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Uncharted - Das vierte Labyrinth

Uncharted - Das vierte Labyrinth

Titel: Uncharted - Das vierte Labyrinth
Autoren: Christopher Golden
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Ausdruck in Sullys Augen war eine Mischung aus Kummer und Stolz. „Wir haben Jada.“

3.
    Drake und Sully nahmen die U-Bahn, die zwischen der Grand Central Station und dem Times Square pendelte, und stiegen dann in einen anderen U-Bahn-Waggon, der nach Norden fuhr. Sie saßen schweigend beisammen, während Sully die anderen Fahrgäste argwöhnisch beobachtete. Die Lichter flackerten, gingen an und aus und formten aus den Kratzern, mit denen irgendwelche Vandalen die Fenster verunstaltet hatten, merkwürdige Narben. Der Sitz, auf dem Drake saß, war aufgeschlitzt worden, doch das störte ihn nicht so sehr wie der Geruch, der die Luft schwängerte: ein Hauch von Schweiß und Urin, wie die Geister des Gestanks von jemand anderem. Der Waggon ratterte über die Schienen und schwang in einem einlullenden Rhythmus hin und her, der Drake an einem Tag ohne einen Mord vermutlich in den Schlaf gewiegt hätte.
    Sully schaute sich um, paranoider, als Drake ihn je zuvor erlebt hatte.
    „Was ist los, Sully?“, sagte Drake mit gesenkter Stimme. Er ließ den Blick schweifen, um festzustellen, ob ihnen irgendjemand verdächtige Aufmerksamkeit schenkte. Der Verfolgungswahn seines Freundes war ansteckend. Doch das hier war die New Yorker U-Bahn; hier galt die Regel, dass die Menschen dazu neigten, so zu tun, als wären sie die einzigen Fahrgäste im Zug. „Warum hast du Jada versteckt?“
    „Das war nicht meine Idee“, murmelte Sully und warf Drake einen scharfen Blick zu. „Sie will nicht mit den Cops reden, weil sie Schiss hat, genauso zu enden wie ihr Vater.“
    „Weiß sie, wer es war?“, fragte Drake interessiert.
    „Nein. Aber vielleicht hat sie eine Ahnung, warum er sterben musste. Jetzt halt die Klappe. Wir sind ohnehin gleich da.“
    Drake widersprach ihm nicht. Er konnte sehen, dass der Mord an Luka Sully nervös gemacht hatte. Wenn er übervorsichtig sein wollte, weil er fürchtete, dass Jada möglicherweise ebenfalls in Gefahr schwebte, konnte Drake ihm das nicht verübeln. Sully war der Patenonkel des Mädchens, und diese Verantwortung nahm er ernst. Jetzt, wo Luka tot war, würde er alles tun, was nötig war, damit es dem Mädchen gut ging.
    Nur dass sie überhaupt kein Mädchen mehr war, oder? Als Drake Jadranka Hzujak das letzte Mal gesehen hatte, war sie elf oder zwölf Jahre alt gewesen. In der Zwischenzeit musste sie längst zur Frau gereift sein. Doch das war so weit abseits von seinem Radar passiert, dass es ihm schwerfiel, sich Jada als Erwachsene vorzustellen.
    Vor fünf oder sechs Jahren hatten Sully und er sich mit Luka getroffen, um in einer Spelunke in Soho – in der es aussah, als wäre dort seit Jahrzehnten nichts verändert worden – gemeinsam zu Abend zu essen. Beim Essen hatte Luka erwähnt, dass Jada das College Spaß machte, was bedeutete, dass sie jetzt Mitte zwanzig sein musste. Allerdings gelang es ihm nicht, das Bild des kleinen Mädchens, das sie einmal war, aus dem Kopf zu bekommen. Als der Zug in die Station an der 79. Straße einfuhr, tippte Sully Drake aufs Knie und stand auf, um sich durch die stehenden Passagiere zu schieben. Drake folgte ihm und lächelte, als er sich an einer schwangeren jungen Frau vorbeischlängelte.
    Auf dem Bahnsteig lehnte sich Sully gegen die Seitenwand eines Zeitungsstands und wartete darauf, dass sich die Waggontüren schlossen und der Zug abfuhr. Drake fand das übertrieben vorsichtig. Er selbst hatte seine Reisepläne ändern müssen, um nach New York zu gelangen, und war nun schon auf den Beinen, seit er das Flugzeug auf dem JFK verlassen hatte.
    Ein paar Minuten einfach nur rumzustehen, war prinzipiell nicht verkehrt. Abgesehen davon kannte Drake dieses Spiel. Sully wollte warten, bis sich der Bahnsteig geleert hatte, um es jedem, der vielleicht versuchte ihnen zu folgen, schwerer zu machen unauffällig zu bleiben.
    Als sich die Passagiere, die ausgestiegen waren, verstreut hatten und der Zug fort war, trottete Sully neben Drake her, und die beiden Männer gingen schweigend die Treppen hoch. Draußen fegte eine frostige Herbstbrise über den Bürgersteig, und die Nachmittagsschatten waren lang geworden.
    Sully wandte sich stadteinwärts, und Drake wartete geduldig, bis sie einen halben Block zwischen sich und die U-Bahn-Station gebracht hatten, bevor er wieder das Wort ergriff.
    „Komm schon, Sully“, sagte Drake. „Geduld ist vielleicht eine Tugend, war aber nie eine von meinen. Du hast mich durchs halbe Land geschleift … “
    „Du warst in
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