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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder
Autoren: Susanne Hanika
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aufzuheben, nur um die ganze Rente einzustreichen.
    Â»Aber immerhin hat s’ ihm ihre Rosenkränze mit ins Grab gegeben«,
sagte die Resi beeindruckt. »Und das Heiligenbilderl. Des muss ein ganz schönes
g’wesen sein.«
    Schmarrn. Heiligenbilderl, das riss das auch nicht mehr raus, dass
sie die Rente einkassiert hatten, obwohl der Ernsdorfer schon lange tot gewesen
war.
    Alle seufzten beeindruckt. Anscheinend riss das Heiligenbilderl das
Ganze doch ein bisschen raus.
    Â»Wer jetzt von denen wohl ins Gefängnis muss?«, fragte die Rosl.
»Die alte Ernsdorferin werden s’ doch wohl nicht ins Gefängnis stecken.«
    Mein Mitleid mit der Ernsdorferin hielt sich in Grenzen. Wenn ich
daran dachte, wie oft ich in den letzten Tagen aufgewacht war und die Augen
nicht aufschlagen wollte – nicht, dass ich in einem gerüschten Sarg lag –, da
waren so ein paar Monate im Gefängnis bestimmt ein Klacks. Und alles nur, weil
sie die Rente vom alten Ernsdorfer einstreichen wollte. Wo doch jeder
inzwischen wusste, wie entwürdigend wenig der an Rente bekommen hatte.
    Â»Und wenn’s weiter so getan hätten, als würde der alte Ernsdorfer
leben, des wär bestimmt gar nicht aufgeflogen«, meinte die Langsdorferin
energisch. »Wieso sie des ausgerechnet jetzt g’sagt haben?«
    Â»Des war ja klar, dass die Polizei draufkommt«, stimmte die Rosl zu.
»Dass die Knochen die vom Ernsdorfer sind.«
    Vielleicht weil sie Angst gehabt hatten, dass irgendjemand sagt,
mei, den Ernsdorfer hab ich doch schon ewig nimmer gesehen. Und dann hätten sie
aber ein Problem gehabt. Dann besser so tun, als wäre der Ernsdorfer abgehauen.
    Â»Ich hätt halt noch ein bisserl gewartet, bis ich sag, dass der
Ernsdorfer weg ist«, äußerte sich die Resi.
    Â»Bis die Polizei das mit dem Knochenkistl vergessen hat«, setzte sie
erklärend hinzu, weil alle so komisch schauten.
    Â»Ich hätt erst gar nicht mit so einem Schmarrn angefangen«, sagte
die Kathl böse. »Du kannst doch ned die Knochen von deinem Papa in ein Kistl
legen und im Gartenhäusl aufheben.«
    Die Resi wurde rot. »Ja. Aber wenn man schon so was macht. Dann
halt.«
    Dann musste man das mafiamäßig durchziehen. Sie hätten eben die
Knochen in Salzsäure auflösen sollen. Beim nächsten Opa könnte ich ihnen ja
diesen Rat geben.
    Â»Die haben die Nerven verloren«, erklärte Großmutter. »Die haben des
einfach nimmer ausgehalten. Diesen Stress, immer so tun, als würd sich der
Ernsdorfer nicht mehr auskennen, wo er doch gar nimmer lebt.«
    Sie machte eine dramatische Pause. »Richtig war des alles ned.« Alle
nickten zustimmend.
    Und vor allen Dingen, das wurde jetzt wieder nicht thematisiert,
hatten sie nie die Kirche geputzt, obwohl die beiden Ernsdorferinnen in den
letzten drei Jahren richtig Zeit dafür gehabt hätten. Ich sah unbeteiligt vor
mich hin.
    Â»Die haben sich bestimmt gedacht, im Orgelaufgang, da stehen die
Knochen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag«, mutmaßte Großmutter, sehr zufrieden
darüber, dass sie die Knochen gefunden hatte. »Ohne uns wäre der Ernsdorfer bis
heute noch nicht in geweihter Erde.«
    Die Rosenkranztanten seufzten alle melodramatisch. Ich hatte ja den
starken Verdacht, dass das dem alten Ernsdorfer so was von wurscht war.
    Â»Des da drüben. Des ist die Mama vom Rosenmüller«, sagte die
Langsdorferin dicht neben mir und schob mir das Gehwagerl halb unter den
Hintern. »Die macht auch was mit.«
    Mit ihrer buckeligen Verwandtschaft, das sagte sie zwar nicht, aber
das wusste jeder. Die Rosenmüllerin sah exakt genauso aus wie die alte
Ernsdorferin, nur fünfundzwanzig Jahre jünger. Sie hatte sich jedenfalls in
München nicht zur schicken Stadtschnecke gemausert. Außerdem hielt sie einen
beleidigten Sicherheitsabstand zu ihrer Verwandtschaft, anscheinend um sich von
jeder Schuld, die die anderen auf sich geladen hatten, fernzuhalten. Mein Blick
blieb an Anneliese und ihren Schwiegereltern hängen. Besonders die
Schwiegermutter sah sehr düster aus, und die Gedanken »und dem Gschwerl haben
wir ein Alibi gegeben« schienen wie Rauchwolken aus ihren Ohren zu kommen.
    Â»Weil sie sich auch nicht um den Papa gekümmert hat«, unterbrach die
Rosl meine Gedanken.
    Â»Des hätt ihr schon längst auffallen müssen, dass der Papa weg ist«,
mischte sich die Kathl
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