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...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

Titel: ...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land
Autoren: Ephraim Kishon
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so war ich dran, gemeinsam mit Isachar. Kamerad Halbschlaf übergab mir die Flinte.
    Kurz darauf erschien Isachar. Ich warf noch rasch einen Blick in das Logbuch. Die letzte Eintragung lautete: »Stellte um 01.35 einen Verdächtigen. Er behauptete, auf Nummer 14 zu wohnen. Wurde nachgeprüft. Wohnt auf Nummer 14. Das ist alles, glaube ich. Schluß.«
    Wir begannen unsere Wache. Isachar hatte seine Französische Revolution geschultert, ich trug die meine in der Hand. Sie besaß einen kräftig ausladenden Kolben, und wer damit eins über den Kopf bekam, war nicht zu beneiden.
    »Gehen wir ein wenig«, schlug Isachar vor. »Es regnet nicht.«
    Wir fielen in Marschtritt, um militärischer zu wirken. Die Patronen in meiner Tasche zogen meine Hosen hinab und ließen meine Moral steigen. Achtung, wir kommen, links-rechts, links-rechts, schlaft ruhig, Nachbarn, wir schützen euch.
    Das einzige, was meine patriotische Hochstimmung ein wenig trübte, war die trostlose Eintönigkeit. Wie lange kann man denn als erwachsener Mensch um einen Häuserblock herummarschieren, herum und wieder herum?
    »Dauert’s noch lange?« fragte ich nach einer Stunde meinen Kameraden. Er sah auf seine Uhr.
    »Noch drei Stunden und vierundfünfzig Minuten.«
    Wir waren also erst sechs Minuten auf Wache. Merk-würdig. Ich hatte den Eindruck, die Zeit wäre längst um. So kann man sich täuschen.
    Isachar berichtete mir, daß er um sechs Uhr aufstehen müsse. Eine dringende Arbeit in Haifa. Er arbeitet in der chemischen Isolierungsbranche. Das heißt, er stopft Mauerlöcher, damit’s nicht hineinregnet.
    »Es gibt jetzt eine Menge neuer Präparate«, belehrte er mich. »Wir verwenden keinen Kitt mehr, sondern eine großartige neue Flüssigkeit. Polygum. Auf Polyesterbasis. Wirklich hervorragend. Klebt nicht an der Kelle und trocknet in zwei Tagen. Wenn’s nicht regnet.«
    Ich hing an seinen Lippen und warf von Zeit zu Zeit eine fachmännische Frage ein, zum Beispiel über die Widerstandskraft von Polybumsti oder wie das hieß. Man kann ja nicht stundenlang wortlos mit einem Menschen herummarschieren.
    »Es stimmt, die Belgier haben ein Isolationsmaterial auf den Markt gebracht, das keine Luftblasen macht«, gestand Isachar. »Aber das taugt meiner Meinung nach nur für undichte Grundmauern, die keiner direkten Feuchtigkeit ausgesetzt sind. Wenn’s um große, luftige Räumlichkeiten geht, käme es für mich nicht in Frage. Nicht für mich!«
    Es war ihm anzusehen, daß man ihm ein Vermögen bieten könnte, und er würde dieses belgische Zeug nicht anrühren. Er ist ein Fachmann, er muß auf seinen Ruf bedacht sein, er ist ein Fels in der Isolierbrandung. Glücklich der Mann, den Isachar isoliert.
    Mit der Zeit wurde ich doch ein wenig nervös. Ich interessiere mich sehr für alles Chemische, aber nicht die ganze Nacht. Vorsichtig sah ich auf die Uhr: 40 Minuten vergangen. Also noch 3 Stunden und 20 Minuten gründlicher Isolierung.
    »Dubcek«, ich versuchte dem Gespräch eine scharfe Wendung zu geben, »Dubcek wollte protestieren, als die Russen damals in die Tschechoslowakei einmarschierten ...«
    Mir schwebte ein Themawechsel zum PolitischHistorischen vor. Allmählich hoffte ich bis zum Zaren zu gelangen. Die Tschechoslowakei schien mir ein guter Ausgangspunkt zu sein.
    Isachar ging bereitwillig darauf ein.
    »Ganz in der Nähe von hier wohnt ein tschechisches Ehepaar. Vorige Woche habe ich ihnen das Dach repariert. Mit einem Spezial-Silikonmantel auf Polyesterbasis.«
    Verzweifelt hielt ich nach irgend etwas Ausschau, was für Zivilschutz geeignet wäre, aber die Gegend war niederschmetternd friedlich. Isachar fuhr fort, mir von seinen glorreichen Isolationsmanövern zu erzählen. Es gab im weiten Umkreis nichts, was er nicht zugestopft hätte, ausgenommen seinen Mund. Ich versuchte es nochmals mit dem Dubcek-Gambit, aber nach zwei Zugwechseln waren wir wieder auf der Polyesterbasis. Meine Uhr zeigte 4.15, und die Sonne wollte nicht aufgehen. Schon um mich wachzuhalten, stellte ich immer weitere Fragen, und Isachar erteilte mir immer weitere Auskünfte.
    »Einmal«, so berichtete er um 5.20 Uhr, »hat mir Schechter eine Gallone Plastikzement verkauft. Auf halbem Weg nach Haifa schaute ich nach, und was mußte ich sehen? Das Zeug war hart wie Granit. So etwas kann mir mit amerikanischem Polyester nicht passieren. Aber wie willst du feststellen, ob die Flüssigkeit, die du kaufst, aus Amerika kommt? In einem neutralen Behälter. Wie willst du
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