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Undercover

Undercover

Titel: Undercover
Autoren: Patricia Cornwell
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die furchtbare Entdeckung und rief die Polizei. Wumm! Die Mafia packte sich ihn und machte kurzen Prozess.«
    »Warum?«
    »Weil er Zeuge eines Mordes war wie Janie am 2. April. Er war eine Gefahr. Oder ein Sündenbock. Es sollte so aussehen, als hätte er seine Freundin ermordet, sei geflohen und dann versehentlich von einem Auto angefahren worden. Das Problem ist nur, er wurde nicht angefahren. Er wurde überfahren. Wie konnte das sein? Wurde er einfach ohnmächtig, als er in den frühen Morgenstunden nach Janies Tod die Straße überquerte?«
    »Betrunken?«
    »Das toxikologische Testergebnis auf Drogen und Alkohol war negativ. Ihr Tod ist geklärt. Sein Tod ist geklärt. Ende.«
    »Ende? Einfach so?«

»Einfach so. Ihre Theorie mit dem Boston Strangler? Auch wenn es mir das Herz bricht: Vergessen Sie’s! Rufen Sie besser den Gouverneur an. Rufen Sie Scotland Yard an. Beraumen Sie lieber eine Pressekonferenz an. Denn Ihr internationaler Fall war bereits überall in den Nachrichten. Und England hat mit der ganzen Sache nichts zu tun, außer dass das Königreich eine nette junge Frau an ein paar Drecksäcke von der Mafia verlor, die zufällig ihre Nachbarn waren, als sie ein Jahr in den Staaten verbrachte. Blind wäre sie besser dran gewesen.«
    »Und das entdeckte damals niemand? Dass sie nicht blind war?«, fragt Lamont.
    »Manche vermuteten es. Vielleicht fragte keiner nach, oder es war den Leuten egal, oder sie hielten es für unwichtig. Und dann natürlich noch der Vertuschungsfaktor. Allem Anschein nach arbeitete die Polizei mit der Mafia zusammen.«
    »Wenn sie nicht blind war, warum sollte sie dann mit denen arbeiten wollen?«, fragt Lamont.
    »Mit den Blinden, meinen Sie?«
    »Warum? Wenn sie doch nicht blind war.«
    »Janie Brolin hatte eine Krankheit, unter der sie jeden Tag litt. Die ihr Leben veränderte. Es in vielerlei Hinsicht auch einschränkte. Aber Janie wurde hartnäckiger, mutiger. Wunder, Hand des Midas und so weiter. Doch nichts half. Warum sollten ihr die Schmerzen und das Leid anderer egal sein?«
    »Es lohnt sich nicht. So viel steht fest«, sagt Lamont. »Trotzdem eine große Story. Kommt ganz drauf an, wie man sie rüberbringt. Verstecken wir uns nicht! Aber es ist besser, wenn das nicht durch eine Pressemitteilung oder bei einer Pressekonferenz verbreitet wird, das glauben die Leute nämlich ohnehin nicht. Insbesondere heutzutage.« Grinsend verkündet Lamont ihren nächsten verrückten Einfall. »Ein College-Reporter.«
    »Das ist nicht Ihr Ernst!«
    »Perfekt. Vollkommen seriös«, sagt sie, steht auf, greift zu ihrer Tasche. »Nicht von mir, sondern von Ihnen. Setzen Sie sich mit Cal Tradd in Verbindung!«
    »Sie wollen so eine Geschichte im dämlichen Crimson veröffentlichen? In einer Studentenzeitung?«
    »Er hat in der Sache ermittelt, mit Ihnen, mit uns gearbeitet, eine tolle Story. Es wird die Geschichte über eine Story. So was gefällt den Leuten, dieses Jeder kann Journalist sein, jeder ist der Star in seinem eigenen Film. Reality TV, YouTube. Ein Mensch wie du und ich löst den Fall. Ja, genau! Die übrigen Medien werden sich natürlich dranhängen, es ist in aller Munde, und alle sind glücklich!«
    Win verlässt das Büro nach ihr, nimmt sein iPhone, denkt an den Zettel in seiner Brieftasche. Holt ihn raus, faltet ihn auseinander, gibt Cals Handynummer ein. Als die Fahrstuhltüren sich schließen und der Aufzug Lamont nach unten zu ihrem Auto bringt, fällt Win etwas auf. Er hält den weißen Zettel gegen das Licht, neigt ihn in verschiedene Richtungen, sieht schwach eingedrückte Buchstaben, einen leichten Schatten unter der Telefonnummer, die Cal mit seiner säuberlichen Schrift notiert hat.
    Ein D, ein CH und offenbar ein T, gefolgt von einem Ausrufezeichen. Win läuft zurück in sein Büro, nimmt sich einen Bogen Papier und einen Bleistift, denkt an das Gespräch mit Stump im mobilen Labor, an die Untersuchung des Zettels, der beim jüngsten Banküberfall sichergestellt wurde. Ein Zettel, identisch mit drei anderen bei drei früheren Bankrauben. Ordentlich mit Bleistift auf ein zehn mal fünfzehn Zentimeter großes weißes Blatt Papier geschrieben. Win nimmt ein Lineal, zeichnet ein Rechteck von zehn mal fünfzehn Zentimetern - die Größe des Zettels von Cal. Win macht weiter, verbindet die eingedrückten Buchstaben mit denen, die auf dem Bankräuberzettel standen, den Stump ihm zeigte.
    GELD IN TASCHE PACKEN. SOFORT! ICH HABE EINE PISTOLE.
    Das Bild von der
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