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Umwege zum Glück

Umwege zum Glück

Titel: Umwege zum Glück
Autoren: Berte Bratt
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die Wagentür auf.
    „Schon wieder!“ sagte Jessica. „Du ruinierst dich! Was willst du heut kaufen?“
    „Brahms, Klavierkonzert Numero 2“, sagte ich und ließ den Motor an.
    „Höre ich richtig? Bist du dabei, ein seriöser Mensch zu werden, Reni?“
    „Bin ich doch seit je, du hast es nur nie verstanden. Na, wie war es gestern?“
    „Reizend und sättigend. Schweinefilets mit jungen Erbsen, nachher Aprikosencreme.“
    „Hör auf, Jessica!“
    „Und gefüllte Sandtorte nachher zum Kaffee.“
    „Jessica, du bist grausam. Ich wette, daß es heut in der Mensa Kartoffelsuppe gibt!“
    „Das ist gut. Du solltest diese Woche recht genügsam leben, damit du am nächsten Donnerstag recht viel Appetit hast. Du bist nämlich mit eingeladen.“
    „Wie in aller Welt kommt das?“
    „Na, ich habe dich ja ein paarmal erwähnt, vielleicht sogar in einer netten Art; du weißt, was einem so manchmal über die Lippen rutscht –, und gestern sagte dann Tante Christiane: ,Bring sie doch mit, Jessica’ – so einfach ist es.“
    „Wie himmlisch! Paß auf, glaubst du, daß der Opel da wegfährt – ja, tatsächlich, gesegnet sei er – hat uns sogar zwanzig Minuten Parkzeit hinterlassen! Was für ein guter Mensch – also zwanzig Minuten für Plattenkauf und Post!“
    In der Mensa gab es durchaus keine Kartoffelsuppe, sondern Linsensuppe. Nachher gingen wir zum Bäcker und kauften Apfelkuchen. Bei mir zu Hause machten wir dann Kaffee.
    „So“, sagte ich. „Nun ist sie schon wieder an meinem Schrank gewesen! Sie muß einen zweiten Schlüssel haben, das ist die einzige Erklärung!“
    „Wie merkst du das?“ fragte Jessica.
    Ich erklärte ihr meine „Falle“. Ich hatte aus dem Strumpffach ein zusammengerolltes Paar genommen und ganz oben zu der Kaffeedose und der Zuckertüte gelegt, aber so dicht an den Rand, daß es beim Türöffnen runterfallen mußte. Und jetzt lag das Paar hübsch bei den anderen Strümpfen!
    „Wenn ich bloß begreifen könnte, was sie eigentlich sucht!“ sagte ich. „Oder gibt es Menschen, die aus lauter Neugier überall rumschnüffeln, ohne etwas Bestimmtes zu suchen?“
    „Und ob es das gibt!“ rief Jessica. „Nicht alle haben ein solches Glück wie ich. Meine Frau Manders ist ein Engel, sogar ein dezenter Engel. Sie würde nie eine Schublade oder einen Schrank bei mir aufmachen! Aber frage bloß Falko, was er erlebt hat. Nicht hier, es war, bevor er nach Kiel kam. Hat er dir nie von seiner Zuckerdose erzählt?“
    „Nicht daß ich wüßte, es sei denn, du bist seine Zuckerdose!“
    „Dose nicht, höchstens seine Zuckerpuppe! Weißt du, was er gemacht hat? Er stellte eine unzerbrechliche Zuckerdose so in den Schrank, wie du heut deine Strümpfe gelegt hattest, also so, daß sie runterfallen mußte, wenn die Tür aufgemacht wurde. Als er eines Tages nach Hause kam, stand erstens die Dose in einem anderen Fach – er hatte sie nämlich zu seiner Unterwäsche gestellt –, und zweitens war sie voll Zucker. Als er sie reinstellte, war sie halbvoll gewesen. Außerdem entdeckten seine Argusaugen etliche Zuckerkörnchen auf dem Teppich, dicht am Schrankrand. Er hatte eine dreifache Freude an dieser Geschichte: Erstens war die Olle kuriert, zweitens hatte er extra Zucker umsonst bekommen, drittens war es ihm eine Wonne, an die Arbeit zu denken, die die Frau gehabt hatte! Es gibt doch nichts Schlimmeres, als Zucker von einem Teppich wegzukriegen!“
    Ich mußte lachen.
    „Du, das werde ich tun! Ich muß mir nur eine Plastikdose besorgen, mein Porzellan-Näpfchen wäre mir zu schade. Aber nun zurück zu der Einladung. Ich freue mich ganz schrecklich, nicht nur wegen des Essens! Ich möchte doch so gern deine Patentante kennenlernen. Aber ich muß im Bilde sein, bevor ich da reinplatze, also bitte, klär mich auf!“
    „Mensch, das habe ich dir doch längst alles erzählt. Tante Christiane ist seit vielen Jahren Witwe. Sie war mit einem Gutsbesitzer verheiratet. Jetzt hat der Sohn das Gut, und Tante Christiane hat eine nette Wohnung am Stadtrande…“
    „… und heißt Frau von Waldenburg, das weiß ich. Aber da ist doch noch eine?“
    „Ja, ihre Kusine, Studienrätin, Name Neuberger, Vorname Isolde, ich nenne sie Tante Isa. Ich habe sie schon als Kind getroffen und darf sie also weiterhin duzen und betanten. Beide riesig nett. Sie nennen sich selbst die Bremse und das Gaspedal. Tante Isa ist die vernünftige, die Tante Christiane bremst, wenn sie zu unternehmungslustig ist, und Tante
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