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Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)
Autoren: Hans Rath
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würde.
    «Stimmt das?», fragt der Beamte.
    Baumann nickt. «Ja. Das ist mein Psychotherapeut.»
    Der Polizist wirft seinem Kollegen einen kurzen, aber vielsagenden Blick zu. Dann bedeutet er mir mit einem Kopfnicken, dass ich ebenfalls in den Fahrstuhl steigen soll.

[zur Inhaltsübersicht]
    Gott ist ratlos
    Mein Plan, Abel Baumann Scherereien zu ersparen, geht total schief. Am Ende kriegen wir beide Ärger. Abel, weil er ein Wiederholungstäter ist. Man hat ihn schon Dutzende Male verhaftet, weil er sich für einen anderen ausgab. Noch vor kaum zwei Wochen war er ein paar Straßen weiter als Architekt unterwegs und koordinierte über mehrere Tage hinweg die Arbeiten an einem riesigen Hotelkomplex. Mit dem Ergebnis, dass nun die Hälfte der Zimmer fehlt, weil Baumann angeordnet hat, diverse Zwischenwände rauszureißen. Er habe die Zimmer größer, heller und freundlicher gestalten wollen, gab er später zu Protokoll. Dummerweise waren die betreffenden Wände von nicht unerheblicher Bedeutung für die Statik des Gebäudes. Anders ausgedrückt: Der Rohbau hätte jede Minute in sich zusammenkrachen können. Die Ingenieure, die nun damit beschäftigt sind, zu retten, was zu retten ist, haben es jedenfalls als ein Wunder bezeichnet, dass das Gebäude überhaupt noch steht.
    Der Revierleiter, ein Gemütsmensch mit Walrossbart, macht mir zum Vorwurf, dass ich von alldem nichts wusste. Polizeioberrat Schavinski findet, wenn ich schon als psychologischer Betreuer auftrete, dann sollte ich zumindest eine leise Ahnung davon haben, wen ich eigentlich betreue. Ich verbitte mir kategorisch jede Einmischung in meine Tätigkeit als Psychologe, muss aber insgeheim natürlich zugeben: Der Mann hat völlig recht. Außerdem möchte Schavinski mir ja nur ans Herz legen, künftig etwas besser auf meinen Patienten aufzupassen, damit der Papierkram sich in Grenzen hält.
    Zwischenzeitlich meldet einer von Schavinskis Beamten, dass ich mein Krankenbett verlassen habe, ohne die Formalitäten zu erledigen. Ich vermute, die dicke Schwester hat mich verpetzt. Ich soll jedenfalls unbedingt noch unterschreiben, dass ich auf eigenes Risiko abgehauen bin. Das entsprechende Formular werde man der Polizei per Fax zukommen lassen. Ich sehe Polizeioberrat Schavinski an, dass er es mir persönlich übelnimmt, nicht wenigstens den Papierkram im Krankenhaus erledigt zu haben.
    Dummerweise kann ich Ellen nicht erreichen. Sie könnte meinen Ausweis holen und ihn mir vorbeibringen. Zumindest das ist sie mir schuldig.
    Ich spreche ihr auf die Mailbox, habe aber wenig Hoffnung, dass sie mich bald zurückruft. Als Millionärin ist Ellen eine umschwärmte Frau. Und da die meisten Leute mehr von ihr wollen als nur eine kleine Gefälligkeit, geht sie gewöhnlich erst spätabends die Mailboxliste ihrer Bittsteller durch.
    Polizeioberrat Schavinski entscheidet deshalb, dass wir für ein paar Stunden die Gastfreundschaft seines Hauses in Anspruch nehmen werden. So lange nämlich, wie es dauern wird, den Papierkram zu erledigen und abzuklären, ob Baumann hinter Gittern bleiben muss oder nicht.
    Man sperrt uns in eine Art Abstellkammer, in der zwei knochenharte Pritschen auf uns warten. An den Fußenden liegen säuberlich gefaltete, dunkelgraue Decken, die schon beim Hinsehen kratzen. Immerhin bekommen wir eine Kanne Kaffee und ein paar belegte Brote spendiert.
    Wir frühstücken schweigend. Baumann scheint etwas auf dem Herzen zu haben. Tatsächlich räuspert er sich nach einer Weile und sagt: «Tut mir übrigens sehr leid, dass ich Sie in diese Lage gebracht habe.»
    Ich winke ab. «Immerhin haben wir so Gelegenheit, in Ruhe miteinander zu reden.»
    Baumann hebt erstaunt den Kopf. «Heißt das etwa, Sie wollen mir immer noch helfen?»
    «Das weiß ich noch nicht», erwidere ich. «Aber wir haben ja beschlossen, dass wir das in einer Probesitzung herausfinden werden.»
    Baumann wirkt verblüfft. «Und ich dachte schon, Sie wären stinksauer auf mich. Immerhin sitzen wir meinetwegen in Haft.»
    Ich zucke mit den Schultern. «Wenn Leute zu mir kommen, dann stecken sie grundsätzlich in Schwierigkeiten. Das bringt mein Beruf so mit sich.»
    Er nickt erfreut. «Das heißt also, wir können sofort loslegen?»
    «Wenn Sie möchten, gern», erwidere ich.
    «Klar möchte ich. Was wollen Sie wissen?»
    «Zum Beispiel, was es für Sie bedeutet, in das Leben anderer Menschen hineinzuschlüpfen.»
    «Och. Nichts Besonderes», entgegnet Baumann.
    «Warum machen Sie es dann
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