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Und im Zweifel fuer dich selbst

Und im Zweifel fuer dich selbst

Titel: Und im Zweifel fuer dich selbst
Autoren: Elisabeth Rank
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allein. Das Wetter vor dem Fensterlud zum Spazierengehen ein, zu bedächtigen Schritten am Ufer eines
     zugefrorenen Sees. Beinahe hörte ich das leise Knacken der sich im kalten Wind biegenden, brechenden Äste. Ich setzte mich in die Ecke am Fenster hinter
     drei Kisten und eine prall gefüllte Reisetasche. In der Küche klapperte Vince mit Geschirr, es duftete nach Tee. Der Reißverschluss wehrte sich ein wenig,
     ich bekam ihn erst auf, als ich beide Hände benutzte. Die Tasche war bis oben hin voll mit Büchern, ich fand auch eines, das ich Lene mal geschenkt
     hatte. Jetzt wollte sie nur noch spanische Bücher lesen, sie meinte, sonst bekäme sie das nie hin mit der neuen Sprache. Die alten blieben also in
     Berlin. »Das kann man abends im Bett machen, um wunderbar schnell einzuschlafen, weil man kein Wort versteht«, hatte sie gesagt. In ein Buch hatte Tim
     eine Widmung geschrieben, auch das hatte sie hier gelassen. Ihre Eltern würden kommen, die Taschen und Kartons holen, sie in die Garage stellen und mit
     Plastikfolie abdecken. Irgendwann dann würde sie wiederkommen, Sachen in die Hand nehmen und aussortieren, mitnehmen und vielleicht wegwerfen,
     einschließen und vergessen. Dass Vince das Zimmer betreten hatte, merkte ich erst, als er sich vor mir hinkniete und seinen Kopf an meine Stirn
     lehnte. Dann gingen wir zum Fluss, hörten von fern die Glocken und spuckten von der Brücke aus auf die Schollen. Die Dampfer lagen eingefroren und
     unbeweglich am Ufer. Schwarze Figuren fütterten behäbig die Schwäne, dort, wo der Weg die erste Biegung macht. Auf der Tischtennisplatte lag Schnee.
    Ich liebe dich. Morgens, mittags, abends, nachts, vormittags, nachmittags, kurz nach zwölf, viel zu spät, beim Aufwachen, zwischendurch
in den Pausen und wenn alles mal wieder zu lange dauert. Ich liebe dich, wenn ich höre, wie du ins Bad gehst, um dir den Bauch zu fönen, weil die Kälte
von draußen nicht nur Eisblumen an den Fensterscheiben macht. Und ich liebe dich, wenn du sie so lange anhauchst, bis sie gehen, damit du sehen kannst,
wie das Wetter wirklich ist. Wenn du dann mit warmem Bauch wieder zurück ins Bett kommst, dann liebe ich dich. Auch wenn du am Abend klingelst und ich
an deinem Atem beim Treppensteigen erkennen kann, was du den Tag über gemacht hast und wer dich anstrengt und dass es nicht nur ich bin, aber auch. Und
wenn du mir die Hand auf den Kopf legst, weil ich kein Ende finde, dann liebe ich dich, weil ich nie ein Ende finde und du dann allem ein Ende machst
mit deiner Hand, dem Streit und dem Überschwang; und ich liebe dich sogar, wenn du gehst. Denn wenn du gehst, dann ist das immer noch so, dann geht das
nicht weg, was ich immer zu dir sage und was du zu mir sagst, denn auch wenn du schon am S-Bahnhof bist oder in einem anderen Land, ist es immer noch
bei mir und drückt kleine Falten in den Kissenbezug.

Ich danke meiner Mama, Nicolas, Carmina & Lars, Jörn, Karsten, meiner Familie, William Fitzsimmons und Robert. Für alles.
    Elisabeth Rank
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