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Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Autoren: Lee Child
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Uhr abends, ein voll besetzter Wagen, vierzig Sitzplätze, hundertachtundvierzig Stehplätze. Abwarten, bis die Türen sich zum überfüllten Bahnsteig hin öffnen, dann auf den Knopf drücken. Hundert Tote, mehrere hundert Schwerverletzte, Panik, Bauschäden, vielleicht ein Brand, eine wichtige Verkehrsdrehscheibe tage- oder wochenlang lahmgelegt und vielleicht für alle Zeiten misstrauisch beäugt. Für Menschen, deren Denkweise wir nicht ganz verstehen, sicher ein bedeutender Erfolg.
    Aber nicht um zwei Uhr morgens.
    Nicht in einem Wagen, in dem nur sechs Fahrgäste saßen. Nicht wenn auf den U-Bahnsteigen unter dem Grand Central nur herumliegender Müll, leere Kaffeebecher und ein paar Obdachlose auf den Bänken anzutreffen waren.
    Die U-Bahn hielt am Astor Place. Die Türen öffneten sich zischend. Niemand stieg aus. Niemand stieg zu. Die Türen schlossen sich polternd, die Motoren heulten auf, und der Zug fuhr weiter.
    Die elf wichtigen Punkte blinkten weiter rot.
    Auf den ersten konnte jeder kommen: unpassende Kleidung. Sprengstoffgürtel waren inzwischen so perfektioniert wie Baseballhandschuhe. Man nimmt ein dreißig mal neunzig Zentimeter großes Stück Segeltuch, legt es der Länge nach einmal zusammen und erhält so eine dreißig Zentimeter hohe Tasche. Diese Tasche legt man dem Attentäter um und näht sie hinten zusammen. Schnallen oder Reißverschlüsse können dazu führen, dass jemand sich die Sache anders überlegt. Dann steckt man eine Palisade aus Dynamitstangen in die Tasche, verdrahtet sie, füllt die Zwischenräume mit Nägeln oder Kugellagerkugeln aus, näht die Tasche oben zu und ergänzt sie durch einfache Schulterträger, um die Last besser zu verteilen. Insgesamt wirkungsvoll, aber recht sperrig. Die einzig brauchbare Tarnung ist ein übergroßes Kleidungsstück wie ein gefütterter Winterparka. Im Nahen Osten gänzlich ungeeignet, in New York nur etwa drei Monate im Jahr passend.
    Aber wir hatten September, es war so heiß wie im Sommer und im Untergrund mindestens fünf Grad heißer. Ich trug ein T-Shirt. Die Nummer vier trug eine Daunenjacke von North Face: schwarz, bauschig, etwas zu groß und mit bis unters Kinn zugezogenem Reißverschluss.
    Wenn Sie etwas sehen, melden Sie es.
    Den zweiten der elf Punkte ließ ich vorerst unberücksichtigt. Er war nicht gleich überprüfbar. Der zweite Punkt ist: roboterhafter Gang. Bedeutsam an einer Kontrollstelle oder auf einem belebten Platz, aber bei einer sitzenden Verdächtigen im öffentlichen Nahverkehr nicht relevant. Selbstmordattentäter gehen nicht roboterhaft, weil sie wegen ihres unmittelbar bevorstehenden Märtyrertums in Ekstase sind, sondern weil sie zwanzig Kilo ungewohntes Extragewicht mit sich herumschleppen und betäubt sind. Märtyrertum ist nur bis zu einem gewissen Grad reizvoll. Die meisten Selbstmordattentäter sind unter Druck gesetzte Einfaltspinsel, die einen Priem aus Rohopiumpaste in der Backe haben. Das wissen wir, weil Dynamitgürtel mit einer typischen Druckwelle in Doughnutform detonieren, die sich in Bruchteilen einer Nanosekunde durch den Oberkörper fortpflanzt und den Kopf von den Schultern sprengt. Der menschliche Kopf ist nicht angeschraubt. Er hält sich durch Schwerkraft und ist durch Haut, Muskeln, Sehnen und Bänder fixiert. Aber diese schwachen biologischen Anker richten nicht viel gegen eine starke chemische Detonation aus. Von meinem israelischen Mentor weiß ich, wie sich leicht feststellen lässt, ob eine Detonation unter freiem Himmel durch eine Autobombe, einen Selbstmordattentäter oder eine Kofferbombe ausgelöst worden ist: Man sucht einen Radius von fünfundzwanzig bis dreißig Meter nach einem abgetrennten menschlichen Kopf ab, der meist seltsam intakt und unbeschädigt ist – bis hin zu dem Opiumpriem in der Backe.
    Der Zug hielt am Union Square. Die Türen gingen auf. Niemand stieg aus. Niemand stieg zu. Vom Bahnsteig wehte heiße Luft herein und kämpfte gegen die Klimaanlage des Wagens an. Dann schlossen die Türen sich wieder, und der Zug fuhr weiter.
    Die Punkte drei bis sechs sind Variationen eines subjektiven Themas: Reizbarkeit, Schwitzen, Tics und auffällige Nervosität. Meiner Ansicht nach kommt das Schwitzen ebenso häufig von körperlicher Erhitzung wie von schwachen Nerven, von unpassender Kleidung und dem Dynamit. Dynamit besteht aus Sägemehl, das mit Nitroglyzerin getränkt und zu Stangen gepresst wird. Sägemehl isoliert gut. Deshalb gehört das Schwitzen mit dazu. Aber die
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