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...und noch ein Küsschen!

...und noch ein Küsschen!

Titel: ...und noch ein Küsschen!
Autoren: Roald Dahl
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dem Korb.
    Über Mr.   Bohlens Gesicht rannen dicke Schweißtropfen. «Ich kann Ihnen sagen, das war verdammt anstrengend, mein Junge.»
    «Aber Sie haben es geschafft, Sir. Sie haben es geschafft.»
    «Zeigen Sie mal her, Knipe. Wie liest es sich denn?»
    Er überflog das erste Kapitel und reichte Seite um Seite an den jüngeren Mann weiter.
    «Um Himmels willen, Knipe! Was ist das?» Mr.   Bohlens dünne Fischlippen zitterten leicht, und seine Wangen blähten sich langsam auf.
    «Also wissen Sie, Knipe, das ist ja unerhört!»
    «Es ist tatsächlich ein bisschen saftig, Sir.»
    «
Saftig!
Empörend ist es, einfach empörend! Ich kann unmöglich meinen Namen dafür hergeben!»
    «Da haben Sie recht, Sir.»
    «Knipe! Ist das ein schmutziger Scherz, den Sie sich mit mir erlaubt haben?»
    «O nein, Sir! Nein!»
    «Sieht aber ganz so aus.»
    «Könnte es vielleicht daran liegen, Mr.   Bohlen, dass Sie etwas zu hart auf die Leidenschaftspedale getreten haben?»
    «Mein lieber Junge, wie soll
ich
das wissen?»
    «Versuchen Sie’s doch nochmal.»
    So schrieb denn Mr.   Bohlen einen zweiten Roman herunter, und diesmal ging alles nach Wunsch.
    Binnen einer Woche hatte ein begeisterter Verleger das Manuskript gelesen und angenommen. Knipe zog mit einem Roman nach, für den er selbst als Verfasser zeichnete; dann fabrizierte er – da er schon einmal dabei war – ein Dutzend weitere. Bald war Adolph Knipes literarische Agentur berühmt für ihren Stall vielversprechender junger Romanciers. Und wieder begann das Geld hereinzuströmen.
    Um diese Zeit stellte sich heraus, dass der junge Knipe nicht nur als Erfinder, sondern auch als Geschäftsmann ein großes Talent war.
    «Hören Sie, Mr.   Bohlen», sagte er, «wir haben noch immer zu viel Konkurrenz. Warum schlucken wir nicht einfach all die anderen Schriftsteller des Landes?»
    Mr.   Bohlen, der sich inzwischen ein flaschengrünes Samtjackett zugelegt hatte und das Haar so lang trug, dass es zwei Drittel der Ohren bedeckte, war ganz zufrieden mit der augenblicklichen Lage der Dinge. «Ich weiß gar nicht, was Sie meinen, lieber Junge. Wir können doch nicht so mir nichts, dir nichts Schriftsteller schlucken.»
    «Natürlich können wir das, Sir. Genauso wie Rockefeller es mit den Ölgesellschaften machte. Wir kaufen sie einfach auf. Und wenn sie sich weigern, setzen wir sie unter Druck. Das ist überhaupt kein Problem.»
    «Vorsichtig, Knipe. Seien Sie vorsichtig.»
    «Sehen Sie, Sir, ich habe hier eine Liste der fünfzig erfolgreichsten Schriftsteller des Landes, und ich werde jedem von ihnen einen lebenslänglichen Vertrag auf Gehaltsbasis anbieten. Dafür brauchen sie sich nur zu verpflichten, dass sie nie mehr ein Wort schreiben. Und natürlichmüssen sie uns ihre Namen für unser eigenes Material zur Verfügung stellen. Wie finden Sie das?»
    «Damit werden Sie nicht durchkommen, Knipe.»
    «Sie kennen die Schriftsteller schlecht, Mr.   Bohlen. Warten Sie nur ab.»
    «Ja, aber der schöpferische Drang?»
    «Das ist leeres Gerede! Das Einzige, woran sie – wie jeder andere – wirklich interessiert sind, ist Geld.»
    Mr.   Bohlen war noch immer nicht überzeugt, meinte aber nach einigem Zögern, dass man es wenigstens versuchen könne. So fuhr denn Knipe mit seiner Schriftstellerliste in einem großen, von einem Chauffeur gesteuerten Cadillac fort, um seine Besuche zu machen.
    Der Mann, der als Erster auf der Liste stand, ein hervorragender und sehr bekannter Schriftsteller, war sofort bereit, ihn zu empfangen. Knipe erzählte seine Geschichte, legte mehrere Romane eigener Produktion zur Ansicht vor und zog einen Vertrag aus der Tasche, der dem Mann auf Lebenszeit soundsoviel im Jahr garantierte. Der Schriftsteller hörte höflich zu, kam zu dem Schluss, dass er es mit einem Verrückten zu tun hatte, lud ihn zu einem Drink ein und führte ihn dann freundlich, aber energisch zur Tür.
    Der zweite Schriftsteller auf der Liste entpuppte sich als gefährlicher Bursche. Er ging tatsächlich so weit, dass er Knipe mit einem schweren metallenen Briefbeschwerer bedrohte, und der Erfinder musste durch den Garten flüchten, während sich eine Sturzflut wilder Flüche und Obszönitäten über ihn ergoss.
    Aber es gehörte mehr dazu, einen Adolph Knipe von seinem Vorhaben abzubringen. Enttäuscht, doch nicht entmutigt, fuhr er in seinem großen Wagen weiter, und zwar zu einer berühmten und überaus populären Schriftstellerin, deren dickleibige Liebesromane zu
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