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Und erlose uns von dem Bosen

Titel: Und erlose uns von dem Bosen
Autoren: Patterson James
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darüber nach«, meinte ich. Das war keine Lüge. Ich würde nachdenken. In letzter Zeit hatte ich viel über meine Karriere bei der Polizei nachgedacht. Ich habe sogar mit meiner Ärztin darüber gesprochen. Meiner Seelenklempnerin.
    Gegen halb drei Uhr machten wir uns langsam auf den Heimweg. Christines Haus im viktorianischen Stil war restauriert, tiefblau gestrichen mit weißer Verzierung und in tadellosem Zustand. Es war gemütlich und hell. Ich musste zugeben, ein schöner Ort, um aufzuwachsen – wie in Seattle überhaupt.
    Klein Alex konnte von seinem Zimmer die Berge, die Cascades, sehen. Was konnte sich ein Junge mehr wünschen?
    Vielleicht einen Vater, der öfter als nur alle paar Monate einmal vorbeikommt? Wie wäre das?
    Christine wartete auf der Veranda und hieß uns herzlich willkommen. Was für ein Unterschied zu unserer letzten persönlichen Begegnung in Washington. Konnte ich Christine trauen? Ich musste wohl.
    Alex und ich umarmten uns noch etliche Male auf dem Bürgersteig, und ich machte noch ein paar Schnappschüsse für Nana und die Kinder.
    Dann verschwand Christine im Haus, und ich stand draußen, allein, und ging zurück zu meinem Mietwagen. Die Hände hatte ich in den Taschen vergraben. Ich war tief in Gedanken und vermisste meinen kleinen Sohn jetzt schon sehr heftig. Ob das ewig so herzzerreißend sein würde? Ich ahnte bereits, dass dem so sein würde.

7
    Nach dem Besuch von Alex in Seattle flog ich nach San Francisco, um etwas Zeit mit Inspector Jamilla Hughes vom Morddezernat zu verbringen. Wir waren nun ungefähr ein Jahr lang enger befreundet. Ich vermisste Jam und brauchte ihre Nähe. Sie hatte das Talent, alles wieder ins Lot zu rücken.
    Auf dem Weg lauschte ich hauptsächlich den herrlichen Stimmen von Erykah Badu und Calvin Richardson. Sie schafften es ebenfalls, dass alles wieder in Ordnung kam. Na ja, die Situation etwas erträglicher zu machen.
    Als sich das Flugzeug San Francisco näherte, bot sich uns ein erstaunlich klarer Blick auf die Golden Gate Bridge und die Silhouette der Stadt. Ich sah das Embarcadero und das Transamerica Building. Dann ließ ich mich einfach von dem Blick überwältigen. Ich konnte es kaum erwarten, Jam wieder zu sehen. Seit wir in einem Mordfall gemeinsam ermittelt hatten, standen wir uns nahe. Es gab nur ein Problem: Wir lebten an unterschiedlichen Küsten. Wir mochten unsere Städte und unsere Jobs und waren noch zu keinem Entschluss gelangt, was wir tun sollten.
    Andererseits genossen wir es wirklich, zusammen zu sein. Ich sah die Freude auf Jamillas Gesicht, als ich sie beim Ausgang auf dem belebten International Flughafen von San Francisco entdeckte. Sie stand vor dem Delikatessenstand North Beach. Sie lächelte und klatschte mit den Händen über dem Kopf. Dann sprang sie auf und nieder. Sie war sehr temperamentvoll und konnte sich das ohne weiteres leisten.

    Ich lächelte und fühlte mich allein durch ihren Anblick schon besser. Sie hatte stets diese Wirkung auf mich. Sie trug eine weiche gelbe lange Lederjacke, ein hellblaues T-Shirt und schwarze Jeans. Sie sah aus, als käme sie direkt von der Arbeit. Aber sie sah gut aus, echt gut.
    Sie hatte Lippenstift benutzt – und Parfüm, wie ich roch, als ich sie in die Arme schloss. »O ja, ich habe dich vermisst«, sagte ich.
    Â»Dann halt mich fest und küss mich«, forderte sie. »Wie war’s mit dem Kleinen? Wie geht’s Alex?«
    Â»Er wird groß, gescheiter und lustiger. Er ist wirklich ein prima Junge. Ich liebe den Kleinen und hab jetzt schon Sehnsucht nach ihm, Jamilla.«
    Â»Das weiß ich. Ja, das weiß ich, Baby. Jetzt nimm mich in die Arme.«
    Ich hob Jam hoch und wirbelte sie im Kreis herum. Sie ist ein Meter zweiundsiebzig und drahtig. Ich halte sie liebend gern in den Armen. Ich bemerkte, dass mehrere Leute uns beobachteten. Die meisten lächelten. Wie hätten sie auch nicht lächeln können?
    Dann schritten zwei dunkel gekleidete Zuschauer auf uns zu. Was sollte das?
    Die Frau hielt mir ihre Marke vors Gesicht: FBI.
    O nein! Das könnt ihr mir nicht antun!

8
    Ich stöhnte und setzte Jamilla ab, als hätten wir etwas verbrochen, statt alles richtig zu machen. Sämtliche guten Gefühle in mir lösten sich blitzartig auf. Einfach so. Peng, peng! Ich brauchte unbedingt mal eine Glückssträhne – aber das hier sah nicht danach
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