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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder
Autoren: Susanne Hanika
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ein.
    Â»Mei. Man kann doch ned alles merken«, erwiderte die Resi darauf und
handelte sich eine Reihe giftiger Blicke ein.
    Â»Und, was macht dein Papa?«, fragte die
Rosl süßlich. »Ist er noch immer auf den Philippinen?«
    Resi lief rot an und murmelte etwas von Mallorca.
    Â»Philippinen. Hat er zu mir g’sagt«, beharrte die Rosl mit einer
besonders lieblichen Stimme.
    Ich schnäuzte mich lautstark, um mein Grinsen zu überdecken. Daher
wehte der Wind. Philippinen. Das war doch jetzt mal eine Nachricht, die zehn
Punkte auf der Klatschskala einbringen würde. Keiner sagte etwas, alle schienen
begierig auf den Fortgang der Unterhaltung zu warten.
    Â»Die verwechsle ich immer, die Namen«, redete sich die Resi heraus.
    Hach. Philippinen und Mallorca verwechseln. Das war ja die blödeste
Ausrede, die sie sich einfallen lassen konnte. Das klang doch noch nicht einmal
ähnlich. Außerdem würde mich ganz stark interessieren, ob er noch einmal
verlängert hatte … Aus Pietätsgründen hackte leider keiner mehr auf diesem
Thema herum.
    Â»Ich frag mich nur«, sagte die Langsdorferin hinter mir, während der
Sarg im Grab verschwand, »ich frag mich wirklich, wie die mit dieser Schuld
überhaupt noch in der Früh in den Spiegel schauen können.«
    Ich fragte mich mehr, wieso das nicht schepperte und polterte,
während der Sarg im Grablöchl verschwand. Wie eine Sparbüchse, sollte man
meinen. Aber diesen blasphemischen Gedanken äußerte ich natürlich nicht. Es
reichte schon, dass die Resi deplatzierte Äußerungen wagte und ihr sexwütiger
Hund vor dem Friedhofstor heulte.
    Â»Den hättst doch daheimlassen können«, sagte die Kathl
missbilligend.
    Â»Des hält der ned aus«, widersprach die Resi, noch immer knallrot
wegen ihres Vaters.
    Das konnte wohl sein. Wenn nichts als eine Sofalehne zur Paarung in
Reichweite war.
    Die Ernsdorfers sahen ziemlich grimmig zu uns herüber.
    Echt wahr. Den Opa im Schuppen verrotten lassen und dann grimmig
schauen. An ihrer Stelle hätte ich mich hier überhaupt nicht erst blicken
lassen.
    Und wenn ich daran dachte, was für einen Schrecken mir die
Ernsdorferin mit ihrem blöden anonymen Brief eingejagt hatte, das würde ich ihr
nie verzeihen! Sogar mit Weihrauchräucherstäbchen hatte sie ihn beräuchert.
Wahrscheinlich, um mir vorzugaukeln, dass der Rosenmüller ihn geschrieben
hatte. Oder der liebe Gott. So eine dumme Kuh. Als würde ich so etwas glauben.
Vielleicht war sie es auch gar nicht gewesen, sondern hatte es nur gesagt,
damit ihr Sohn nicht ins Gefängnis kam. Oder ihr Enkel. Die Ernsdorfers waren
echt eine Brut.
    Und alles nur, weil sie dachten, ich hätte das Interview über den
schiefen Kreisel erfunden, um herauszufinden, ob der Ernsdorfer noch lebt. Und
die Ernsdorferin war sich ganz sicher gewesen, dass ich kapiert hätte, dass
jetzt ein rotes Plüschsofa im Zimmer vom Ernsdorfer, dem mit dem Parkinson,
stand. Und dass das gar nicht mehr das Ernsdorfer-Zimmer war. Wie hätte ich
denn darauf kommen sollen? Ich hatte doch überhaupt keine Ahnung davon, wer wo
in dem Haus der Ernsdorfers was für Möbel benutzte.
    Der Pfarrer sang wieder viel zu hoch und der Chor etwas ganz anderes
als der Pfarrer. Aber das fiel nicht weiter auf, weil die Rosenkranztanten
jetzt ernstlich zu weinen anfingen. Das war immer so. Auch bei Hochzeiten und
Taufen. Bei bestimmten Musikstücken brauchte nur eine mit dem Schniefen
anzufangen, und schon war es aus, und alle heulten. Als der letzte Ton
verklungen war, putzten sie sich geschlossen die Nase und machten sich auf den
Weg, um der Ernsdorferin die Hand zu schütteln.
    Nur Großmutter und ich verließen sofort untergehakt den Friedhof.
»Des macht man einfach ned mit seinem Mann«, trompetete Großmutter noch zu
meinem Entsetzen, natürlich so laut, dass es wirklich jeder hören konnte. »Und
mit seiner Großmutter auch ned.«
    Ich verdrehte großzügig meine Augen. Als hätte ich jemals vorgehabt,
meine tote Großmutter aufzuheben. Also ehrlich, Großmutter in unserem Schuppen
zu lagern, nur um die Rente einzustreichen, das kam wirklich nicht infrage.
Denn Großmutter würde mich wahrscheinlich bis ans Ende meiner Tage als
Racheengel verfolgen, oder bis ich sie endlich in geheiligte Erde gebracht
hätte.
    Â»Und verbrannt will ich auch nicht werden«, fügte sie
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