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Umwege zum Glück

Umwege zum Glück

Titel: Umwege zum Glück
Autoren: Berte Bratt
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schrillen Klingeln eines Küchenweckers abgeschlossen. Wieder Klappern, ein „Aua“ und gleich darauf „Mensch, ist das heiß“ –, und dann erschien die rotwangige Köchin mit einem stolzen Lächeln auf dem Gesicht und einem Riesengebilde auf einer runden Platte in den Händen.
    „Himmel!“ rief ich. „Das ist ja eine Omelette Surprise!“
    Unter einer enormen Haube aus golden gebräuntem Eischnee fand sich eine dicke Schicht Vanilleeis, darunter eine ebenso dicke Schicht Pfirsiche und Aprikosen, und alles war auf einen delikaten Tortenboden gebettet. Jessica und Anke kannten das Gericht nicht und sperrten die Augen und ganz besonders die Münder auf.
    „Drei- und eine halbe Minute in einem beinahe weißglühenden Backofen“, erklärte Frau von Waldenburg. „Dann ist das Eiweiß goldgelb geworden und das Eis noch nicht geschmolzen. Aber jetzt heißt es zugreifen, Kinder, und alles muß aufgegessen werden, hört ihr?“
    „Du bist unmöglich, Christiane“, seufzte Frau Neuberger. „Ich kündige dir bald als Köchin!“
    „Aber liebstes Isachen, ich mußte ja all die Eiweiß verwenden – du weißt doch, daß ich nie etwas umkommen lasse!“
    „Und woher hattest du die vielen Eiweiß?“
    „Übriggeblieben vom Eismachen, da brauche ich ja nur das Eigelb!“
    „Und wozu brauchtest du das Eis?“
    „Für die Omelette Surprise, was sonst?“
    „Tante Christiane, ich segne deine Logik“, lachte Anke. „Dies ist das Schönste, was ich je in meinem Leben gegessen habe.“
    „Genau das sagte auch meine große Jugendliebe“, seufzte Frau von Waldenburg. „Seinetwegen machte ich zum ersten Mal so eine Omelette, lieber Himmel, was habe ich für ein Lampenfieber gehabt!“
    „Und dann hat er dir gleich einen Heiratsantrag gemacht?“ fragte Jessica.
    „Von wegen Heiratsantrag! Er fraß die ganze Omelette auf und außerdem ein paar Filets Mignonne, etliche Zentner Krokanteis, eine unglaubliche Anzahl fritierte Schollenfilets…“
    „Aber doch wohl nicht alles auf einmal?“ fragte ich entsetzt.
    „Nein, ein paar Wochen hat er dazu gebraucht, o du Schande, wie habe ich den Kerl verwöhnt – und dann verlobte er sich mit einer Freundin von mir, deren Kochkünste mit Mühe und Not für ein Spiegelei und eine Tasse Pulverkaffee ausreichten! Und ich saß da mit einem Kloß im Hals, nachts heulte ich das Kissen pitschnaß und überlegte mir sehr, was einfacher wäre, Zyankali zu nehmen oder zum Fenster rauszuspringen. Schließlich machte ich weder das eine noch das andere – nur die Erfahrung, daß alles vorübergeht, auch die tiefste unglückliche Liebe. Ja, noch mehr, es wurde mir allmählich klar, daß ein bißchen unglückliche Liebe sozusagen zur Allgemeinbildung gehört. Man muß sie durchmachen, so wie Schule und Tanzstunden und Masern und Keuchhusten und den ersten Kuß.“
    „Na, dann kann ich mich ja auf etwas gefaßt machen“, seufzte ich. „Dann habe ich was Schönes vor mir.“
    „Haben Sie nie eine unglückliche Liebe gehabt, Kind? Das müssen Sie nachholen. Es ist sehr lehrreich. Wie alt sind Sie? Zwanzig? Ja, aber dann ist es höchste Zeit. Ich hatte mit vierzehn meinen ersten Liebeskummer.“
    Jessica sah mich gedankenvoll an.
    „Hast du wirklich nie einen Freund gehabt, der dich sitzen ließ, Reni?“
    „Nein“, sagte ich, beinahe schuldbewußt. „Aber ich habe zwei oder drei Verehrern den Laufpaß gegeben.“
    „Ich sage es ja“, seufzte Jessica. „Sommersprossen und rote Haare sollte man haben, dann stehen die Jungen Schlange!“
    Jetzt mischte sich Frau Neuberger ins Gespräch.
    „Nein, es liegt nicht am Aussehen, Jessica“, sagte sie. „Ich glaube, es liegt daran, ob ein Mädchen sie selbst sein kann. Also nicht verkrampft, nicht nervös, sie soll sich keine Mühe geben, beliebt zu sein…“
    „Richtig, Isa!“ rief Frau von Waldenburg. „Das war ja bei mir das Unglück! Ich hatte immer Angst davor, die Rolle des Mauerblümchens spielen zu müssen – und ich mußte es! Wenn ihr wüßtet, wie oft ich als Wanddekoration dasaß, während meine Freundinnen tanzten! Bis mir eines Tages alles piepe war und ich dachte, ich bin wohl nicht der Typ, den die Männer mögen. Also hieß es, nicht mehr daran zu denken – und von dem Augenblick an hatte ich plötzlich Freunde. Und als ich mich dann verliebte, war es gegenseitig und endete mit Heirat und einer glücklichen Ehe und zwei Kindern!“
    Während Frau von Waldenburg sprach, versuchte sie, unauffällig und halb
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