

Titel: Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI
Autoren: Johanna und Günter Braun
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legen uns ins Wasser und denken an nichts. Es gibt da jetzt türkisfarbenes Wasser mit Silberspiegelung, das habe ich noch nicht ausprobiert.
    Aber sie war zu deprimiert. Ich weiß nicht, ob Sie mit mir überhaupt eine Bekanntschaft anfangen sollten. Ich falle ganz aus dem Rahmen, heute gibt es kaum einen, der nicht in den Raum steigt. Alle sprechen nur über ihre Raumfahrterlebnisse und über technische Schwierigke i ten, die sie da oben gelöst oder auch nicht gelöst haben. Es ist immer von Raumschrauben und Raumventilen und Raumantrieb und diesen Sachen die Rede. Ich habe das auch alles gelernt, aber ich war noch nicht oben. Da bin ich von vornherein gar nicht gesprächsfähig.
    Also mich würde es langweilen, sagte ich, wenn meine Freundin mit mir nur über Schrauben und Ventile und Antriebe und solchen Klei n schrott reden wollte. Und ehrlich gesagt, man konnte keiner Frau b e gegnen, die einen nicht gleich in eine Diskussion über Raumprobleme gezogen hätte. Sogar beim Tanzen belästigen sie einen damit, und ich hatte besonders darunter zu leiden, weil ich als Retter von zwei Rau m schiffen in der Enzyklopädie stand und die Frauen dachten, ich wollte pausenlos raumenzyklopädisch beurteilt werden.
    Ich sagte zu Alberna, versuchen wir es zusammen, von mir werden Sie kein Wort über diesen Raumkrempel hören.
    Allerdings fragte sie mir in der ersten Zeit ein Loch in den Bauch. Sie wollte genau wissen, wie es im Raum wäre, auch die kleinste Kleini g keit, zum Beispiel wie man Algensalat aus dem Bordgewächshaus nach einer Liebesnacht morgens nüchtern verträgt, wenn man sich in der Anziehungskraft des Titan befindet. Ich glaube, sie wäre sehr gerne selber in den Raum gestiegen, aber ich sagte ihr klipp und klar, wir wo l len das Thema nicht mehr berühren. Du fragst zuviel, und wenn du weniger gefragt hättest, wärst du auch nicht durch die Prüfung gefallen.
    Sie sagte, ich verstehe bloß nicht, daß die andern nicht fragen. Habt ihr ändern denn niemals Fragen?
    Doch, sagte ich, aber man muß sie sich manchmal verkneifen. Anso n sten kamen wir prima miteinander aus. In der Liebe war Alberna eine große Spielerin und so lustig, daß sie Tote erwecken konnte. Manchmal lag ich nach dem Training wie tot auf dem Bett und dachte, ich könnte nie wieder ein Glied heben, aber wenn Alberna reingehopst kam und mich mit hochgezogener Augenbraue fragte, na, alter Merkur, wie ist es, dann wurde ich lebendig. Sie setzte sich rittlings auf mich und kämmte mit ihren Fingern mein Haar, und ihre kleine Brust hüpfte dicht über meiner Nase.
    Es ist ein Trost, wenn ich daran denke, aber es macht mich auch tra u rig, denn obwohl ich von dem Drang besessen war, die unbekannten Erscheinungsformen des Lebens auf Omega elf kennenzulernen, die Entscheidung, ob ich aufsteigen sollte, überließ ich Alberna.
    Abends ging ich in ihre Wohngondel, sie hatte eine Altbaugondel an einem dieser Wohnbäume, die hier und da noch geblieben sind. Man schaukelt da hoch oben über der Stadt und sieht die Flugboote vo r überschweben und die Blumendrachen und die Postballons und hört die Musik aus den Vergnügungszeppelinen.
    Alberna kam mir entgegen mit kristallgrünem Haar.
    Findsten das? fragte sie.
    Ich sagte, Mensch, das find ich horror. Etwas horror zu finden war damals die Bezeichnung für höchste Klasse. Alberna sah mit dem gr ü nen Haar wie ein Wasserkobold aus.
    Es fiel mir schwer, ihr mitzuteilen, daß ich nach Omega elf wollte. Ich soll da diese Reise zu diesen Lumen machen, aber wenn du es nicht willst, fahre ich nicht.
    Sie wurde ganz blaß, grünes Haar macht natürlich blaß, und sagte, wir feiern aber den Abschied, da machen wir noch eine ganz heiße Nacht, oder nicht, Merkur?
    Ich sagte, es muß kein Abschied sein, ich kann auch hierbleiben. Du mußt entscheiden.
    Da sagte sie, Merkur, mir ist schon lange klar, daß du wieder aufste i gen wirst. Das wußte ich doch von Anfang an.
    Nein, sagte ich, wenn du es willst, steige ich nie wieder auf. Ich habe ja hier meine schöne Mache bei den Computerreparaturwerkstätten. Ich würde einen Luftbungalow für uns besorgen, der läßt sich beliebig e r weitern, falls wir Kinder kriegen oder so etwas.
    Aber sie gab mir einen Schubs, daß ich aufs Bett fiel, und hopste auf mich und sagte, du möchtest doch aufsteigen, sag mal ehrlich, du kannst es doch vor Neugier nicht aushaken. Ich würde es auch nicht aushallen können.
    Du würdest da also auch gerne hin? Dann bleibe ich hier.
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