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Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Titel: Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)
Autoren: Cynthia Hand
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vergessen, wie nervig du sein kannst.»
    Das ist eine Beleidigung, aber wider Willen muss er lächeln dabei, und in seinen Augen liegt die Bewunderung, die mich in Gedanken zu den Tagen zurückschickt, als wir uns gegenseitig auf die Palme brachten.
    «Und ich hatte vergessen, was für ein rüpelhafter Hinterwäldler du sein kannst», werfe ich sicherheitshalber ins Gespräch ein.
    «Autsch.» Diesmal zeigt er seine Grübchen. Mir tut das Herz weh, so sehr möchte ich, dass alles zwischen uns wieder gut wird. Das muss sich in meinem Gesicht spiegeln, denn seine Miene wird plötzlich nüchtern. Er tritt näher zu mir heran, legt mir die Hand auf den Arm.
    «Ich kann also davon ausgehen, dass du immer noch vorhast, diesen Herbst nach Stanford zu gehen?»
    «Klar», sage ich ohne große Begeisterung. «Ein Hoch auf die Stanford Cardinals.»
    «Aber im Sommer bist du noch hier, ja?»
    Auf einmal ist Hoffnung in seinem Blick, und der Sommer, den wir gemeinsam verbringen könnten, läuft auch in meiner Vorstellung ab, so etwa wie die verzauberten Momente im letzten Sommer, als ich mich in Tucker verknallt habe, genauso heftig wie in Wyoming und all seine Schönheit. Ich wünschte, wir könnten das alles noch einmal erleben, diese Tage voller Muße, als wir auf dem See geangelt haben, in die Berge hinaufgewandert sind, um Heidelbeeren zu pflücken, im Hoback geschwommen sind, die Wildwasserfahrt gemacht haben und jeden Ort mit einem Kuss oder einer Berührung markiert und so zu unserem Ort gemacht haben. Doch diesmal soll es nicht so sein, das weiß ich. Denn wir können niemals zurück.
    Ich schaue auf meine Füße, meine weißen Sandalen mit den Riemchen, dann auf Tuckers Stiefel. «Nein. Billy meint, es sei eine gute Idee, wenn ich diesen Sommer mal wegfahre, weißt du, weg von den ganzen traurigen Sachen hier.»
    «Hört sich sinnvoll an», sagt er leise.
    «Also fahre ich mit Angela nach Italien.»
    «Wann?»
    «Am Montag.» Will heißen, übermorgen. Gepackt habe ich schon.
    Er nickt, als ob es etwas ist, womit er hätte rechnen sollen. «Na ja. Vielleicht ist das wirklich am besten.»
    Schweigen.
    «Ich bin ein paar Wochen vor dem Beginn des neuen Schuljahres zurück. Du bist dann doch auch da, oder?»
    «Ich bin da.»
    «Okay.»
    Er schaut zu mir auf, in seinen blauen Augen so viel Traurigkeit, dass ich meine, es zerreißt mir das Herz.
    «Was ist mit morgen? Bist du da frei?»
    Manchmal hat das Wort «frei» so viele Bedeutungen.
    «Ähm, klar.»
    «Dann hol mich morgen früh ab», sagt er. «Wir fahren noch ein letztes Mal zusammen weg.»
    Nicht einmal jetzt kann ich dazu Nein sagen.

    Tucker hat entschieden, dass ein Ausflug zum Grand Canyon in Yellowstone nett wäre, auch wenn der nicht so großartig ist wie der Grand Canyon am Colorado River, wie er meint, aber der sei nun mal zu weit weg. Er zeigt mir eine Stelle, an der man am Rand eines Wasserfalls stehen kann, weil er meint, das würde mir gefallen (hat es tatsächlich). Nachdem ich Tucker an der Lazy Dog Ranch abgesetzt habe und nach Hause fahre, kann ich plötzlich nicht anders, als rechts ranzufahren und anzuhalten. Am liebsten würde ich zurückfahren, am liebsten wäre mir, der Nachmittag würde ewig dauern, aber ich habe nur die Erinnerung daran, und sogar die verblasst bereits. Also sitze ich im Auto am Straßenrand und denke daran, wie er mich angesehen hat, als wir am Rand des Wasserfalls an dem Geländer lehnten und das Wasser um uns herum Regenbögen in die Luft malte und er dann sagte: «Oh, Mann, ich möchte dich küssen», und ich erwiderte: «Okay.»
    Dann sah er mir tief in die Augen und berührte meinen Mund mit seinen Lippen. Es war der zärtlichste Kuss von der Welt, intensiv, aber nicht fordernd, ganz sanft. Und mich durchströmte ein Aufruhr der Gefühle, der lauter war als das tosende Wasser, das unter uns in die Tiefe stürzte.
    Ich habe ihm mein Herz geöffnet. Ich spürte in meinem ganzen Körper, was er spürte. Er liebt mich so sehr, dass es ihn fast umbringt, die Art, wie sich dieser Kuss nach einem Abschied anfühlt. Er wollte mich gar nicht mehr loslassen. Er wollte um mich kämpfen. Alles in ihm drängte ihn, um mich zu kämpfen, aber er wusste nicht, wie. Er dachte, die reinste Form der Liebe sei es vielleicht, mich gehen zu lassen.
    Mir selbst tat das Herz weh, als ich das fühlte, als mir klar war, dass er mich immer noch liebt, trotz allem, was passiert ist. Ich gab mir Mühe, den Glanz zu unterdrücken, denn er wollte
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