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Tanz ins große Glueck

Tanz ins große Glueck

Titel: Tanz ins große Glueck
Autoren: Nora Roberts
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1. KAPITEL
    Der Kater lag absolut reglos auf dem Rücken. Seine Augen waren geschlossen, und die Vorderpfoten ruhten auf seiner weißen Brust. Die letzten Sonnenstrahlen drangen durch die Spalten in der Jalousie und wärmten sein orangefarbenes Fell.
    Er rührte sich auch nicht, als der Schlüssel ins Schloss der Eingangstür gesteckt wurde und so die Stille in der Wohnung störte. Er öffnete nur halb die Augen, als er die Stimme seiner Herrin hörte, machte sie jedoch gleich wieder zu, als er mitbekam, dass sie nicht allein war. Wieder hatte sie diesen Mann mit nach Hause gebracht, und der Kater mochte ihn überhaupt nicht. Also schlief er lieber wieder ein.
    "Aber Ruth, es ist erst kurz vor acht Uhr. Es ist sogar noch hell draußen."
    Ruth ließ die Schlüssel auf den zierlichen Queen-Anne-Tisch gleich neben der Eingangstür fallen, dann wandte sie sich dem Mann mit einem Lächeln zu. "Donald, ich habe dir bereits gesagt, dass ich früh nach Hause wollte. Das Essen war wunderbar. Ich bin froh, dass du mich überredet hast mitzukommen."
    "Wenn es so ist", sagte er und nahm sie wie selbstverständlich in die Arme, "dann erlaub mir, dich zu einem verlängerten Abend zu überreden."
    Ruth hatte nichts gegen seinen Kuss, sie mochte das leicht aufwallende Gefühl, das ihre Haut erwärmte. Als er sie jedoch enger an sich zog, legte sie die Hände auf seine Brust und drückte ihn sanft zurück. "Donald." Sie lächelte ebenso freundlich wie zuvor. "Du musst wirklich gehen."
    "Ein Schlummertrunk, bitte", murmelte er und küsste sie wieder, zärtlich, überredend.
    "Nicht heute." Entschlossen löste Ruth sich von ihm. "Ich habe morgen früh Training, Donald, und dann den ganzen Tag über Probe."
    Donald drückte einen Kuss auf ihre Stirn. "Es wäre leichter für mich, wenn ein anderer Mann dahinter steckte, aber diese Leidenschaft fürs Tanzen ..." Er zuckte die Schultern und wandte sich zum Gehen. Verliere ich sie? fragte er sich.
    Nach zehn Jahren war Ruth Bannion die erste Frau, die ihn ständig hinhielt, und das mit Erfolg. Warum nur, wunderte er sich, komme ich immer wieder zurück? Sie öffnete ihm die Tür, schenkte ihm ein letztes, etwas rätselhaftes Lächeln und schob ihn sanft nach draußen. Ein flüchtiger Blick auf diese Frau in der schwachen Flurbeleuchtung - und er wusste die Antwort.
    Ruth Bannion war mehr als schön, sie war hinreißend.
    Ruth lächelte immer noch, als sie die Sicherheitskette vorlegte. Sie war gern mit Donald Keyser zusammen. Er war groß, dunkelhaarig und auf eine elegante Weise gut aussehend.
    Er hatte einen ausgesprochen guten Geschmack und Sinn für etwas trockenen Humor. Sie schätzte ihn als talentierten Modedesigner, trug fast ausschließlich seine Modelle und konnte sich in seiner Gesellschaft entspannen, vorausgesetzt sie fand die Zeit dafür. Natürlich war sie sich der Tatsache bewusst, dass Donald eine etwas intimere Beziehung mit ihr vorgezogen hätte.
    Es war allerdings nicht schwer für Ruth gewesen, sich dagegen zu entscheiden. Sie fühlte sich zu Donald hingezogen und hatte ihn gern. Aber er erregte sie nicht. Sie wusste, dass er sie zum Lachen bringen konnte, doch sie bezweifelte sehr, dass er sie zum Weinen bringen könnte. Sie ging durch den dunklen Flur, und so etwas wie Bedauern kam in ihr hoch. Völlig unerwartet fühlte sich auf einmal allein.
    Im Eingang stellte Ruth sich vor den goldgerahmten
    viereckigen Spiegel, um sich zu betrachten. Der Spiegel gehörte zu den ersten Möbelstücken, die sie seinerzeit für das neue Apartment gekauft hatte. Das Glas war alt und hatte oben rechts in der Ecke dunkle Flecke. Ruth hatte für den Spiegel einen lächerlich hohen Preis bezahlt. Aber es hatte ihr viel bedeutet, dass sie ihn in ihrem eigenen Apartment - ihrem eigenen Heim aufhängen konnte. Jetzt, im gedämpften Licht, betrachtete sie ihr Spiegelbild.
    Sie hatte für den Abend ihr Haar offen getragen, und es fiel ihr seitlich über eine Schulter bis zum Ellbogen. Mit einer ungeduldigen Kopfbewegung schwang sie es auf den Rücken.
    Dann hob sie die schwarze, schwere Haarfülle an und ließ sie glatt zurückfallen. Das Haar umrahmte ihr zartes Gesicht mit den nicht ganz regelmäßigen Zügen. Ihr Mund war schön und voll, ihre Nase schmal und gerade, ihr Kinn war fein gerundet.
    In dem aparten Gesicht fielen besonders die dunkelbraunen, katzenhaft schrägen Augen auf. Ein exotisches Gesicht, wurde ihr oft gesagt, und doch sah sie selbst keine Schönheit darin. Sie wusste,
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