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...und noch ein Küsschen!

...und noch ein Küsschen!

Titel: ...und noch ein Küsschen!
Autoren: Roald Dahl
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Knipe, aber was hat das mit Ihrer Maschine zu tun?»
    «Alles, Mr.   Bohlen, einfach alles! Sehen Sie, die Sache ist so: Nach gründlichem Studium der Magazine habe ich den Eindruck gewonnen, dass jedes Blatt einen besonderen Typ von Kurzgeschichten pflegt. Die Schriftsteller – die erfolgreichen – wissen das und passen sich jeweils den Wünschen der Redaktion an.»
    «Moment, mein Junge, Moment. Beruhigen Sie sich ja? Ich glaube nicht, dass uns das alles weiterbringt.»
    «
Bitte
, Mr.   Bohlen, hören Sie mich doch an. Es ist wirklich ungeheuer wichtig.» Knipe hielt kurz inne, um Luft zu schöpfen. Er war jetzt so richtig in Fahrt und fuchtelte beim Sprechen mit den Händen herum. Das längliche Gesicht mit den großen Zähnen und den abstehenden Ohren glänzte vor Erregung, und bei jedem Wort sprühten Speicheltröpfchen aus seinem Mund. «Verstehen Sie doch, Mr.   Bohlen, wenn ich auf meiner Maschine einen verstellbaren Koordinator zwischen das ‹Fabel-Speicherwerk› und das ‹Wort-Speicherwerk› schalte, kann ich
jede
Art von Geschichten produzieren. Ich brauche nur auf die betreffende Taste zu drücken.»
    «Ja, ich weiß, Knipe, ich weiß. Das ist alles sehr interessant, aber worauf wollen Sie eigentlich hinaus?»
    «Ganz einfach, Mr.   Bohlen. Der Markt ist begrenzt. Wir müssen in der Lage sein, das richtige Material zur richtigen Zeit zu liefern. Immer genau das, was gerade gebraucht wird. Es ist eine kommerzielle Frage, weiter nichts. Ich betrachte es jetzt von
Ihrem
Standpunkt aus – vom Standpunkt der Rentabilität.»
    «Mein lieber Junge, von Rentabilität kann hier doch gar nicht die Rede sein. Überhaupt nicht. Sie wissen ebenso gut wie ich, was es kostet, eine solche Maschine zu bauen.»
    «Ja, Sir, das weiß ich. Aber mit allem Respekt gesagt, ich glaube nicht, dass Sie wissen, was die Magazine den Autoren für ihre Geschichten zahlen.»
    «Was zahlen sie denn?»
    «Jede Summe bis zu zweitausendfünfhundert Dollar. Der Durchschnitt liegt wahrscheinlich bei tausend.»
    Mr.   Bohlen fuhr hoch.
    «Ja, Sir, es ist wahr.»
    «Völlig unmöglich, Knipe! Lächerlich!»
    «Nein, Sir, es ist wahr.»
    «Sie sitzen hier und wollen mir erzählen, dass diese Magazine derartig viel Geld für   … für irgend so eine hingeschmierte Geschichte bezahlen! Du meine Güte, Knipe! Dann müssten ja alle Schriftsteller Millionäre sein!»
    «Stimmt genau, Mr.   Bohlen! Und damit kommen wir wieder auf die Maschine. Hören Sie nur noch eine Minute zu, Sir. Ich habe mir das mal ausgerechnet. Die großen Magazine bringen durchschnittlich drei Kurzgeschichten in jeder Ausgabe. Nun nehmen Sie die fünfzehn bedeutendsten Magazine – diejenigen, die am besten zahlen. Ein paar von ihnen erscheinen monatlich, aber die meisten kommen jede Woche heraus. Gut. Das macht, sagen wir, vierzig Geschichten, die jede Woche gekauft werden. Vierzigtausend Dollar also. Wenn wir unsere Maschine richtig arbeiten lassen, können wir praktisch den gesamten Bedarf decken!»
    «Mein lieber Junge, Sie sind verrückt!»
    «Nein, Sir, ehrlich, es ist so, wie ich sage. Verstehen Sie doch, wir werden die Schriftsteller allein vom Umfang her völlig an die Wand drücken! Die Maschine kann eine Geschichte von fünftausend Wörtern, fertig getippt und versandbereit, in dreißig Sekunden liefern. Wie können die Schriftsteller damit konkurrieren? Ich frage Sie, Mr.   Bohlen,
wie

    Hier bemerkte Adolph Knipe eine leichte Veränderung im Gesichtsausdruck seines Chefs: Die Augen begannen zu glänzen, die Nasenflügel blähten sich, die Züge wurden unbewegt, fast starr. Hastig sprach er weiter: «Heutzutage, Mr.   Bohlen, haben handgearbeitete Waren keine Chance mehr. Sie kommen einfach nicht gegen die Massenproduktion an, besonders in unserem Land nicht.Teppiche   … Stühle   … Schuhe   … Ziegelsteine   … Keramik   … was Sie wollen – alles wird jetzt maschinell hergestellt. Die Qualität mag schlechter sein, aber das spielt keine Rolle. Was zählt, sind die Produktionskosten. Und Kurzgeschichten – nun, sie sind eben auch ein Produkt, genau wie Teppiche oder Stühle, und niemand schert sich um die Herstellungsmethode, solange die Ware pünktlich und preiswert geliefert wird. Wir werden sie en gros verkaufen, Mr.   Bohlen! Wir werden jeden Autor im Lande unterbieten! Wir werden den Markt an uns reißen!»
    Mr.   Bohlen richtete sich in seinem Sessel auf. Dann beugte er sich vor, stützte die Ellbogen auf den
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