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Undercover

Undercover

Titel: Undercover
Autoren: Manuela Martini
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konnte sich nur auf sich selbst verlassen.
    So, er wischte sich die Hände an seiner kurzen grünen Arbeitshose ab, das zweite Sandwich hatte er auch gegessen.
    Für einen letzten großen Schluck setzte er die Thermoskanne an die Lippen, l egte den Kopf in den Nacken.
    Als sein Blick in Richtung Haus fiel, bemerkte er hinter der Scheibe auf der linken Seite des Hauses eine Bewegung. Er sah genauer hin und erkannte schemenhaft einen Mann, der an einem Sessel stand. E r stand da nicht allein, an der Sessellehne lehnte ein nackter Körper, ein Frauenkörper. Die rhythmischen Bewegungen des Mannes, der bekleidet war, waren eindeutig. Das da oben musste Ericas Tochter sein, hieß sie nicht Chrissy?
    Der Mann hörte auf, drehte die Frau mit d em Rücken zu sich. Josh wollte jetzt wegsehen, doch er konnte nicht. Etwas zwang ihn, bis zuletzt zuzusehen. Der Mann, so sah es aus, kam zum Höhepunkt, Josh glaubte sogar sein Stöhnen zu hören. Kannte er ihn nicht? Dann verschwand er in der Tiefe des Raumes. Im selben Moment drehte sich das Gesicht der Frau zur Scheibe. Josh hörte auf zu atmen. Es musste Chrissy sein. Er wollte unsichtbar werden. D och selbst die Blätter des Gummibaums gaben ihm nicht genügend Deckung.
    Sie ging auf die Fensterscheibe zu. Kein Zweifel. Es war Chrissy und sie hatte ihn gesehen. Sein Herz klopfte, er schwitzte noch mehr. Warum d rehte er sich nicht einfach weg und ging? Verdammt, warum nicht? Er war unfähig, sich zu bewegen. Das einzige, wozu er in der Lage war, war dort hinauf zu starren.
    Eine Weile stand sie einfach so da, nackt, und sah auf ihn herunter. Ein weißer, feingliedriger Körper – das kupferfarbene Haa r fiel ihr über die Schulter. Josh hatte sie nur ein einziges Mal von weitem mit ihrer Mutter gesehen. Doch schon da war ihm ihre seltsame Schönheit aufgefallen. Ihre Haut war weiß und sommersprossig . Sie hatte dichtes, lockiges Haar . Niemals hätte er gewagt, sie anzustarren oder gar mit ihr ein Wort zu wechseln. Er war sicher, sie hätte ihm nicht geantwortet, weil sie seine Stimme gar nicht wahrgenommen hätte. Und jetzt? J etzt sah sie ihn an. Sie hatte ihn zum Mitwisser gemacht.
    Auf einmal w andte sie sich um und verschwand im Zimmer.
    H inter der Scheibe konnte er nur n och den hellen Sessel erkennen.

    Schließlich schaltete Josh den Rasenmäher wieder ein, und während er ihn durch das hohe Gras drückte und zerrte, versuchte er sich an das Gesicht des Mannes zu erinnern. Dann fragte er sich, ob es Chrissy im Nachhinein sogar erregt hatte, zu wissen, dass sie beobachtet worden waren. Chrissys Anblick ließ ihn nicht mehr los und er ertappte sich dabei, wie er plötzlich stehen blieb und nicht mehr wusste, was er eigentlich tat. Er musste sich konzentrieren, so würde er mit der Arbeit hier überhaupt nicht mehr fertig. Und er musste pünktlich in einem anderen Garten sein.
    Eine knappe Stunde später endlich hatte er es geschafft, und packte Rasenmäher, Rechen, Hacke, Eimer und Schaufel in den Anhänger seines alten Dodges. Als er ins Auto stieg warf er noch einen letzten k urzen Blick zurück zum Eingang und überlegte, ob er hineingegangen wäre, wenn die Tür zum Haus aufgestanden hätte.

    Auf dem Weg zum nächsten und letzten Job an diesem Tag, bei Donna, einer fettleibigen Psychologin, die M üll in ihren Garten warf, den Josh beseitigen musste (ihr würde er zuerst kündigen, wenn er endlich genug Geld hätte), rief er sich immer wieder die Situation, die er gerade erlebt hatte, ins Gedächtnis zurück, malte sie aus, und stellte sich dann vor, wie er ins Haus ging, sie auf der Couch saß, nackt, und auf ihn wartete.

    Donna war nicht zu Hause, stellte er fest, als niemand die Tür öffnete. Es war ihm ganz recht, so ersparte er sich ihren Anblick. Er ging gleich mit dem Rasenmäher durch den Vorgarten und über einen schmalen Weg in den hinter dem Haus liegend en Garten. Diesmal kein Müll , stellte er erleichtert fest und schaltete den Rasenmäher an. Dröhnend sprang er an. Auch hier war das Gras schon zu hoch. Die Leute sparen immer am falschen Ende, dachte er verärgert und begann mit seiner Arbeit.
    Allmählich empfand er Lust bei der Erinnerung an die Szene. Zuerst schämte er sich deshalb und beschimpfte sich als Voyeur und Spanner. Doch dann sagte er sich, dass er ja nur zufällig zum Beobachter geworden war. Er war niemandem nachgeschlichen, hatte sich auch nicht versteckt. Nein, er war einfach nur an seinem Platz stehen geblieben.

    Als er wieder
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