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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe
Autoren: Jodi Picoult
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Transplantation von letzter Woche. Er ist schon halb im Zimmer, als er noch einmal zurückschaut und Paige hinter sich sieht. » Ich werde das verdammte Wasser nachfüllen«, sagt er. »Sieh einfach zu, dass du von hier verschwindest.«
    Paige hält sich mit beiden Händen rechts und links am Türrahmen fest, und ihr Haar löst sich aus dem Zopf. Die Uniform, die ihr zwei Nummern zu groß ist, bläht sich an der Hüfte und reicht ihr bis zu den Schienbeinen. »Eines wollte ich dich noch wissen lassen«, sagt sie. »Ich glaube, Max wird krank.«
    Nicholas lacht, doch es ist mehr ein verächtliches Schnaufen. »Aber sicher doch«, erwidert er. »Du bist ja eine Expertin darin.«
    Paige senkt die Stimme und schaut den Gang hinunter, um sicherzugehen, dass niemand in der Nähe ist. »Er hat Verstopfung«, sagt sie, »und er hat sich heute schon zweimal erbrochen.«
    Nicholas grinst. »Hast du ihm Sahnespinat gegeben?« Paige nickt. »Dagegen ist er allergisch.«
    »Aber da sind keine Pusteln«, sagt Paige, »und außerdem ist es mehr als das. Er ist ständig schlecht drauf. Nicholas, er ist einfach nicht er selbst.«
    Nicholas schüttelt den Kopf und macht einen Schritt ins Krankenzimmer. Wenn er Paige so in der Türe stehen sieht, die Arme ausgestreckt wie eine Gekreuzigte, dann sieht sie wirklich wie ein Engel aus. »Er ist nicht er selbst«, wiederholt Nicholas. »Woher zum Teufel willst du das denn wissen?«

K APITEL 40
    P AIGE
    Als Astrid Nicholas an diesem Abend Max gibt, stimmt noch immer etwas nicht. Er hat den ganzen Tag immer wieder geweint. »Ich würde mir keine allzu großen Sorgen machen«, sagt Astrid zu mir. »Er hat schon immer zu Verdauungsproblemen geneigt.« Aber es ist nicht das Weinen, was mir solche Sorgen macht. Es ist die Tatsache, dass er keinen Kampfgeist mehr in den Augen hat.
    Ich stehe auf der Treppe, während Nicholas Max entgegennimmt. Dann greift er mit der freien Hand nach Wickel- und Spielzeugtasche. Er ignoriert mich völlig, bis er schließlich die Tür erreicht. »Du solltest dir einen guten Anwalt suchen«, sagt er. »Ich habe morgen einen Termin bei meinem.«
    Meine Knie werden weich, und ich stolpere gegen das Treppengeländer. Ich habe das Gefühl, als hätte ich eine ganze Serie von Schlägen in die Magengrube bekommen. Es sind nicht die Worte, die mich so verletzen, es ist das Wissen darum, dass ich zu spät gekommen bin. Ich kann im Kreis laufen, bis ich umfalle, aber ich kann den Kurs meines Lebens nicht ändern.
    Astrid ruft mir hinterher, als ich mich die Treppe hinauf – und in mein Zimmer schleppe, doch ich höre nicht zu. Ich denke darüber nach, meinen Vater anzurufen, doch der würde mir nur einen Vortrag über Gottes Willen halten, und das wäre kein Trost. Denn was, wenn Gottes Wille mir nicht gefällt? Was, wenn ich das Ganze irgendwie aufhalten will?
    Ich tue, was ich immer tue, wenn ich leide: Ich zeichne. Ich greife zu meinem Zeichenblock und zeichne ein Bild nach dem anderen auf demselben Blatt Papier, bis alles zu einem großen schwarzen Klecks verschwimmt. Dann blättere ich weiter und fange wieder von vorne an, und das mache ich immer weiter, bis die Wut nach und nach meinen Körper verlässt und über meine Fingerspitzen auf das Papier sickert. Als ich nicht länger das Gefühl habe, von innen heraus zerfressen zu werden, lege ich die Zeichenkohle beiseite und beschließe, noch einmal von vorne zu beginnen.
    Diesmal zeichne ich mit Pastellkreide. Die benutze ich nur selten, denn ich bin Linkshänderin, und wenn ich mit der Handkante darüberschmiere, sieht das nach einer Weile so aus, als wäre ich voller blauer Flecken. Aber im Augenblick brauche ich einfach Farbe. Nach einer Weile erkenne ich, dass ich Cuchulainns Mutter zeichne, Dechtire, was mir nur natürlich erscheint, nachdem ich an meinen Vater und die Launen der Götter gedacht habe. Ihre lange, saphirblaue Robe weht um ihre Knöchel, und ihr Haar weht in hohem Bogen hinter ihr her. Ich zeichne sie mitten in der Luft, irgendwo zwischen Himmel und Erde. Einen Arm streckt sie nach einem Mann aus, dessen Silhouette sich vor dem Boden abzeichnet, und mit dem anderen greift sie nach oben, nach Lugh, dem mächtigen Sonnengott.
    Ich lasse ihre Finger die ihres Mannes berühren, und die Berührung ist wie ein physischer Schlag. Dann verlängere ich ihren anderen Arm und sehe, wie ihr Leib sich auf der Seite verdreht und streckt, während sie versucht, den Himmel zu erreichen. Ich muss all mein Können
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