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Und der Herr sei ihnen gnädig

Und der Herr sei ihnen gnädig

Titel: Und der Herr sei ihnen gnädig
Autoren: Faye Kellerman
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koffeinfreien Sojalatte?«
    »Ja, warum nicht?« Ich stand auf, hängte mir meine Tasche über die Schulter und griff nach seinem Becher. »Ich entsorge das für Sie. Bin gleich wieder da.«
    Ich ging zum Müllbehälter und öffnete die Schwingür, platzierte den Becher aber in der Tüte, die an der Rückenlehne von Justice Brills Stuhl hing. Dabei achtete ich darauf, mich so hinzustellen, dass Buck mein kleines Manöver nicht mitverfolgen konnte. Ich hatte diesen Teil mehrfach mit Brill geübt und machte es recht gut.
    In diesem Fall hätte ich mir die Mühe sparen können. Buck ignorierte mich demonstrativ.
    Ich trat an die Theke und bestellte. Ein paar Minuten später kehrte ich mit einem Papptablett, auf dem sich zwei Bagels, vier Portionen Frischkäse, ein Sojalatte für ihn und ein richtiger Latte für mich befanden. Noch immer in die Zeitung vertieft, unternahm Buck keinen Versuch, mir zu helfen. Nachdem ich mich wieder hingesetzt hatte, verteilte ich die Getränke und das Essen. Buck griff nach seinem Latte, legte die Zeitung aber nicht weg. »Bestreichen Sie mir meinen Bagel mit Frischkäse?« »Sie können mich mal«, gab ich zurück.
    Er sah mich über den Rand der Zeitung an. »Das war jetzt aber nicht nett.«
    »Von mir zu verlangen, dass ich Ihren Bagel bestreiche, ist auch nicht nett.« Ich nahm einen Schluck von meinem Latte. »Alles, was ich mit Frischkäse bestreiche, esse ich selbst«, fügte ich hinzu.
    Träge blätterte er um. »Wie wär's, wenn Sie den Bagel bestreichen und ich Sie mal beißen lasse?«
    Ich riss ihm die Zeitung aus der Hand. »Wie wär's, wenn Sie Ihren Bagel selbst bestreichen und mich ansehen, wenn Sie mit mir reden?«
    Buck faltete die Zeitung zusammen. »Jetzt erinnere ich mich wieder. Sie waren die, die so unangenehm werden konnte.«
    »Tja, Buck, in drei Monaten ändert man sich nun mal nicht sehr.«
    »Ist das erst drei Monate her? Ich wünschte, es wären sechs.«
    »Sie hätten übrigens auch Nein sagen können, als ich Sie um dieses Treffen bat.« »Glauben Sie, ich lasse mir den Witz und die Weisheit von Miss LAPD entgehen? Und nun erzählen Sie mir doch mal, Officer, was für nette Überraschungen unsere Freunde und Helfer zurzeit so auf Lager haben.«
    »Soll heißen?«
    »Sie wollten sich doch bestimmt nicht mit mir treffen, weil Sie sich nach meiner charmanten Gesellschaft sehnten. Also was ist Sache?«
    »Ah, Buck, Sie treffen mich bis ins Mark.« Ich schmierte Frischkäse auf meinen Bagel und biss hinein. »Mmm. Lecker.«
    Buck folgte meinem Beispiel und nahm einen Schluck Kaffee dazu. »Wir können auch gerne Spielchen spielen, Officer. Ich habe nichts dagegen, Ihnen beim Essen zuzusehen.«
    »Du meine Güte!« Ich lächelte. »War das jetzt ein Kompliment?«
    Wieder wurde er rot. »Eher eine Feststellung.« »Danke.«
    Buck biss ein weiteres großes Stück von seinem Bagel ab und starrte mich an.
    Ich erwiderte seinen Blick. »Also gut, ich geb's ja zu, mein Anruf hatte einen Grund.« Er wartete.
    »Wir haben ein paar alte Akten herausgezogen und versuchen, den toten Fällen neues Leben einzuhauchen. Dabei ist auch Belinda Syracuse wieder hochgekommen. Ich habe den Auftrag, die Sache noch einmal unter die Lupe zu nehmen.«
    »Was genau sollen Sie tun?«
    »Nichts allzu Aufregendes. Ich soll einfach noch mal alle befragen, die sie kannten oder regelmäßig sahen. Ich habe als Erstes mit Klinghoffner gesprochen, dann mit der Sekretärin, Jamie Hostetter, dann mit Myra Manigan. Der Nächste auf meiner Liste sind Sie.«
    »Warum verschwenden Sie Ihre Zeit mit den Leuten aus dem Fordham Center?«, fragte Buck. »Sie wurde doch an einem Wochenende umgebracht, an dem sie gar nicht im Heim war.«
    »Belindas Bruder hat etwas von einem Telefonanruf erzählt. Angeblich hatte jemand aus dem Fordham Center angeboten, Belinda bei ihrem Bruder abzuholen und zurück ins Heim zu bringen. «
    Buck zuckte mit den Schultern.
    »Haben Sie sie je irgendwohin ausgeführt?«
    »Ich?« Er tat, als fände er allein schon die Vorstellung völlig absurd. »Ich bin den ganzen Tag mit meinen Formularen beschäftigt. Ausfüllen, ordnen, abheften. Mit den Schülern habe ich so gut wie gar nichts zu tun.«
    »Sie gehen nie mit jemandem auf einen Kaffee oder...«
    »Hin und wieder bringe ich ein paar Doughnuts mit. Zählt das?«
    »Es ist nicht meine Absicht, Sie zu ärgern, Buck, ich versuche nur, dem Mädchen ein bisschen Gerechtigkeit zuteil werden zu lassen.«
    Unsere Blicke trafen sich.
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