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Umwege zum Glück

Umwege zum Glück

Titel: Umwege zum Glück
Autoren: Berte Bratt
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und einen Fingerhut Benzin spendiere, so daß wir sie abholen können? Ja, ich bin unnormal lieb, ich merke, wie die Engelsflügel wachsen, der Rücken juckt mir schon.“
    „Du, was macht übrigens der Drachen? Ist sie sauer nach ihrer Expedition zum Bahnhof?“
    „Durchaus nicht! Weißt du, ich glaube, daß sie meint, der Brief ist wirklich von Madeleine gewesen, und daß sie – Madeleine also – mich zum besten halten wollte!“
    „Aua, daran habe ich nicht gedacht.“
    „Ich auch nicht. Es war Mutti, die mich auf den Gedanken brachte.“
    „Du hast deinen Eltern von unseren Schandtaten erzählt?“
    „Na klar. Sie haben sich schiefgelacht. Ich bekam die Antwort heut, und Mutti schreibt, vielleicht hat die Olle gar nicht kapiert, daß der Brief für sie persönlich komponiert war.“
    „Das ist ja schade. Aber, immerhin, wir brachten sie an einem Sonntag dazu, vor fünf aufzustehen, das ist schon etwas. Jetzt die nächste Straße rechts, Reni, und dann das dritte Haus links.“
    Anke stand schon auf dem Bürgersteig. Eine hübsche junge Frau von etwa dreiundzwanzig. Was für ein Schicksal, mit zweiundzwanzig Witwe zu werden, dachte ich.
    „Kriech hinten rein, Jessica, aber setz dich nicht auf die Tantenblumen“, ermahnte ich. „Anke ist Ehrengast und soll vorne sitzen. – Ja, ich darf wohl Anke sagen, oder?“
    „Klar!“ lächelte Anke. „Furchtbarer Gedanke, daß Sie mich Frau Meyer nennen sollten.“
    „Sagt euch doch gleich du!“ schlug Jessica vor. „Das ist doch viel einfacher.“
    „Mir soll es recht sein“, sagte Anke. „Es endet doch damit, warum dann nicht gleich?“
    „Mir aus der Seele gesprochen“, antwortete ich und reichte ihr eine Sekunde die Hand, dann brauchte ich sie zum Schalten. „Das feierliche Brüderschafttrinken müssen wir nachher besorgen.“
    „Mit Apfelsinensaft“, erklärte Jessica. „Bei den Tanten gibt es keinen Alkohol, jedenfalls nicht donnerstags.“
    „Gott sei Dank, erstens mag ich keinen Alkohol, zweitens darf ich nicht, weil ich fahre. – Kinder, was habe ich für einen Hunger!“
    „Wer hat den nicht?“ kam es vom Rücksitz. „Ich habe kein Mittagessen gehabt. Du, Anke?“
    „Wo denkst du hin, Mittagessen an einem Donnerstag? Denk an Tante Christianes Bratensoße!“
    „Na, da seid ihr ja, Kinder, herzlich willkommen – wie geht es, Jessica – Ankelein, was macht das Söhnchen – und Sie sind also Reni, wie nett, Sie kennenzulernen – Himmel, da haben wir das Raubtier, Christiane, wo ist Bickys Ball, damit man sie ablenken kann – na, schon geschehen, Reni hat ihren Kuß weg!“
    Ich stand bereits da, wischte mir lachend das Gesicht ab und rettete mit knapper Not die Blumen. Dann stürzte Bicky sich auf Jessica, und ich konnte die Dame begrüßen, die uns die Tür aufgemacht hatte. Das mußte also Tante Isa sein, Frau Neuberger. Groß, schlank, mit strahlenden, dunkelgrauen Augen unter einer hohen Stirn. Die Hand, die sie mir reichte war fest und schmal, ihr Lächeln voll Wärme. Wie war sie doch hübsch!
    „Aber Kind, das sollten Sie doch nicht – aber wie sind sie schön, ich mag ja Fresien zu gern, tausend Dank, aber das gibt es nie mehr, verstehen Sie? Bicky, laß Tante Jessica los, du furchtbares Tier, geh und hol deinen Ball – ja, Christiane kommt gleich, sie steht wahrscheinlich bis zu den Ohren in der Soße – na, da ist sie…“
    Ein lächelndes Gesicht mit „Küchenrosen“ auf den Wangen und einer etwas mitgenommenen Frisur kam in einem Türspalt zum Vorschein. Hinter Tante Christiane lief eine Küchenmaschine auf Hochtouren.
    „Herzlichst willkommen, Kinder! In drei Minuten bin ich da. Ach, Jessica, guck nach, ob die Salzstreuer auf dem Tisch stehen – und wenn du ein Engel bist, Anke, spülst du Bickys Futternapf ab unter dem Wasserhahn im Bad!“
    „Und was soll ich machen?“ fragte ich lächelnd. „Bickys Ball holen, wenn ich bitten darf. Dazu müssen Sie sich vor dem Bücherschrank auf den Bauch legen und mit irgend etwas unter dem Schrank suchen!“
    Erst als wir um den hübsch gedeckten Tisch saßen und uns auf den duftenden Inhalt einer enormen Schüssel konzentrierten, kam Ruhe über uns.
    „Tante Christiane, du kochst wie ein Engel!“ sagte Jessica. Anke stimmte zu, und ich nickte mit vollem Mund. Wenn man sich sechs Tage in der Woche mit billigem Mensaessen sättigt und sich sonntags mit Kakao und Butterbroten begnügt, dann ist es ein Ereignis, wenn man sich plötzlich einer astronomischen Anzahl
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