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Ulysses Moore – Die Stadt im Eis

Ulysses Moore – Die Stadt im Eis

Titel: Ulysses Moore – Die Stadt im Eis
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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Bloom, das Mädchen aus Venedig. Ihr langes schwarzes Haar wehte im Wind und ihre Augen waren angstvoll aufgerissen.
    Es folgten Jasons Schwester Julia, die das Tempo der anderen halten konnte, obwohl sie so lange krank gewesen war, und Rick Banner, der seine Ausdauer wohl seinem beinahe schon professionellen Radfahrertraining verdankte.
    Die beiden erwachsenen Männer, die das Ende der kleinen Gruppe bildeten, schienen etwas Mühe zu haben, sich nicht abhängen zu lassen. Nur zwei Tage zuvor hatten ihre maßgeschneiderten Anzüge noch sehr elegant ausgesehen und ihre Lederschuhe geglänzt, sie waren glatt rasiert und parfümiert gewesen. Inzwischen aber trug der Blonde (dem es gelang, vor dem anderen einen kleinen Vorsprung zu behaupten) stachelige Bartstoppeln. Seine Hose hing in Fetzen von seinem Körper, und die Schuhe sahen aus, als würden sie jeden Augenblick auseinanderfallen. Der andere hinkte beim Laufen ein wenig und hatte den rechten Ärmel seines Jacketts verloren. Das sonst so sorgfältig zum Lockenkopf frisierte Haar sah wie verstaubte graue Zuckerwatte aus.
    Die Sträucher am Straßenrand bogen sich im Wind. Je näher die sechs dem Städtchen kamen, desto lauter wurde das Rauschen des Wassers, und allmählich konnten sie auch die Schreie der Bewohner von Kilmore Cove hören.
    Als sie die letzte Kurve erreicht hatten, stoppte Julia abrupt. »Leute, halt! Wartet bitte kurz!«, bat sie. An den Stamm eines Baums gelehnt, rang sie mühsam nach Luft.
    »Was ist denn? Wir sind doch fast schon da!«, sagte Jason verärgert und blieb widerwillig stehen.
    Anstatt zu antworten, ließ Julia sich zu Boden fallen. »Ich kann nicht mehr … Mir platzt gleich die Lunge …«
    »Wir sind doch nur die Straße hinuntergelaufen«, widersprach ihr Bruder.
    »Ja, aber ich hatte praktisch bis vorhin Keuchhusten«, entgegnete Julia gereizt und bekam wie auf ein Stichwort einen heftigen Hustenanfall.
    Die anderen standen im Halbkreis um Julia herum und warteten ungeduldig darauf, dass sie weiterlaufen konnte.
    »Hey! Hört ihr das auch?«, fragte plötzlich Rick.
    In der Ferne erklang eine Glocke. Die einzelnen Schläge wurden immer lauter und zahlreicher, als wollten sie vor einer drohenden Gefahr warnen.
    »Das sind die Glocken von St. Jacob’s«, murmelte Jason. Dann klatschte er energisch in die Hände. »Los! Wir müssen nachschauen, was passiert ist.«
    Doch der Mann mit der Zuckerwattefrisur wies mit dem Kinn auf Julia. »Nur die Ruhe, Junge. Ich finde auch, wir können eine kurze Pause gebrauchen.«
    Die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen, sah Jason ihn wütend an. Auch wenn sie jetzt so taten, als ob sie alle alte Freunde seien, waren die beiden Männer doch Brandstifter und würden es immer bleiben. Und somit potenzielle Feinde. Ratlos breitete er die Arme aus.
    Die Glocke schlug wie verrückt. Und auch das Rauschen des Wassers war keineswegs leiser geworden.
    »Ich halte es nicht mehr aus, hier herumzustehen«, sagte Jason schließlich. »Die Menschen im Ort könnten Hilfe brauchen. Wir sehen uns bei der Kirche, Julia. Wenn du wieder laufen kannst.«
    Julia musste so heftig husten, dass sie ihm nicht antworten konnte.
    Rick schaute sich unschlüssig um. Am liebsten wäre er auch weitergelaufen, um sich zu vergewissern, dass es seiner Mutter gut ging. Dann aber sah er Julia an und beschloss, dass er sie in diesem Zustand nicht alleinlassen konnte. Von der Küstenstraße bog rechts ein Sträßchen ab. Ein handgemaltes Schild trug die Aufschrift »Hummingbird Alley«. Es war die Straße, die zum Haus von Dr. Bowen führte. »Ich könnte einen Arzt holen …«, schlug er vor.
    Julia warf ihm einen wütenden Blick zu. »Ich brauche keinen Arzt«, protestierte sie hustend. »Ich muss einfach nur … verschnaufen. Außerdem ist der Doktor sicher schon längst unten im Ort.«
    »Oder er hat noch nicht gemerkt, dass etwas passiert ist«, widersprach Rick. »Und deshalb läutet Pater Phoenix Sturm!«
    Wieder musste Julia husten.
    »Aber wenn wir schon mal hier sind und warten«, fuhr Rick fort, »können wir ja auch schnell rüberlaufen und ihn holen.« Er wandte sich an die beiden Brandstifter und an Anita, die sich nicht entscheiden konnte, ob sie Jason folgen sollte oder nicht. »Geht ruhig. Wir kommen gleich nach.«
    Anita ließ sich das nicht zweimal sagen und rannte in die Richtung, in die Jason verschwunden war. Währenddessen gingen Rick und Julia, die sich über ihre körperliche Schwäche ärgerte, auf
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