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Und das Leben geht doch weiter

Und das Leben geht doch weiter

Titel: Und das Leben geht doch weiter
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hockte ein Mädchen, zerbiß vor Schmerz und Trotz ihr Taschentuch und suchte nach einer Möglichkeit, Detlev Padenberg in eine Schuld zu verstricken, von der er sich nie mehr würde befreien können.
    Und das Meer gurgelte heran … das Meer, welches dem Mädchen Carola das große Vergessen bringen sollte.

14
    Jens Kosten näherte sich Padenbergs Hütte. Schon von weitem sah er einen Wagen der gehobenen Mittelklasse mit Flensburger Nummer davor stehen.
    »Besuch«, murmelte er vor sich hin. »Das paßt mir gar nicht in den Kram.«
    Er kam schließlich, um mit Detlev Padenberg ein Hühnchen zu rupfen. Seine Wut auf den Architekten, von dem er sich zu sehr enttäuscht fühlte, war groß. In seinen Augen hatte der Kerl eindeutig Mißbrauch mit Carola getrieben.
    Doch dann fand Jens die Kate leer vor. Er betrat das Haus, nachdem er einige Male an die Tür geklopft, dann getrommelt hatte, ohne zum Eintritt aufgefordert worden zu sein. Es lagen untrügliche Anzeichen vor, daß in der Hütte noch kurz vorher Leben geherrscht hatte. Auf dem Tisch stand Kaffeegeschirr, eine Tasse war voll, auf dem Teller lag Gebäck. Die Schranktür stand offen. Auf dem Tisch lagen auch noch eine Damenhandtasche und ein Brief ohne Anschrift. Die Handtasche war geschlossen, der Brief lag offen herum.
    »Niemand da?« rief Jens.
    Er schaute auch in die Nebenräume, um sich zu vergewissern, daß er allein war. Dann zögerte er nicht, die Handtasche zu öffnen. Er wollte sich ja nichts aneignen, nur hineinschauen. Das Übliche: ein Taschentuch, Lippenstift, Puder, Zigaretten, Feuerzeug, eine Börse, noch einige Kleinigkeiten; ungewöhnlich war nur ein Ehering, der sich lose in der Tasche befand.
    Nun der Brief. Auch diesmal war der innere Kampf zwischen dem Anstand des jungen Mannes und seiner Neugierde kurz. Letztere siegte.
    Und dann wurden Jens die Knie weich. Er sank auf einen Stuhl, las den Brief zum zweitenmal, sprang auf und stürmte aus der Hütte. Aber wohin? Instinktiv wandte er sich zum Deich, fühlte sich jedoch der Lage überhaupt nicht gewachsen. Jens war einer jener modernen verhätschelten jungen Menschen, die in der Großstadt aufgewachsen waren und solchen Situationen völlig hilflos gegenüberstanden. Kopflos stolperte er herum, rannte kreuz und quer und dachte nur immer: Großer, allmächtiger Gott, laß das bitte nicht zu … Dabei hatte er schon mit 14 Jahren nicht mehr am Religionsunterricht teilgenommen und sich auf seine atheistischen Erkenntnisse manches zugute gehalten.
    Und gerade er, der den Kopf hier völlig verloren hatte, sollte Carola finden. Das geht oft so im Leben.
    Jens bog um den Holzstapel an einer verlassenen Bauhütte in der Nähe des Deichs herum, als er einen halberstickten, erschreckten Ausruf hörte und aufblickte.
    Vor ihm stand Carola.
    Eng an die Holzstämme gedrückt, als verstecke sie sich vor jemandem, die Haare strähnig und unordentlich am Kopf klebend, das Kleid beschmutzt und durchnäßt, so stand sie vor ihm und sah ihn aus erschrockenen Augen an.
    Jens Kosten brachte in diesem Augenblick kein Wort heraus. Er kam sich wie gelähmt vor, die Stimmbänder versagten ihm den Dienst.
    »Jens«, stammelte das Mädchen, »was … was machst du hier?«
    Er öffnete den Mund, brachte aber kein Wort heraus.
    »Wo kommst du her, Jens?«
    »Carola …«
    Es klappte noch nicht ganz, er mußte einen zweiten Anlauf nehmen.
    »Carola, ich habe dich gesucht …«
    »Wie kommst du hierher, Jens?«
    Es durchzuckte ihn plötzlich, daß sie entsetzlich frieren mußte in ihren durchnäßten Kleidern. Er knöpfte sich rasch den Mantel auf, wobei er sagte: »Ich gebe dir den, komm, du erkältest dich ja sonst und holst dir den Tod.«
    Sie ließ sich den Mantel um die Schultern legen.
    »Du solltest auch etwas Warmes trinken, Carola«, fuhr er fort. »Einen steifen Grog, schlage ich vor. Darf ich dich zum nächsten Gasthaus begleiten?«
    »Du hast mir immer noch nicht gesagt, wie du hierhergekommen bist, Jens.«
    Alles andere als die Wahrheit konnte ihm jetzt nur zum Schaden gereichen.
    »Ich bin dir nachgefahren, Carola«, sagte er.
    »Aber niemand in Hamburg wußte, wo ich bin.«
    »Es war nicht so schwierig, das herauszubekommen.«
    »Wieso nicht schwierig?«
    »Die erste Etappe war Flensburg …«
    »Flensburg? Von wem wußtest du das?«
    »Von dir selbst am Telefon. Erinnerst du dich nicht mehr?«
    Carola strich sich über die Stirn und erwiderte mit abwesendem Blick: »Nein, daran erinnere ich mich nicht
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