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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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wahre Freundin erwiesen hatte.
    Diese quittierte das lediglich mit einem ungeduldigen Nicken, bereits beginnend, die vielen Stoffschichten – ein Hoch auf diesen Schutz, der gewiss Schlimmeres verhindert hatte – von Mathildas Schulter zu schälen. Die stöhnte auf.
    Arno bugsierte die beiden Frauen zu einem Holzklotz am Rande einer Box, dami t sich Mathilda kurz setzen konnte.
    Konzentriert machte Elisabeth sich an die Arbeit, Mathildas Kutte zur Seite zu schieben, um an Rücken und Schultern zu gelangen.
    Das war seine Gelegenheit. Zumindest versuchen musste er es.
    „Elisabeth, ich habe Euch noch etwas zu sagen.“
    Er spürte ihren verblüfften Blick auf sich. Auch wenn sie nicht aufhörte, Mathildas Wunden zu verbinden und die beiden Enden des Verbandes verknotete, ehe sie sich erhob und sich ihm zuwandte.
    Er zog zuerst Mathilda vorsichtig auf die Beine. „Wird dir schwindelig?“
    „Nein, sag es ihr.“ Sie nahm ihm beide Zügel ab und führte die Tiere zur Tür.
    „Ihr seid dafür verantwortlich, dass Katharina am Leben bleibt“, wandte er sich an Elisabeth, die Worte so schnell wie möglich herunterratternd. „Und damit meine ich vor allem ihre Seele. Sie würde sterben, wenn Ihr nicht jeden Tag zu ihr geht. Und es ist Euere Pflicht, alles zu tun, damit sie glücklich ist.“
    Elisabeth starrte ihn an. „Ihr wollt sagen ...“
    „Ich will sagen, dass Gott von Euch verlangt, die Sünde Eurer Liebe zu ihr zu begehen – weil Katharina das braucht.“
    Gott sei Dank, hörte ihm kein Theologe zu – und Gott selbst hoffentlich auch nicht. Wenn diese Frau ihm nur glaubte.
    Es verging ein teuflisch langer Moment, doch dann erlöste sie ihn und nickte.
    Arno stöhnte erleichtert auf. Der erste Teil war leichter gewesen, als er befürchtet hatte. „Für diese Sünde werde ich Euch jetzt eine Buße auferlegen. Eine, die für alle Zukunft gelten wird und die Euch für immer von der Beichte entbindet. Seid Ihr bereit?“
    Nun nickte sie sofort, begierig lauschend.
    „Für jede Stunde, die Ihr diese Pflicht erfüllt und Katharina glücklich macht“, es konnte nicht schaden, das noch einmal zu wiederholen, „werdet Ihr am folgenden Tag eine andere Schwester ebenso lange glücklich machen.“
    Es war Heussgen gewesen, der ihn auf diese doch ziemlich geniale Idee gebracht hatte.
    „Und da es Gottes Ziel ist, uns zum Handeln der Nächstenliebe zu motivieren, gilt: Je mehr Glück Ihr in Euerem Konvent stiftet, desto zufriedener wird Gott mit Euch sein.“
    So, den Schluss, dass sie dann umso öfter bei Katharina sein könnte, musste sie allein ziehen.
    Er nickte ihr zum Abschied noch einmal zu – und lief hinter Mathilda her, die draußen auf ihn wartete.
     
     
    „Wirst du reiten können?“, fragte er besorgt.
    „Aber natürlich werde ich reiten.“ Mathilda nickte heftig.
    Er half ihr aufs Pferd, reichte ihr die Zügel. „Dann rasch! Sie werden uns folgen.“
    Es ging. Einhändig, aber das war kein Problem, das Pferd folgte ihr willig. War auch ihm bewusst, dass dort vorne das Haupttor war – und dahinter die Freiheit?
    Freiheit nur für sie beide. Katharina, die so gern mitgekommen wäre, würde in Gefangenschaft zurückbleiben.
    Mathilda kannte die Freundin gut genug, um zu wissen, dass das nicht zu ändern war. Dass nichts und niemand in der Lage wäre, ihren Willen zu brechen. Kein Kloster – und kein Kerker. Sie würde hierbleiben, Elisabeth weiterlieben – und überleben. Weil sie Katharina Greulich war. Nur deshalb.
    Mathilda hatte auch gar keine Zeit traurig zu sein darüber, Katharina hier zurücklassen zu müssen. Darüber, in Edeltraud und Elisabeth Freundinnen zu verlieren. Darüber, das Kloster, das in den letzten drei Monaten ihre Heimat gewesen war, zu verlassen. Das Wichtigste hatte sie dabei. Auf dem Pferd dicht neben dem ihrem.
    Kurz bevor sie das Tor durchritten, fasste sie nach Arnos Mantel. Zog am Zügel und verzögerte den Schritt ihres Pferdes, um sich noch einmal umzudrehen.
    Elisabeths kleine Gestalt hatte die Pforte zum Frauenkonvent erreicht. Auch sie wandte sich noch einmal zu ihnen um. Verharrte einen Augenblick. Stand einfach nur da.
    „Kommst du?“, fragte Arno leise.
    Mathilda lachte. „Aber natürlich!“
    Noch einen Wimpernschlag lang wartete sie, bis Elisabeth die Klosterpforte geöffnet hatte, hindurchschlüpfte – und die schwere Türe langsam hinter ihr zuschwang.
    „Unsere Zukunft beginnt schließlich jetzt.“
    Rumms!
     
     
     
    ENDE

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