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Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Titel: Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers
Autoren: Josef Wilfling
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Tatort, durch die der Verdacht in eine bestimmte Richtung gelenkt werden soll.
    Wir bekamen den Brief vom 1 . Dezember zu lesen, den die Tochter bei Auffindung ihrer Mutter in deren Briefkasten gefunden hatte. Er warf wieder eine Reihe von Fragen auf, die uns die Bewertung der Tat erschwerten. Die erste lautete, ob jemand einen Brief an seine Frau schreibt, um sie dann zwei Tage später zu töten? Zumal es sich um ein liebevol les, freundliches Schreiben handelte, in dem Christian V. den Fortgang der Bauarbeiten schilderte, seinen Besuch für den 9 . Dezember bestätigte, und ihr versicherte, dass er sie liebe und sich auf ihr gemeinsames Leben in diesem herrlichen Land freue. Langjährige Mordermittler wissen, dass Menschen durchaus falsch, verlogen und gemein sein können. Andererseits schien es unwahrscheinlich, dass dieser Brief derart manipuliert war. Es sei denn, es wäre Absicht des Verfassers gewesen, dass er nach der Tat gefunden wurde. Aber was wäre gewesen, wenn er schon vor dem Tod der Frau angekommen und von ihr gelesen worden wäre? Hätte sie dann nicht sofort ihre Tochter informiert, wenn ihr der Inhalt als verlogen erschienen wäre?
    Andererseits fragte ich mich, ob es normal sein konnte, im Alter von 63 Jahren einer Frau, mit der man über 30 Jahre verheiratet war, einen so glühenden Liebesbrief zu schreiben? Uns kam das eigenartig vor. Wollte er sie aus irgendwelchen Gründen einlullen? Oder täuschen? Oder ablenken? Oder besänftigen?
    Der für die Sachbearbeitung zuständige Ermittler entdeckte etwas sehr Erstaunliches. Der Brief war zwar vom Verfasser auf den 1 . Dezember datiert, aber das erwies sich als völlig beliebiges Datum, denn der Poststempel besagte zweifelsfrei, dass der Brief in Deutschland aufgegeben wurde: abgestempelt in München am 3 . Dezember. Welch eine Überraschung!
    Eine Zeugin meldete sich, nachdem in den Medien über den Fall berichtet worden war. Die Postangestellte wohnte unmittelbar dort, wo der Pkw des Mordopfers abgestellt war, und die Frau kannte nicht nur die Familie V. seit vielen Jahren, son dern auch deren Auto. Dass der Fiat am Morgen des 4 . Dezember direkt vor ihrem Haus stand, habe sie gewundert, da ihn Frau V. sonst immer auf ihrem angestammten Parkplatz abstellte. Sie sei sich absolut sicher, dass das Fahrzeug am Vorabend noch nicht dort geparkt war, da sie um 22.00 Uhr mit dem Hund um den Block gegangen sei. Es wäre ihr garantiert aufgefallen, wenn der Wagen von Frau V. bereits zu diesem Zeitpunkt vor ihrer Haustür gestanden hätte.
    Am nächsten Morgen sei sie wie immer pünktlich um 5.50 Uhr aus dem Haus gegangen. Dabei habe sie einen Mann gesehen, der sich vom Fahrzeug weg in Richtung des Wohnhauses von Frau V. bewegte. Sie könne zwar nicht sagen, ob dieser Mann am Fahrzeug der Frau V. war oder ob er es gar selbst dort geparkt habe, aber er sei direkt auf das Wohnhaus der Familie V. zugegangen. Da sie ihn allerdings nur von hinten sah, vermochte sie ihn nicht näher zu beschreiben. Es sei ein großer, kräftiger Mann gewesen, der einen dunklen Blouson und einen Hut getragen habe.
    Ob es sich um Herrn V., der ihr ebenfalls seit Jahren bekannt war, gehandelt haben könnte, wusste die Zeugin nicht zu sagen. Von der Statur und der Größe her sei es möglich. Sicher war sie hingegen, dass der Mann mit einem Handy telefonierte, während er sich langsam entfernte. Sie habe sogar Wortfetzen gehört, aber nicht verstanden.
    Auf die Frage, ob der Mann deutsch sprach, meinte sie, es könnte Englisch gewesen sein.
    C hristian V. kam am 9 . Dezember in München an, ohne zu wissen, dass einige Stunden vorher zwei Ermittler der Münchner Mordkommission in Entebbe gelandet waren. Was wir absichtlich so organisiert hatten. Sie sollten dort zusammen mit der ugandischen Polizei entsprechende Ermittlungen anstellen und insbesondere das Alibi des Ehemanns überprüfen. Selbstverständlich war diese Aktion geheim.
    Christian V. erklärte nach seiner Ankunft am Flughafen München, er habe sich sofort nach der Nachricht vom Tod seiner Ehefrau bemüht, den Flug vorzuverlegen, aber eine Umbuchung sei leider nicht möglich gewesen. Dem großen, gut aussehenden Mann hätte man seine 63 Jahre nicht angesehen, trotz der grauen, jedoch immer noch dichten Haare. Er wirkte sichtlich nervös. Aber wer ist nicht nervös, wenn die Mordkommission auf ihn wartet?
    Christian V. begleitete die Beamten nach Begrüßung seiner Tochter zur Dienststelle, um eine Aussage als Zeuge zu
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