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Undercover

Undercover

Titel: Undercover
Autoren: Manuela Martini
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alten Blätter abwarfen, ein roter und ein größerer rosafarbener Hibiskusbusch, ein stattlicher Frangipani, drei Aloe Vera, und ein noch niedriger Gummibaum, den er erst nach dem Tod seiner Eltern geset zt hatte. Als sein Blick auf sein im linken Teil des Hauses liegende s Schlafzimmerfenster fiel, wurde die Szene von heute wieder deutlicher.
    „Heute hab’ ich was erlebt, Garbo.“
    Als der braun-weiße Hund mit dem kurzen Fell seinen Namen hörte, kam er auf Josh zu. Josh beugte sich zu ihm hinunter und s treichelte ihm über den Kopf .
    „Das glaubst du nicht, das war wie im Film.“
    Der Hund leckte Joshs Hände.
    „Ich weiß nicht, ob sie dir gefallen würde, Garbo.“
    Doch Garbo hatte auf dem Rasen einen Vogel entdeckt und stürzte auf ihn zu, der Vogel flog auf und flatterte eine Weile über ihm in sicherer Höhe als wollte er Garbo ärgern. Prompt fing Garbo an zu bellen.
    S o eine Frau wie Chrissy würde von ihm nichts wissen wollen , dachte Josh . Wer war er , Josh Cline, denn schon? Er sah nur durchschnittlich aus, war nicht besonders groß, hatte die braunen Augen seiner Mutter, die er nie als besonders ausdrucksstark empfunden hatte, und dunkelblondes Haar, das er bei einem billigen Friseur schneiden ließ . Durch die harte Arbeit war er wenigstens muskulös und gebräunt. Trotzdem – er war viel zu zurückhaltend für so lche Mädchen. Dieser Mann heute war älter gewesen. Älter und sicher erfahrener, und wahrscheinlich hatte er Geld . Garbo bellte noch immer den Vogel an, der über ihm krächzte .
    „Siehst du, Garbo genau so ging es mir. Sie hat sich über mich lustig gemacht.“

3

    Die Sache war schief gegangen. Er hatte es schon vorher im Bauch gespürt. Man sollte nie gegen seinen Instinkt handeln. Seine Händ e schwitzten in den Handschuhen, und Nase und Lippen waren unangenehm feucht unter der Atemmaske. Sogar die harmlose Geschichte am Strand hatte er nicht mehr so einfach wegstecken können. Obwohl er sie noch nicht einmal persönlich gekannt hatte. Für ihr Alter war sie gut in Form gewesen. Wie sie um ihr Leben kämpfte!
    Irgendwann gehen die Dinge schief. Und plötzlich befindet man sich auf der anderen Seite. Es sah so aus, als ob er die Grenze schon überschritten hätte. Die Grenze zwischen Licht und Schatten.

4

    „Wie geht’s Ihnen, Shane?“, fragte der Arzt.
    Eine Frage aus dem Nichts aufgetaucht wie der Mensch, der sie stellte. Vielleicht hatte er es nur geträumt? D ie aufgerissenen Augen. Die dunklen Flecken.
    Der Arzt lächelte gezwungen, eine Haarsträhne hing ihm in die Stirn, er schob sie zurück, lächelte immer noch.
    „I n ein paar Tagen können Sie auf Krücken gehen. Sie haben Glück gehabt, dass die Kugel nicht den Knochen oder gar die Arterie Ihres Oberschenkels durchschlagen hat.“ Das Lächeln verschwand, die hohe, glatte Stirn des Arztes durchzogen Falten. „Sie haben großes Glück gehabt , Shane.“
    „Warum?“, hörte Shane seine eigene Stimme. Sie klang schwach und fremd.
    D er Arzt holte tief Luft und strich sich das Haar aus dem Gesicht.
    „Ein Kollege wird Ihnen erklären...“, begann der Arzt.
    „Hören Sie auf, mit diesem Scheiß, Doc!“, fuhr Shane hoch. „Sagen Sie mir die Wahrheit! Haben sie überlebt? Haben meine Kollegen überlebt?“ Er hatte geschrien.
    „Ich schicke jemanden...“ hörte er noch den Arzt sagen, dann versickerte die Stimme irgendwo in einer lautlosen Dunkelheit.
    Sie waren alle tot. Jack lebte nicht mehr. Jac k, mit dem er nächtelang über Fälle gegrübelt, Verdächtige vernommen, Protokolle verfasst, Meetings durchgestanden hatte. Evans, der junge, immer gutgelaunte Kollege von der Fingerabdruckabteilung. Hawking , der n ach Weihnachten heiraten wollte . Shane schloss die Augen und wollte sie nicht mehr aufmachen müssen.

    Der erste, der ihn besuchte, war Pater Timothy, der Seelsorger. Ein Mann, der mit seiner großen, stämmigen Statur und seinen ruhigen, sparsamen Bewegungen Zuversicht und Vertrauenswürdigkeit ausstrahlte. Der Pater hatte sich einen Stuhl ans Bett geschoben, und redete doch Shane sah zum Fenster hinaus. Das obere Drittel war graublau. Den Mittelgrund füllte eine gelbliche Hauswand aus, und den Vordergrund beherrschte eine lichte Baumkrone. Es war Sommer, und kurz vor Weihnachten. Kim, seine Exfrau heiratete wieder. Er wollte nicht mehr da hinaus. Nie mehr.
    „Shane, Sie dürfen nicht verzweifeln...“
    „Pater“, fiel Shane ihm irgendwann müde in seine Ausführungen, „ich bitte
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