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Und weg bist du (German Edition)

Und weg bist du (German Edition)

Titel: Und weg bist du (German Edition)
Autoren: Kate Kae Myers
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das sei schließlich viel besser.
    Am nächsten Morgen bat mich meine Chefin in der Buchhandlung für sie ein Paket von der Post abzuholen. Spontan beschloss ich nachzufragen, ob postlagernd etwas für mich angekommen wäre. Ein älterer Herr gab mir das Paket und reichte mir dann noch einen Brief.
    »Sie sollten öfter prüfen, ob Sie Post bekommen haben, junges Fräulein«, tadelte er mit einem verschmitzten Lächeln. »Der Brief liegt hier schon seit einer Weile und nach zwei Wochen wird alles an den Absender zurückgeschickt.«
    Er deutete auf den Umschlag, auf dem kein Absender zu sehen war. »Und solche hier werden entsorgt.«
    Ich murmelte eine höfliche Floskel, nahm den Brief und verließ das Postamt. Draußen eilte ich zu einer schattigen Bank, setzte mich und nahm das Paket auf den Schoß. Ich befühlte den Brief und riss ihn schließlich auf, schaute hinein und fand darin kein gefaltetes Papier, sondern Puzzleteile. Es handelte sich um ein auseinandergeschnittenes Foto.
    Unwillkürlich musste ich an Jack und die Jason-Dezember-Rätsel denken, auch wenn ich mich zur Vernunft ermahnte. Ich begann die Teile zusammenzulegen und sah schnell, dass es sich um ein Foto von Noah handelte. Er hielt darauf ein Din-A4-Papier mit einer Handynummer in der Hand. Ich starrte auf sein ernstes Gesicht und hatte den Eindruck, er würde mich mustern.
    Mehrere Minuten lang blieb ich einfach sitzen und schob die einzelnen Teile geistesabwesend dichter zusammen. Dann holte ich das Handy hervor, das ich vor kurzem erstanden hatte, und wählte Noahs Nummer. Beim dritten Klingeln nahm er ab. Als ich nach all der Zeit seine Stimme hörte, schlug mir mein Herz bis zum Hals und ich brachte keinen Ton hervor.
    Auch er sagte nach seinem Namen eine Weile nichts mehr, bis er schließlich fragte: »Jocey, bist du das?«
    Ich schloss die Augen.
    »Leg nicht auf«, bat Noah.
    Ich blieb dran.
    »Bitte sprich mit mir.«
    Ich holte tief Luft und atmete dann langsam aus. »Hi Noah.«
    Jetzt zögerte er. Ich konnte seine Unsicherheit spüren, obwohl er versuchte sie zu verbergen. »Du bist gestern achtzehn geworden, oder? Herzlichen Glückwunsch.«
    »Danke.«
    Wieder verlegenes Schweigen.
    »Wo warst du, Jocey?«
    »Überall und nirgends.«
    Ich nahm die beiden Teile des Fotos in die Hand, auf denen sein Gesicht zu sehen war, und fragte mich, warum er es zerschnitten hatte.
    »Hast du die E-Mails bekommen, die ich dir geschickt habe?«, erkundigte er sich.
    »E-Mails?«
    »Ja, ich habe dir an Jacks Adresse geschrieben, in der Hoffnung, dass du sie prüfen würdest. Auch in diversen Foren habe ich Nachrichten hinterlassen. Es gibt Neuigkeiten, die dich bestimmt interessieren.«
    »Ich bin zurzeit nicht viel im Internet. Ich brauche mal eine Pause.«
    »Verstehe ich.«
    »Was für Neuigkeiten sind das?«
    »Seit du fort bist, ist viel passiert. Zum einen gibt es ISI nicht mehr. Sie haben letzten Monat Konkurs angemeldet. Und Paul Gerard ist auf dem Weg ins Gefängnis. Ich habe Kommissar Iverson alles erzählt und die Polizei hat seine Pistole in Hazels Zimmer sichergestellt, wo er sie fallen gelassen hatte. Darauf waren seine Fingerabdrücke. Und es wurde ermittelt, dass Georgie mit dieser Waffe erschossen wurde.«
    »Gut. Georgie hat es nicht verdient, so zu sterben.« Ich hielt inne und lauschte der Stille am anderen Ende der Leitung. »Danke, dass du es mir erzählt hast.«
    »Seit zwei Monaten suche ich dich. Wenn du meine E-Mails nicht gelesen hast, dann hat dich anscheinend das Foto erreicht, das ich dir nach Prince Edward Island geschickt habe. Das war der zweite Weg, auf dem ich versucht habe mit dir Kontakt aufzunehmen.«
    »Eines Tages gehe ich nach Kalifornien«, sagte Noah. »Ich werde am Strand leben und nie mehr Schnee schieben. Was ist mit dir, Jack?«
    »China«, antwortete mein Bruder, ohne zu zögern, und hielt seine neu erstandenen Stäbchen hoch. »Ich möchte die Chinesische Mauer sehen und die Sprache lernen.«
    Beide Jungen sahen mich an und ich klappte das neueste Buch von L.M. Montgomery zu, das ich gerade las. Ich legte die Hand auf den Deckel und antwortete: »Prince Edward Island.«
    Noah lachte und schüttelte den Kopf. »Du willst dort wegen eines Buches hin?«
    Trotz des spöttischen Untertons wusste ich, dass er mich verstand.
    »Kann ich zu dir kommen?«, wollte Noah wissen. »Ich könnte heute Abend dort sein.«
    Ich nahm die Puzzleteile in die Hand und ballte sie zu einer Faust. Es war kaum zu glauben, dass er
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