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...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

Titel: ...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst
Autoren: Julia Arden
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mit Elvira gegen mich.«
    »Hat sie dir etwa schon gesagt, wie altmodisch du bist?« fragte Tanja.
    »Mehr als einmal«, konnte er nicht umhin zuzugeben.
    »Ich mag sie jetzt schon«, verkündete Tanja daraufhin.
    Ein Lächeln huschte über das Gesicht ihres Vaters. Er freute sich, dass Tanja durch die Neugier auf den Abend von ihrer Trübsal ein wenig abgelenkt wurde.
    Frau Doktor Erlings Erscheinung, das Wort fand Tanja nicht übertrieben, übertraf ihre Erinnerung an die Frau im weißen Kittel um Längen. Obwohl die bereits beeindruckend war.
    Tanja verstand ihren Vater sehr gut. Diese Frau konnte schon durch ihr Äußeres imponieren. Wenn sich dann noch Klugheit und Humor dazugesellten, stellte sich nur eine Frage: Warum war die Frau noch zu haben? Tanja konnte sich nicht verkneifen, die Frage laut zu stellen. Den entsetzten Blick ihres Vaters ignorierte sie.
    »Vor einem guten Jahr habe ich mich von meinem langjährigen Lebensgefährten getrennt und damals beschlossen, mich etwas zurückzuziehen«, antwortete Elvira Erling bereitwillig.
    »Das klingt, als wären sie hundert Jahre zusammen gewesen«, meinte Tanja.
    Die Frau lachte. »Sie wollen wissen, wie alt ich bin? Einundfünfzig.« Ein belustigter Blick in Tanjas Richtung, dann in die ihres Vaters. »Ist Ihre Neugier damit befriedigt? Wer von euch beiden ist hier eigentlich hinter mir her?«
    Tanja errötete normalerweise nicht sehr schnell. Aber diese Offenheit war selbst für sie nicht leicht zu verdauen. »Deshalb habe ich nicht gefragt«, presste sie verlegen hervor.
    »Wollen wir nicht zu Tisch gehen?« fragte Walter Kanter. Auch er verdaute soviel Direktheit nur langsam. Eine verlegene Pause entstand, in der beide Kanters es vermieden ihren Gast anzusehen.
    »Entschuldigung«, sagte Elvira Erling. »War nicht so gemeint. Ich bin . . . einfach nur nervös. Seit sechs Wochen macht mir der Mann hier den Hof, und nun lädt er mich in sein Haus ein. Puh. Geht es noch offizieller?«
    Nun lachten sie alle drei. Das Eis war gebrochen.
    »Wie geht es Ihnen, Tanja? Auch nach der Reha keine Kopfschmerzen?« fragte Elvira Erling, ganz forschende Ärztin.
    »Nein, keine. Nur wenn ich ins Büro meines Vaters komme, wo er diese fürchterlichen Zigarren raucht.«
    Elvira schmunzelte. »So? Interessant. Er hat mir gar nicht gesagt, dass er raucht.«
    Walter Kanter sah betreten zu Elvira. »Wo Sie doch Ärztin sind, wollte ich mich nicht Ihrer Missbilligung aussetzen.«
    »Vater!« Tanja schüttelte den Kopf. »Das riecht doch jeder, sobald du einen Raum betrittst.«
    »Wirklich?«
    Beide Frauen nickten synchron.
    »Oh. Aber warum . . .« Sein fragender Blick hing an Elvira.
    »Ich fand es irgendwie süß, dass Sie versucht haben, es zu verbergen«, sagte sie. »Sie sind aber ein schlechter Schauspieler, Walter.« Sie nannte ihn das erste Mal in Tanjas Gegenwart beim Vornamen, und ihre Stimme klang weich dabei. »Jedem, der sich in Ihrer Nähe eine Zigarette ansteckte, schickten Sie neidvolle Blicke hinterher.«
    »Und Sie haben zugelassen, dass ich so leide?« beschwerte Walter Kanter sich bei ihr.
    »Ich habe Sie nicht gezwungen sich zu verstellen. Ich fand es angebracht, dass Sie dafür ein klein wenig bestraft werden.«
    Tanja kicherte. »Wann wirst du es endlich lernen, Vater? Lügen haben kurze Beine.«
    Ergeben senkte Kanter den Kopf.
    »Ihr Vater hat mir von seiner letzten Glanzleistung erzählt«, knüpfte Elvira Erling an Tanjas Bemerkung an. »So etwas kann sich wirklich nur ein Mann ausdenken.«
    Tanjas Lachen erstarb. »Er war nicht allein an der Sache beteiligt«, sagte sie ernst.
    »Ja, ich weiß. Eine schlimme Erfahrung für Sie, Tanja.«
    Walter Kanter hob bedauernd die Hände. »Wenn ich es rückgängig machen könnte, glaubt mir, ich würde es tun.«
    »Ach, was soll’s?« Tanja setzte einen optimistischen Gesichtsausdruck auf. »Ich komme darüber hinweg. Und wäre Michaela nicht gewesen, Vater, würden wir beide immer noch nebeneinanderherleben. Im Grunde verdanken wir ihr eine Menge.«
    Elvira Erling betrachtete Tanja nachdenklich. »Sind Sie nicht wütend auf diese Frau?«
    »Schon lange nicht mehr«, war Tanjas leise Antwort.
    Elvira nickte. »Verstehe.« Überflüssig zu fragen, ob Tanja diese Michaela noch liebte. Es stand deutlich in ihr Gesicht geschrieben.
    Walter Kanter seufzte. »Tanja hat recht. Im Grunde verdanken wir Frau Dietz unseren neuen Hausfrieden. Und Ihnen, Elvira. Dank Ihres Rates konnte ich mich mit Tanja in einer
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