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Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Autoren: Lee Child
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Verdienstmöglichkeiten warben.
    Und ich konnte eine Mahnung der Polizei sehen, die mich aufforderte: Wenn Sie etwas sehen, melden Sie es.
    Mir am nächsten befand sich eine Hispanierin. Sie saß auf der anderen Seite des Wagens, links von mir, vor der ersten Doppeltür, ganz allein auf einer Bank für acht Fahrgäste, deutlich außerhalb der Mitte. Sie war klein, irgendwo zwischen vierzig und fünfzig und wirkte erhitzt und übermüdet. Sie hatte die abgewetzte Tragetasche eines Supermarkts über ihr linkes Handgelenk geschlungen und starrte den leeren Platz gegenüber an.
    Danach kam ein Mann auf der anderen Seite, ungefähr eineinviertel Meter weiter den Wagen entlang. Auch er saß allein auf einer Achtpersonenbank. Er hätte vom Balkan oder der Schwarzmeerküste stammen können. Dunkles Haar, runzliges Gesicht. Er war sehnig, von Arbeit im Freien verbraucht. Seine Füße standen fest auf dem Boden. Er hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und beugte sich nach vorn. Nicht schlafend, aber in einer Art Halbschlaf. Scheintot, auf der Stelle tretend, im Takt mit den Bewegungen des Zuges schwankend. Er war ungefähr fünfzig und trug Sachen, die viel zu jugendlich für ihn waren: sackartige Jeans, die ihm nur bis zu den Waden reichten, und ein übergroßes NBA -Trikot mit dem Namen eines Spielers, den ich nicht kannte.
    An dritter Stelle kam eine Frau, die vermutlich aus Westafrika stammte. Sie saß links, etwas südlich der mittleren Doppeltür. Erschöpft, träge. Ihre schwarze Haut sah durch die Beleuchtung staubig grau aus. Sie trug ein farbenfrohes Batikkleid mit einem dazu passenden bunten Kopftuch. Ihre Augen waren geschlossen. Ich kenne New York einigermaßen gut. Ich bezeichne mich als Weltbürger und New York als die Hauptstadt der Welt, sodass ich diese Stadt so gut verstehe, wie ein Engländer London und ein Franzose Paris kennt. Ihre Gewohnheiten sind mir bekannt, aber nicht vertraut. Trotzdem war leicht zu erraten, dass drei Leute wie diese, die schon südlich der Bleecker Street im 6 Train nach Norden gesessen hatten, Raumpfleger waren, die von der Spätschicht in der Umgebung der City Hall heimfuhren oder in Restaurants in Chinatown oder Little Italy als Küchenhelfer arbeiteten.
    Die Fahrgäste vier und fünf waren anders.
    Bei der Nummer fünf handelte es sich um einen Mann ungefähr in meinem Alter. Er lümmelte diagonal gegenüber und durch die gesamte Wagenlänge von mir getrennt schräg auf einer Zweiersitzbank. Er war lässig, aber nicht billig gekleidet. Chinos und ein Golfhemd. Er stierte auf einen Punkt irgendwo vor ihm, kniff die Augen dabei zusammen oder veränderte ihren Fokus, als wäre er hellwach und überlegte. Sie erinnerten mich an die Augen eines Baseballspielers. In seinem Blick lag eine gewisse listige, berechnende Schlauheit.
    Aber es war die Nummer vier, die ich unauffällig im Auge behielt.
    Wenn Sie etwas sehen, melden Sie es.
    Sie saß auf der rechten Wagenseite, ebenfalls allein auf einer Achtpersonenbank, gegenüber und ungefähr in der Mitte zwischen der erschöpften Westafrikanerin und dem Kerl mit dem Blick eines Baseballspielers. Sie war eine unscheinbare weiße Frau, die ich auf Anfang vierzig schätzte. Sie hatte schwarzes Haar, das ordentlich, aber nicht modisch geschnitten und zu gleichmäßig dunkel wirkte, um nicht gefärbt zu sein. Sie war ganz in Schwarz gekleidet. Ich konnte sie verhältnismäßig gut beobachten. Der rechts von mir zwischen uns sitzende Kerl hockte weiterhin nach vorn gebeugt da, und die V-förmige Lücke zwischen seinem Rücken und der Seitenwand des Wagens verschaffte mir freie Sicht, die nur durch die vielen Haltestangen aus rostfreiem Stahl leicht beeinträchtigt wurde.
    Keine ideale Sicht, aber doch gut genug, um bei jedem einzelnen Punkt der Elfpunkteliste sämtliche Alarmglocken schrillen zu lassen. Sie blinkten rot wie die Kirschen im Display eines Spielautomaten in Vegas.
    Wollte ich der israelischen Spionageabwehr glauben, sah ich eine Selbstmordattentäterin.

2
     
    Diesen Gedanken verwarf ich sofort wieder. Nicht aus ethnischen Erwägungen. Weiße Frauen sind zu ebensolchen Verrücktheiten imstande wie jeder andere. Ich verwarf ihn, weil er taktisch nicht plausibel war. Der Zeitpunkt war ganz falsch. Die New Yorker U-Bahn wäre ein gutes Ziel für einen Selbstmordanschlag gewesen. Der 6 Train wäre so gut wie jeder andere und besser als die meisten gewesen. Er hält unter dem Grand Central Terminal. Acht Uhr morgens, achtzehn
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