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Und Nachts die Angst

Und Nachts die Angst

Titel: Und Nachts die Angst
Autoren: Carla Norton
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Moment lang wie ein Dunst vor ihr, dann ballt sich die Gewissheit, dass der Mann zurückkehren wird, hart in ihrem Magen zusammen. Sie zwingt sich aufzustehen.
    Sie probiert die Tür, aber die ist – natürlich – verschlossen. Sie atmet ein und aus und versucht, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Hier gibt es kein Wasser, keine Toilette, keine Bettpfanne. Er hat nicht vor, sie hier lange gefangen zu halten. Ihr Mund wird trocken. Wie lange wird es dauern, bis man sie vermisst? Zwei Stunden oder zwei Tage, es macht keinen Unterschied. Niemand wird hier oben nach ihr suchen, niemand wird sie mit diesem Mann in Verbindung bringen.
    Wer ist er?
    Sie schiebt den Gedanken energisch weg. Nicht jetzt.
    Der Raum ist ihr auf düstere Weise vertraut, fühlt sich aber weniger erdrückend als ein Keller an. Immerhin ist er überirdisch und … Das Fenster! Sie klettert hastig auf die Liege und sieht sofort, dass die Scheibe fest im Rahmen sitzt und sich nicht öffnen lässt. Frustriert schlägt sie mit der Faust gegen die Scheibe, bevor sie sich hastig zusammennimmt. Nur keinen Lärm machen!
    Das Herz hämmert laut in ihren Ohren. Sie hört etwas und erstarrt. Schritte poltern durch den Flur und kommen näher.
    Denk nach!
    Draußen ist nichts zu erkennen: Es ist dunkel und regnet. Schwindlig vor Angst sieht sie sich nach einer Waffe um. Die Stiefel? Die Handschellen? Was hat sie hier, das sie in Daryl Wayne Flints gottverdammtem Kellerloch nicht gehabt hat?
    Die Schritte drehen ab und werden leiser, und sie klettert eilig vom Bett und untersucht jeden Gegenstand, der ihr zur Verfügung steht: Fenster, Bettlaken, Matratze. Eine Tür öffnet sich, wird wieder geschlossen. Gedämpfte Geräusche irgendwo im Haus, etwas sehr Schweres fällt zu Boden.
    Schnell!
    Während in ihrem Kopf ein Plan Gestalt annimmt, lässt sie sich zu Boden fallen und schätzt den engen Raum unter der Liege ab. Das könnte klappen. Sie stopft ihre Klamotten darunter und legt den BH so, dass sie ihn schnell zu fassen bekommt.
    Dann erhebt sie sich, zieht das Laken vom Bett, legt es sich um die Schultern, schnappt sich einen Stiefel und steigt wieder auf die Matratze. Sie sammelt sich, hebt den Stiefel über den Kopf, zielt mit dem Absatz und führt ihn langsam zum Fenster, um die Distanz abzumessen. Sie schluckt, dreht das Gesicht weg, hebt den Stiefel erneut und rammt ihn mit aller Kraft durch die Scheibe, die in einem Splitterregen zerspringt.
    Sie schlägt ein paar verbleibende Scherben aus dem Rahmen, als sie in einem Impuls die Stiefel aus dem Fenster ins Dunkel schleudert, dann wirft sie das Betttuch über den Rahmen, als wolle sie sich damit vor den Splittern schützen, und zieht eine letzte große Scherbe aus dem Holz. Sie springt vom Bett, geht zu Boden, drückt sich flach auf die Dielen und schiebt sich unter die Liege, als schon die schweren Stiefel des Mannes vor der Tür anhalten. Kurz nimmt sie die Scherbe in die linke Hand, um das Körbchen ihres BHs als Griff in die rechte zu nehmen. Die Scherbe hat ungefähr die Größe und die Form einer Schere, und mit dem Stoff als Schutz kann sie sie wie eine Waffe führen.
    Der Schlüssel rutscht mit einem Klicken ins Schloss. Sie verharrt regungslos, versucht, den Teppich aus Glassplittern unter ihrem Körper zu ignorieren, und betet, dass ihre List gelingt.
    Wenn er nicht glaubt, dass sie durchs Fenster geflohen ist … falls er unters Bett blickt … Nicht zögern. Stich zu, sobald du ein Auge siehst.
    Die Tür wird aufgestoßen und schlägt gegen die Wand. Gleißendes Licht fällt herein. Er brüllt wie ein Bär. Seine schweren Stiefel poltern in Sicht und bleiben nur Zentimeter vor ihre Nase stehen. Sie atmet nicht. Das Stück Glas, das sie in ihrer Faust umklammert, scheint lächerlich, aber sie hält es fest, hört, wie er flucht, sieht, wie er noch einen Schritt aufs Fenster zugeht.
    Stürz dich auf ihn. Stich ihm ins Auge. In die Kehle.
    Plötzlich fährt er auf dem Absatz herum und rennt hinaus, ohne die Tür zuzuziehen.
    Sie lässt die Scherbe los und schiebt sich hastig unterm Bett hervor. Splitter bohren sich in Knie und Handflächen.
    Eine Tür fällt zu. Er sucht draußen nach ihr.
    Wie lange wird es dauern, bis er kapiert, dass seine Beute noch drinnen ist? Drei Minuten? Eine?
    Für Kleider bleibt keine Zeit. Schon ist sie aus der Tür, rennt durch den Flur ins Wohnzimmer und versucht, sich zu orientieren, doch sie weiß nicht, wohin sie sich wenden soll. Ihre Schlüssel sind
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