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Undercover

Undercover

Titel: Undercover
Autoren: Manuela Martini
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die Taxen fuhren weg.
    Am Pub war das Neonschild erloschen. Sie waren nur noch zu viert. Vor ihnen lag schwarz der geteerte Parkplatz, über den wie ein Schleier das schwache Licht einer einzelnen Laterne fiel.
    „Also, kommt ihr jetzt?“, hatte Hawking gesagt. Und dann waren sie losgegangen...

    Unter Al Marlowes Augen hingen schwere Tränensä cke. Warum war er nicht einfach zu Hause geblieben?, dachte Shane.
    Al schob sich langsam einen Stuhl ans Bett und setzte sich.
    „Mein Gott, ich hab’ mir die ganze Zeit überlegt, was ich sagen soll...und jetzt...“ Er stützte sein Gesicht in die Hände, und als er wieder aufblickte, waren seine Augen feucht. „Ich kann es einfach nicht begreifen. Jack, Evans Hawking – und einer der Männer im Hausflur...“
    Sie starrten ins Leere und schwiegen.
    „Ein paar Stunden, nachdem Ann es erfahren hat, kam das Baby“, sagte Al.
    Jacks Kind. Ann war im ach ten Monat gewesen, Shane wollte nicht daran denken.
    „Du weißt ja, wie die Ärzte sind, Shane... sagen nie direkt, was Sache ist. Sie wissen nicht, ob es durchkommt.“ Al hob die breiten Schultern in seinem abgetragenen, unmodern gemusterten Jackett. „Ann ist hier, oben auf der Gynäkologie. Wenn du hier aus dem Bett kannst, dann...“
    „Wie kommst du auf einen so idiotischen Gedanken, Al! Sie muss mich hassen!“
    Al sah ihn an. Shane fand, dass dessen schiefes Gesicht noch asymmetrischer war als sonst. Die tiefen Falten um die Mundwinkel gruben sich scharf ins Fleisch, und verliehen ihm mit der groben Nase einen brutalen Ausdruck.
    „Shane, du bist der Letzte, der Jack erlebt hat. Vielleicht kannst du ihr Jacks letzte Worte mitteilen, oder worüber ihr am Abend gesprochen habt. Shane“, sagte Al und beugte sich vor, „ihr wart jahrelang Partner. Du hast wahrscheinlich mehr Zeit mit ihm verbracht, als Ann.“
    Ja, damit hatte er sicher recht. Trotzdem, er könnte Ann nicht in die Augen sehen. Warum er, und nicht du, würde sie denken, ganz sicher, und er könnte es ihr noch nicht einmal übel nehmen.
    „Ich weiß nicht mehr, worüber wir an dem Abend gesprochen haben. W ir waren besoffen“, sagte er.
    Al fuhr sich mit seinen mächtigen Händen übers m Gesicht.
    „Denk’ drüber nach, Shane, ich glaube, sie braucht dich.“
    Shane spürte, wie ein kalter Schatten über ihn kroch. Wieder sprachen sie eine Weile nichts, bis Shane die einzige Frage stellte, die noch für ihn von Belang war.
    „Al, sag’ mir: Warum ich? Wer braucht mich? Meine Exfrau heiratet in zwei Wochen einen großzügigen Mann, meine Tochter ist fast erwachsen, ich habe weder Hund noch Katze, auch keinen Papagei oder Kanarienvogel, keine Maus und keine weiße Ratte, nichts, nur eine trinkende Nachbarin, die mich vielleicht die erste Woche vermissen würde, also, sag’ mir verdammt noch mal, warum gerade ich? Warum habe ich überlebt?“
    Al blickte auf den Boden.
    „Ich wäre beinahe mit euch gegangen, doch da hat mich einer ins Taxi geschoben.“ Er seufzte und hob den Kopf. „Ich weiß es nicht, Shane, aber, egal, ob du an einen Gott glaubst oder nicht, ich aber bin der Überzeugung, dass es irgendeinen Sinn gibt. Jeden Tag kann es einen erwischen. Wir vergessen das nur .“
    So hatte Shane ihn noch nie reden hören. Normalerweise klo pfte er einem auf die Schulter und sagte das wird schon wieder .
    Al richtete sich auf.
    „Shane, sie warten alle darauf, diesen verdammten Hund zu jagen!“ Seine Stimme klang fast wieder fest wie sonst. „ Wir brauchen eine Beschreibung, einen Anhaltspunkt, ein Detail, irgendwas!“
    Wie sehr hatte sich Shane schon damit gequält.
    „Al, ich hab’ ihn nicht gesehen, er stand im Dunkeln. Aber Jack muss ihn gekannt haben, oder zumindest glaubte Jack das. Jack sagte etwas wie: Mensch, das ist doch Harry ...“
    Marlowe zog die Augenbrauen zusammen . Er ging im Zimmer auf und ab, einen Meter zum Fenster, zwei Meter zur Tür. Dann drehte er sich um und sah Shane direkt in die Augen.
    „Der Tote im Hauseingang jedenfalls ist identifiziert. Er heißt Darren Martin, arbeitete in einem Catering-Service, oben an der Sunshine-Coast. Achtundzwanzig, ohne Familie, ohne Angehörige. Er hatte Drogen bei sich. Amphetamine. Ecstasy.“
    Sie waren in einen Drogendeal geplatzt. In einen verdammten Drogendeal! Und deshalb hatten seine Kollegen sterben müssen!
    „Habt ihr nach einem Harry gesucht? Dieser Harry hat geschossen! Und Jack kannte ihn!“ Ei n scharfer Schmerz durchfuhr Shane . Er hatte sich in der
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