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...und noch ein Küsschen!

...und noch ein Küsschen!

Titel: ...und noch ein Küsschen!
Autoren: Roald Dahl
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mit einem Fußtritt aus dem Haus zu befördern, sagte der Vater, dass er die Findigkeit des Jungen bewundere. Das Mädchen bewunderte seine Ehrlichkeit – und sein gutes Aussehen. Der Vater versprach, ihn zum Chef der Buchhaltung zu machen. Das Mädchen heiratete ihn.
    «Das ist phantastisch, Mr.   Bohlen! Genau das Richtige!»
    «Mir kommt es ein bisschen kitschig vor, mein Junge.»
    «Nein, Sir. Es ist ein Knüller, ein ausgesprochener Knüller!»
    Aufgeregt verfertigte Adolph Knipe sechs weitere Geschichten in ebenso vielen Minuten. Alle – bis auf eine, die aus irgendeinem Grunde etwas unzüchtig ausfiel – stellten ihn durchaus zufrieden.
    Mr.   Bohlen war jetzt besänftigt. Er hatte nichts mehr dagegen, in der Innenstadt eine literarische Agentur aufzumachen und Knipe mit ihrer Leitung zu betrauen. Nach einigen Wochen war es so weit: Knipe versandte das erste Dutzend Geschichten. Als Verfasser nannte er viermal sich selbst, einmal Mr.   Bohlen, und die übrigen Namen dachte er sich aus.
    Fünf Geschichten wurden sofort angenommen. Die Story, die unter Mr.   Bohlens Namen lief, kam zurück. In dem Begleitschreiben des Feuilletonredakteurs hieß es: «Die Arbeit zeugt von Begabung, ist aber unserer Meinung nach nicht ganz geglückt. Wir wären jedoch an weiteren Beiträgen dieses Schriftstellers interessiert   …» Adolph Knipe nahm ein Taxi, fuhr in die Fabrik und fertigte eine neue Geschichte für dasselbe Magazin an. Er setzte Mr.   Bohlens Namen darunter und schickte sie unverzüglich ab. Diese Story wurde gekauft.
    Die Einkünfte stiegen. Langsam und vorsichtig erhöhte Knipe die Produktion, und nach sechs Monaten verschickte er wöchentlich dreißig Geschichten, von denen etwa fünfzehn gekauft wurden.
    Bald stand er in literarischen Kreisen im Ruf eines fruchtbaren und erfolgreichen Autors. Auch Mr.   Bohlen machte sich einen Namen. Allerdings schätzte man ihnweniger als Knipe – aber das wusste er nicht. Außerdem stellte Knipe ein Dutzend oder mehr fiktive Personen als vielversprechende junge Autoren heraus. Alles lief wie am Schnürchen.
    Um diese Zeit beschlossen sie, die Maschine so einzurichten, dass sie nicht nur Kurzgeschichten, sondern auch Romane schreiben konnte. Mr.   Bohlen, der nach größeren Ehren in der literarischen Welt dürstete, bestand darauf, dass Knipe sofort an diese gewaltige Aufgabe heranginge.
    «Ich möchte einen Roman machen», sagte er immer wieder. «Ich möchte einen Roman machen.»
    «Das werden Sie auch, Sir. Ganz bestimmt. Aber haben Sie bitte Geduld. Ich muss ziemlich komplizierte Veränderungen vornehmen.»
    «Jeder beschwört mich, endlich einen Roman zu schreiben!», rief Mr.   Bohlen. «Die Verleger rennen Tag und Nacht hinter mir her und flehen mich an, mit diesen albernen Kurzgeschichten aufzuhören und stattdessen etwas wirklich Bedeutendes zu schreiben. Ein Roman ist das Einzige, was zählt – behaupten sie.»
    «Wir werden Romane machen», beruhigte ihn Knipe. «In Mengen sogar. Aber Sie müssen Geduld haben.»
    «Hören Sie zu, Knipe. Ich habe vor, einen
guten
Roman zu machen, etwas, was die Leute aufhorchen lässt. Diese Geschichten, die Sie in letzter Zeit unter meinem Namen verschickt haben, hängen mir schön zum Hals heraus. Manchmal habe ich tatsächlich den Eindruck, dass Sie mich übers Ohr hauen wollen.»
    «Übers Ohr, Mr.   Bohlen?»
    «Die besten behalten Sie immer für sich. Jawohl, so ist es.»
    «O nein, Mr.   Bohlen! Nein!»
    «Aber diesmal liegt mir verdammt viel daran, ein erstklassiges,intelligentes Buch zu schreiben. Nehmen Sie das zur Kenntnis.»
    «Gewiss, Mr.   Bohlen. Mit dem Schaltbrett, das ich Ihnen zusammenbaue, werden Sie jedes Buch schreiben können, das Sie wollen.»
    Und Adolph Knipe hielt sein Versprechen. Nach einigen Monaten hatte dieses Genie die Maschine auf Romane umgestellt und überdies ein wunderbares neues System eingebaut, das es dem Autor ermöglichte, buchstäblich jede Art von Handlung und jeden gewünschten Sprachstil vorzuwählen. Es gab so viele Skalen, Schalter und Hebel an dem Ding, dass es wie das Armaturenbrett eines riesigen Flugzeugs aussah.
    Zunächst traf der Schriftsteller, indem er auf einen der sogenannten Hauptknöpfe drückte, seine prinzipielle Entscheidung: historisch, satirisch, philosophisch, politisch, romantisch, erotisch, humorvoll oder derb. Eine zweite Reihe von Knöpfen (die Grundknöpfe) bot ihm die verschiedensten Themen: Soldatenleben, Pionierzeit, Bürgerkrieg,
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