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Undercover Lover

Undercover Lover

Titel: Undercover Lover
Autoren: Jazz Winter
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Hause. Zurück durch die Straßen von Miami kehrte der kleiner gewordene Trauerzug zum Tristans zurück, angeführt von Lenny, der in kompletter Schottenuniform seinen Dudelsack ertönen ließ und Kaylin zu Tränen rührte.
    An der Eingangstür des Restaurants hing ein Schild mit der Aufschrift „Geschlossene Gesellschaft“. Eine befreundete Coverband baute ihre Instrumente auf der kleinen Bühne auf, während Kaylin die Urne ihres Bruders auf einen erhöhten runden Tisch stellte und mit kleinen Whiskeygläsern einrahmte. Die Angestellten und Freunde von Eric nahmen so auf ihre Weise Abschied. Kaylin füllte die Gläser mit echtem irischen Whiskey, griff nach einem der Drinks und drehte sich zu den Umstehenden.
    „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Aber es hätte ihm gefallen, dass ihr alle gekommen seid. Ich kann noch immer nicht glauben, dass er nicht mehr durch diese Tür gehen wird. Ich vermisse sein Lachen und sein freches, aufmüpfiges Gesicht. Er wird mir fehlen, und es tut furchtbar weh. Eric hat das Leben geliebt und genau deswegen sollten wir ihn nicht betrauern, sondern sein Leben feiern.“
    Viele nickten, leise Zustimmung kam aus den hinteren Reihen, als sie sich zur Urne drehte.
    „Ich liebe dich, kleiner Bruder! Slàinte!“
    Sie leerte das Glas in einem Zug, verzog das Gesicht, denn der Whiskey schmeckte stark und herb. Nacheinander nahm jeder von ihnen eins der gefüllten Gläser und erzählte eine Geschichte über Eric. Manche lustig, andere traurig, doch alle wussten etwas über ihn zu sagen. Die Band spielte einige Songs aus der irischen Heimat, die weder Kaylin noch Eric je besucht hatten. Sie waren beide in den Staaten geboren und aufgewachsen, doch die Erzählungen der Großeltern und Eltern hatten ihnen die irische Tradition und Lebensart lebendig gehalten.
    Kaylin suchte unter den Gästen ihre Freundin. Sie war die einzige, die bisher noch nicht auf Erics Leben getrunken hatte. Schließlich fand sie Tara tränenüberströmt in der Küche.
    „Tara, was machst du denn hier?“
    Tara schniefte, ohne aufzusehen und schnitt weiter ihre Zwiebeln.
    „Du musst jetzt nicht kochen. Komm schon.“
    Sie wehrte sich dagegen, dass Kaylin ihr das Messer aus der Hand nehmen wollte.
    „Mir geht es gut, und ich bin sicher, die Leute sind hungrig.“
    „Wir können doch etwas bestellen.“
    Die Worte ließen Taras Kopf emporzucken, und sie funkelte Kaylin an. Die letzten Tage waren schwer für sie beide gewesen, doch diese Reaktion war ein gutes Zeichen.
    „In meine Küche willst du fremdes Essen bringen? Vergiss es! Nur über meine Leiche!“
    Die plötzliche Stille in der Küche wirkte bleischwer. Die beiden Frauen starrten sich an.
    „Das …“
    Kaylin schüttelte den Kopf, breitete ihre Arme aus und lächelte unter neuen Tränen. Sie wusste, dass Tara es nicht so gemeint hatte. Die Freundin stürzte in ihre Arme und klammerte sich an sie wie eine Ertrinkende. Gemeinsam zu weinen, wirkte wie eine Befreiung.
    „Ich hätte bei ihm bleiben sollen.“
    „Schhh. Es ist nicht deine Schuld.“
    „Aber wenn ich dageblieben wäre, dann …“
    Kaylin nahm Taras Gesicht in beide Hände und hob es an, damit sie ihr in die Augen sehen konnte.
    „Dann wärst du vielleicht jetzt auch tot.“
    „Er fehlt mir so.“
    „Ich weiß, mir auch.“
    Tara löste sich aus der Umarmung, strich ihre Schürze glatt und ging zurück in den Gastraum. Kaylin folgte ihr zum Urnentisch. Mit zitternder Hand ergriff Tara das letzte noch gefüllte Glas, hob es in die Runde und wartete, bis sie die Aufmerksamkeit aller Anwesenden hatte. Die Musik verstummte.
    Die kleine Irin strich sich eine rotblonde Strähne hinter ihr linkes Ohr, schniefte und lächelte tapfer.
    „Er war als Kind ne absolute Nervensäge. Ständig lief er Kay und mir hinterher und wollte immer alles wissen. Himmel, er konnte den Leuten Löcher in den Bauch fragen. Er war aber auch sehr süß, sanft und liebenswert. Wenn ich mir einen Bruder hätte wünschen können, dann wäre er so wie Eric gewesen.“
    Ein leises Lachen schwoll an, denn jeder der Menschen hier wusste, was zwischen den beiden mal und auch mal nicht gelaufen war. Sie hob entwaffnet die Hände und lachte auf.
    „Schon gut, nicht ganz so wie Eric.“
    Sie räusperte sich.
    „Dazu wollte ich ja noch kommen. Aus ihm wurde ein toller Mann, und ich konnte ihm einfach nicht widerstehen. Und wenn ich so in die verschämten Mienen von einigen Frauen hier sehe, war ich wohl nicht die
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