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Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Titel: Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers
Autoren: Josef Wilfling
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überzogen, kann es passieren, dass man überhaupt nicht mehr ins Land darf. Vor knapp einem Jahr habe ich einmal vorzeitig zurückreisen müssen, weil das Arbeitsamt mich einbestellt hatte. Und weil ich befürchtete, sie könnten meinen Reisepass kontrollieren und die vielen Ein- und Ausreisestempel der uganischen Behörden entdecken, meldete ich den Pass nach meiner Ankunft in München als verloren. Daraufhin bekam ich einen neuen. In der Folgezeit habe ich diesen dann bei den Einreisen in Deutschland vorgelegt, während ich bei den ugandischen Behörden stets den alten Reisepass vorzeigte. Auf diese Weise hatte ich für das Arbeitsamt immer einen ›sauberen‹ Pass und konnte so meine dauernde Anwesenheit in Deutschland belegen.«
    Seine Beichte ging weiter, wodurch er den Eindruck bedingungsloser Offenheit erweckte. Immerhin bezichtigte er sich des Sozialbetrugs und musste damit rechnen, dass wir ihn dem Arbeitsamt melde ten. Ein starkes Indiz für ein Ablenkungsmanöver beziehungsweise für die Eröffnung eines sogenannten Nebenkriegsschauplatzes.
    »Ich beziehe seit dem Ausscheiden aus meinem alten Unternehmen vor fast zwei Jahren Arbeitslosengeld in Höhe von 2 300 Euro monatlich. Allerdings muss ich aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen der Arbeitsvermittlung in München regelmäßig zur Verfügung stehen. Das ist schwierig, weil ich nahezu ausschließlich in Uganda bin, um dort unseren Hausbau voranzutreiben. Ich sehe das auch nicht als Betrug, denn das Arbeitslosengeld steht mir zu. Also hatte ich mit meiner Frau vereinbart, sie solle regelmäßig Bewerbungen an die verschiedensten Firmen absenden, um den Anschein zu erwecken, ich würde mich um einen neuen Arbeitsplatz bemühen. Wenn ich hin und wieder zum persönlichen Erscheinen beim Arbeitsamt vorgeladen wurde, hat sie mich sofort informiert. Da die Aufforderungen immer schriftlich und mit ausreichend zeitlichem Vorlauf erfolgten, blieb genügend Zeit, meine rechtzeitige Rückkehr zu organisieren.«
    Das alles klang sehr ehrlich, zu ehrlich. Als er aus dem Unternehmen ausschied, ergänzte er, habe er eine Abfindung in oberer fünfstelliger Höhe erhalten. Seine in München lebende Mutter habe ihm vorzeitig sein Erbteil in Höhe von etwa 100 000 Euro geschenkt. In Masaka, einem Touristenort etwa zwei Autostunden von der ugandischen Küstenstadt Entebbe entfernt, kaufte er dann seinen Angaben zufolge ein Grundstück für 10 000 Euro und baute darauf ein Haus, für das er bislang 140 000 Euro aufgewendet hatte. Insgesamt sei er leicht verschuldet, aber aufgrund des hohen Arbeitslosengeldes und unter Mithilfe seiner Frau, die ebenfalls eine gute Rente zu erwarten habe, hätten sie die Schulden in den nächsten fünf Jahren tilgen können. Ohne seine Frau würde das jetzt sehr schwierig, klagte er. Ihr Tod sei deshalb eine Katastrophe, er wisse nicht, wie es weitergehen solle. Hatte er gar kein Motiv? Es sah so aus.
    Seine Frau habe immer mindestens 2 000 bis 3 000 Euro im Hause gehabt, wusste er zu berichten. Rein für Notfälle, man könne ja nie wissen. Welche Art von Notfällen das hätte sein können, vermochte er uns nicht zu erklären. Klar war hingegen, dass er als Ehemann über Insiderwissen verfügte, sodass sich weder aus Spuren noch aus der Kenntnis von Aufbewahrungsorten oder Gewohnheiten seiner Frau ein Verdacht ableiten ließ.
    Das Schwierige bei solchen Fällen ist, dass interessante Spuren nicht beweiskräftig sind, sofern es sich bei den Verursachern um Berechtigte handelt. Die Spurensicherung war zwar noch nicht abgeschlossen, aber selbst Fingerspuren oder DNA von ihm in der Tatwohnung würden nichts beweisen.
    Christian V. konnte nicht viel zur Aufklärung des Mordes an seiner Frau beitragen. Er habe keine Vorstellung, wer das gewesen sein könnte. Wenn kein Geld mehr in der Wohnung sei, müsse es sich um einen Raubmord gehandelt haben, sinnierte er und gab uns damit gleich die Richtung vor, in die wir wohl ermitteln sollten. Genügend kriminelle Gestalten würden sich in der Gegend ja herumtreiben, fügte er hinzu.
    Die Beisetzung von Gerda V. erfolgte im engsten Familienkreis. Ihr Ehemann, die Tochter und die betagte Schwiegermutter der Verstorbenen, geführt von der Enkelin und mit deutlichem Abstand zum eigenen Sohn, folgten der Urne. Außer den Angehörigen waren noch einige enge Freundinnen der Ermordeten gekommen. Wir hielten uns im Hinter grund und beobachteten die Szenerie, ausgehend von der aus meiner Sicht völlig
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