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Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Titel: Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)
Autoren: Cynthia Hand
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traue mich nicht, das laut auszusprechen.
    Er schnaubt verächtlich und fährt fort, seine Socken zu zählen.
    «Was machst du da?», frage ich.
    «Ich packe meine Sporttasche für diese Woche.»
    «Oh.»
    «Ich hab zu tun, okay?»
    «Jeffrey …» Ich nehme einen Stapel Schmutzwäsche von seinem Schreibtischstuhl und setze mich. «Was hab ich denn getan, dass du mich so sehr verabscheust?»
    Er hält inne. «Du weißt, was du gemacht hast.»
    «Nein. Ich meine, ja, ich schätze, ich war letztes Jahr allzu sehr mit mir selbst beschäftigt, mit meiner Aufgabe und so. Ich habe kaum an dich gedacht.»
    «Ach ja?», sagt er.
    «Tut mir leid. Wenn ich dich nicht beachtet oder die Aufmerksamkeit von dir abgelenkt habe, weil ich mich so auf meine Aufgabe konzentriert habe. Von deiner Aufgabe hatte ich keine Ahnung, ehrlich. Aber schuldest du mir nicht auch eine Entschuldigung?»
    Ungläubig sieht er mich an.
    «Wofür?», will er wissen.
    «Du weißt schon …»
    «Nein. Sag es mir.» Auf einmal zerrt er an seiner Krawatte und schmeißt sie aufs Bett.
    «Du hast den Waldbrand gelegt!»
    «Ja, wahrscheinlich muss ich in den Jugendknast. Gibt es in Wyoming überhaupt einen Jugendknast?»
    «Jeffrey …»
    Aber jetzt, da er ins Reden gekommen ist, hat er nicht vor, wieder aufzuhören. «Das ist ganz schön praktisch für dich, oder? Denn jetzt kannst du mir die Schuld geben. Hätte ich das andere Feuer nicht gelegt, wäre Tucker in Sicherheit gewesen und deine Sache mit Christian wäre reibungslos über die Bühne gegangen und du wärst ein braves kleines Engelblut, das seine Aufgabe erfüllt hätte. Stimmt das, oder habe ich recht?»
    «Bist du ganz sicher, dass das deine Aufgabe gewesen ist?»
    «Und du? Was ist mit deiner Aufgabe?», kontert er.
    «Na schön, da ist was dran. Aber mal ganz im Ernst, ich begreife das einfach nicht. Das ergibt keinen Sinn. Aber wenn du sagst, du hattest die entsprechenden Visionen, und du solltest das machen, dann glaube ich dir.»
    «Hast du überhaupt eine Ahnung, wie schwer das war?» Er schreit jetzt beinahe. «Was mir alles für verrückte Sachen durch den Kopf gegangen sind, zum Beispiel, dass ich Leute umbringen könnte, wenn ich das Feuer lege. Die ganzen Tiere, das ganze Land und die Feuerwehrleute und all die anderen Leute, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um das Feuer zu löschen. Und trotzdem hab ich es gemacht.» Seine Lippen verziehen sich verächtlich. «Ich habe meinen Teil geleistet. Aber du musstest dann einfach kneifen.»
    Ich senke den Blick und betrachte intensiv meine Hände. «Wenn ich das nicht gemacht hätte, dann wäre Tucker gestorben.»
    «Da irrst du dich ganz gewaltig, so gewaltig, dass es schon fast traurig ist», sagt Jeffrey jetzt ruhiger. «Wie immer.»
    «Was?» Verblüfft schaue ich auf. «Jeffrey, ich war da. Ich habe ihn gerettet. Wäre ich nicht rechtzeitig gekommen, wäre er …»
    «Nein. Wäre er nicht.» Jeffrey sieht aus dem Fenster, als könnte er dort alles noch einmal ablaufen sehen. «Er wäre nicht umgekommen. Weil ich ihn nämlich gerettet hätte.» Er wendet sich wieder dem Packen seiner Tasche zu, diesmal ist es die Unterwäsche. Er lacht, ein böses, humorloses Geräusch, und schüttelt den Kopf. «Gott. War ich in Hektik in der Nacht, auf der Suche nach ihm. Er erschien nicht, wo er hätte erscheinen sollen, wo er immer erschienen ist, in den Visionen. Ich dachte, ich hätte es irgendwie vermasselt. Ich dachte, er wäre inzwischen geröstet. Schließlich gab ich auf und bin nach Hause geflogen. Ich sah dich auf der Veranda mit Christian, und mir ging so was durch den Kopf wie – na, immerhin hat sie es geschafft. Immerhin hat sie ihre Aufgabe erfüllt. Dann habe ich mich die ganze Nacht mit der Vorstellung gequält, was du wohl für ein Gesicht machen würdest, wenn du herausfinden würdest, dass Tucker tot ist.»
    «Ach, Jeffrey.»
    «Da hast du es», fährt er nach einer Weile fort. Er schnappt sich ein Deo und steckt es in seine Reisetasche. «Du hast gedacht, ich hätte deine Aufgabe vermasselt, hab ich recht? Aber die Wahrheit ist, wärst du deiner Vision gefolgt, hättest du einfach der Bestimmung vertraut, hättest du mit Christian deine Sache im Wald erledigt, und Tucker wäre vollkommen in Sicherheit gewesen, und alles wäre prima gelaufen. Aber stattdessen musstest du alles für uns beide total verderben.»
    Ich sage nichts. Ich schleiche einfach nur aus seinem Zimmer und schließe die Tür. In meinem eigenen Zimmer lege ich
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