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Und weg bist du (German Edition)

Und weg bist du (German Edition)

Titel: Und weg bist du (German Edition)
Autoren: Kate Kae Myers
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stattdessen hierhergefahren.«
    »Aber warum? Und warum versteckst du dich im Kofferraum meines Wagens?«
    Er klang argwöhnisch und zwischen uns herrschte abermals unbehagliches Schweigen. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihm meine Gründe nennen sollte, und sagte stattdessen: »Bist du noch sauer auf mich, wegen der Sache, die an dem Abend geschehen ist, als ich Seale House verlassen habe? Ich war damals noch ein Kind.« Er wandte den Blick ab und ich erhob mich. »Das hier war ein Fehler.«
    »Setz dich wieder. Wir sind noch nicht fertig.«
    Als ich zögerte und ihn erschrocken ansah, fügte er hinzu: »Warum bist du so nervös? Ich tue dir schon nichts.«
    Unvermittelt schossen mir Tränen in die Augen und verschleierten mir den Blick wie zuvor der Regen. Peinlich berührt drehte ich den Kopf zur Seite, um sie vor ihm zu verbergen. Er stand vom Sofa auf und kam auf mich zu. Obwohl ich nicht aufschaute, spürte ich seine Nähe genauso intensiv wie die Wärme des Feuers.
    »Du weinst doch sonst nie.« Er klang beunruhigt.
    »Ich weine gar nicht«, log ich. Er hatte Recht. Ich war nie eine Heulsuse gewesen. Doch als ich vor drei Wochen von Jacks Tod erfahren hatte, hatte es mir das Herz gebrochen. Dann war gestern dieser Brief gekommen und mit ihm war Hoffnung in mir aufgestiegen, wie ein Spatz, der der Sonne entgegenflattert. Dieser Wechsel hatte mich schwindelig zurückgelassen. Und er hatte mich in Panik versetzt. Ich wollte unbedingt so schnell wie möglich zu Jack und herausfinden, was ihm widerfahren war. Deshalb war ich nach Watertown gefahren und hatte Noah ausspioniert, da ich davon überzeugt war, dass mein Bruder zu dem einen Freund gehen würde, dem er immer vertraut hatte. Aber inzwischen war mir klar, dass Jack nicht hier war, und es fühlte sich so an, als würde meine Welt zusammenbrechen. Deswegen war ich so dicht am Wasser gebaut.
    Noah nahm mein Kinn zwischen die Finger und drehte mein Gesicht zu sich. Durch den nassen Schleier verschwammen seine markanten Züge. Ich entzog mich ihm ruckartig, wodurch sich eine Träne löste, die über meine Wange kullerte. Ich wischte sie fort und er legte seine Hand auf meine Schulter. Dann drückte er mich auf den Platz vor dem Kamin zurück und ließ sich neben mir nieder.
    »Keine Sorge, seitdem ist viel passiert und ich bin nicht mehr der Junge von damals.«
    »Genau das befürchte ich.«
    »Wie meinst du das?«
    »Es war einmal ein Junge namens Freak , der zu meinem Helden wurde.«
    Er schüttelte den Kopf. »Sag so etwas nicht, Jocey.«
    »Ich erinnere mich noch an den ersten Abend in Seale House. Hazel Frey hat Jack und mich im Keller eingesperrt. Wir hatten so viel Angst. Sonst hatte Jack immer versucht mich davon zu überzeugen, dass alles gut werden würde, aber er war stumm und ihm war ganz elend zu Mute, genau wie mir. Du hast Recht, ich weine nicht oft, aber in jener Nacht habe ich geweint.«
    »Alle Kinder fürchteten sich vor dem Keller.«
    »Es ging nicht nur darum, dass wir Angst hatten. Es hatte vor allem damit zu tun, dass unsere Hoffnung zerquetscht worden war wie eine Spinne von einem Schuh. Seale House hatte auf uns so groß und beeindruckend gewirkt. Zum ersten Mal seit langer Zeit war ein kleines bisschen Hoffnung aufgekeimt. Doch als Hazel uns im Keller einsperrte, wurde uns klar, wie sie tickte.«
    In dem großen Haus war es still geworden. Jack und ich kauerten nebeneinander im Dunkeln, als wir hörten, wie der Schlüssel im Schloss umgedreht wurde. Die Tür am oberen Ende der Treppe öffnete sich und ein wenig Licht drang durch den Spalt. Im nächsten Moment schlich sich der Junge, den wir vorher schon gesehen hatten, mit einem Dracula-Umhang bekleidet die Stufen herunter. Er hielt eine Taschenlampe in der Hand.
    »Hier«, flüsterte er und streckte uns Pappteller mit kaltem Braten und Brötchen entgegen.
    Dann stellte er sich als Noah vor und zeigte uns einen großen Karton. »Alles, was hier drin ist, könnt ihr benutzen.«
    Als er Decken, Kissen und eine Taschenlampe daraus hervorzog, ließ meine Angst ein wenig nach. Er warf Jack die Lampe zu und flüsterte: »Lasst sie nicht die ganze Nacht brennen. Wenn die Batterien leer sind, muss ich neue aus der Krimskrams-Schublade klauen, und wenn ich zu oft welche nehme, merkt sie es.«
    Zum Schluss reichte er mir einen kleinen Stapel Comics aus dem Karton, ich musste lächeln. »Danke, Noah.«
    »Ihr müsst aber abwarten, bis alle im Bett sind, bevor ihr das Zeug benutzt. Denn wenn Hazel
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