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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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und nicht stark genug, es zu unterlassen.“
    Damit war er zu weit gegangen. In purer Verzweiflung schlang Katharina beide Arme um sich und schüttelte den Kopf so heftig, dass ihre jäh hervorschießenden Tränen in alle Richtungen spritzten. „Ich weiß, dass sie mich eigentlich nicht lieben will, ich weiß, dass sie sich wünscht, ich möge verschwinden und sie in Ruhe lassen, ich weiß, dass ich das für sie tun müsste. Aber ich bin zu egoistisch, ich kann sie nicht freigeben.“
    Arno stand versteinert. Er verstand sie. Er verstand sie so gut. Sie war egoistisch, aber die irdische Liebe war so. Auch Mathilda wäre geblieben. Und er hätte das so gewollt. Trotzdem. Obwohl es ihn zerrissen hätte.
    „Ihr habt recht, sie liebt mich nicht genug, ich weiß das.“ Katharina bewegte ihren Mund, formte Laute. Aber sie klang wie tot.
    Er hatte keine Zeit mehr. Er musste hoch und Mathilda holen. Doch zuvor wiedergutmachen, was er hier angerichtet hatte.
    „Sie liebt Euch auch, Katharina“, sagte er in ruhigen, eindringlichen Worten. „Wenn das einer weiß, dann ich. Ich habe es miterlebt in tausend Beichten. Und als sie jetzt bei mir war, um mir das Versprechen abzuringen, Euch zu retten.“
    „Damit sie mich los ist.“
    „Sie liebt Euch, trotzdem. Glaubt mir. Der größere Teil von ihr wird froh sein, Euch nicht verlieren zu müssen.“ Was redete er da? Mischte sich in eine Liebe, die ihn nichts anging.
    „Meint Ihr wirklich?“ Katharinas Augen groß und flehend.
    „Ich weiß es.“
    Das erleichterte Lächeln im Gesicht der Gefangenen wirkte absolut deplatziert „Ich danke Euch, Pater Arno. Und ich freue mich so sehr für Mathilda, dass“, sie musste schlucken, ehe sie ihren Satz zu Ende zu bringen vermochte, „Ihr mit ihr weggeht.“
    Er nickte nur.
    Sie sah ihn an, lächelte und rührte sich nicht.
    „Ihr seid ganz sicher?“
    Nun nickte sie.
    Arno seufzte tief und brauchte einen weiteren Moment, bis er in der Lage war, sich in normalem Tempo zu bewegen. „Ich wünsche Euch alles Gute“, wandte er sich unbeholfen noch einmal um.
    „Ich danke Euch, dass Ihr mich mitgenommen hättet“, kam eine feste Stimme aus der Dunkelheit.
    „Gott sei mit Euch.“
     
     
    „Wenn Ihr diesen Teil der Bestrafung übernehmen wollt, ich lasse Euch freie Hand.“
    Das war – Mathilda verschlug es die Sprache. Sie räusperte sich hilflos.
    „Das ist Willkür!“ Elisabeth schrie, was Mathilda nicht herausbrachte.
    „Das könnt Ihr nicht machen“, eilte nun auch Edeltraud zu Hilfe.
    Der große Rest der Nonnen schwieg, teilweise mit betroffenen Gesichtern, dennoch, in einigen konnte Mathilda Schadenfreude ausmachen, Sensationslust. Hier fand immerhin ein Schauspiel statt, das an Dramatik kaum zu überbieten war.
    „Es ist beispiellos“, beharrte Elisabeth, als Mutter Örtlerin nicht reagierte.
    „Beispiellos ist, was Mathilda gemacht hat“, knurrte die mit zusammengebissenen Zähnen. „Ich hätte gute Lust, sie ebenfalls einzukerkern.“
    „Nein!“ Edeltraud war aufgesprungen, die Augen weit aufgerissen vor Angst. Sie flehte: „Ich sehe ja ein, dass Mathilda wirklich gefehlt hat. Aber überlegt Euch eine andere Strafe, bitte!“
    Die Äbtissin hob die Hände: „Ich weiß überhaupt nicht, was dieses Theater jetzt soll. Mathilda verliert ihre Haare ein paar Tage vor der Zeit. Na und? Sie wird noch andere Strafen bekommen, die sie weit empfindlicher treffen werden.“ Sie machte ein nachdenkliches Gesicht, fügte dann hinzu: „Kein Unterricht mehr. Keine Ausnahme mehr wie Singen in der Kirche. Nichts.“ Sie wandte sich direkt an Mathilda und sah ihr in die Augen: „Du wirst ihn niemals mehr wiedersehen!“
    Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich ab und ließ die völlig perplexe Mathilda einfach stehen.
    „Wer ist es?“, erreichte sie die geraunte Frage von der Paumenin.
    Mathilda ignorierte sie.
    „Los, erzähle uns, was du genau getan hast!“ Schwester Negler reckte neugierig den Kopf vor.
    „Du kannsst schon mal die Haube abssetzen“, zischte die Schönin fröhlich und rieb sich die Hände.
    „Vergiss es“, fauchte Mathilda. Sie würde kämpfen, kratzen, beißen, schreien. Aber ihre Haare würde sie nicht kampflos hergeben.
    „Dann helf ich dir!“ Mit einem Sprung war die Schönratin da, und ehe sich Mathilda versehen hatte, flog ihre Haube in hohem Bogen durch die Luft.
    Lachen ertönte, doch Mathilda war nicht mehr in der Lage, die Stimmen Gesichtern zuzuordnen. Über ihr schlug die nackte
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