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Ulysses Moore – Die Insel der Masken

Ulysses Moore – Die Insel der Masken

Titel: Ulysses Moore – Die Insel der Masken
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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Umgebung
kommen? In dem Buch hatte sie tags zuvor ein Blatt mit seltsamen Notizen gefunden. Jemand hatte sich aufgeschrieben, dass die Gleise am Bahnhof ins Nichts führten und dass auf dem Hauptplatz des Ortes das Denkmal eines Königs stand, den es nie gegeben hatte. Später hatten sie Nestor dazu befragt und er hatte ihnen bestätigt, dass beides stimmte.
    Julia drückte ihr Gesicht an die Schaufensterscheibe, um in das Geschäft hineinschauen zu können, sprang aber gleich wieder erschrocken zurück. Es war ihr vorgekommen, als hätte auf der anderen Seite der Scheibe jemand gestanden und sie beobachtet. »Verrückt«, sagte sie zu sich selbst und schüttelte den Kopf. »Miss Kalypso?« Dann entfernte sie sich ein paar Schritte von dem Laden und blieb an einer sonnenbeschienenen Stelle stehen. Der blaue Himmel war mit kleinen Wolken übersät. Die Glocken des Kirchturms begannen zu schlagen und ein Schwarm Vögel flog auf.
    »Eigenartig.« Julia sah auf ihre Uhr. Der Buchladen hätte um diese Zeit eigentlich geöffnet sein müssen.
    Dann fiel ihr etwas ein und sie überquerte den Platz und betrat das Postamt. Die Buchhändlerin war tatsächlich dort und ging ihrer Nebenbeschäftigung nach: Sie saß hinter dem Tresen und sortierte Post.
    »Guten Tag, Miss Kalypso!«
    Die Frau sah von einem Stapel Briefe auf. »Die junge Covenant! Was kann ich für dich tun?«
    »Ich hatte gehofft, Sie in Ihrem Laden anzutreffen ...«
    Kalypso wies mit der Hand auf einige prall gefüllte Säcke, die hinter ihr an der Wand lehnten. »Es tut mir leid, aber montags bin ich immer hier.« Stirnrunzelnd besah sie sich die Anschrift auf einem Umschlag, schien dann eine Entscheidung getroffen zu haben und warf das Kuvert in eine Kiste neben sich. »Inzwischen gibt es zwar Maschinen, die die Post sortieren, aber du weißt ja, die moderne Technik! Vorsichtshalber schaue ich mir noch mal alle Briefe an, es soll ja keiner verloren gehen. Vor ein paar Jahren genügte es noch, auf eine Postkarte ›An den Direktor der Schule von Kilmore Cove‹ zu schreiben, und sie kam an. Heutzutage muss man schon die korrekte Postleitzahl kennen.«
    »Wie lautet eigentlich die Postleitzahl von Kilmore Cove?«, fragte Julia sofort.
    Kalypso sah sie unvermittelt an. »Die musst du nicht wissen. Die Postleitzahl ist für die Leute, die jemandem in Kilmore Cove schreiben wollen«, antwortete Miss Kalypso und fügte dann schnell hinzu: »Wenn ich mich nicht irre, haben gerade die Glocken geläutet und das bedeutet, dass meine Arbeit bei der Post für heute beendet ist.« Sie stieg von ihrem Hocker, verschwand fast völlig hinter dem hohen Tresen und tauchte kurz darauf in der kleinen Eingangshalle auf. »Wolltest du ein Buch? Hast du denn schon das ausgelesen, das ich dir gegeben habe?«
    »Äh ... ja ...«, stotterte Julia, die plötzlich Schuldgefühle bekam, weil sie überhaupt nicht mehr daran gedacht hatte, Sturmhöhe von der britischen Schriftstellerin Emily Brontë zu lesen. »Ich bin noch nicht ganz durch, aber ...«
    Miss Kalypso ließ das Rollgitter des Postamts mit lautem Krachen zu Boden. »Also, wie kann ich dir helfen?«
    »Wissen Sie noch, als wir das letzte Mal bei Ihnen waren, um zu telefonieren?«
    »Da wir von gestern Nachmittag reden und mein Gedächtnis einwandfrei funktioniert, kann ich mich gut daran erinnern. Und?« Kalypso steckte einen zierlichen, glänzenden Schlüssel in das Schloss am Gitter und drehte ihn einmal herum.
    »Also, während ich telefonierte, kam es mir vor, als hätte ich ein Buch gesehen, das einen sehr interessanten Eindruck auf mich machte.«
    »Hast du es nun gesehen oder kam es dir nur so vor?«, fragte die Buchhändlerin nach.
    »Ich habe es gesehen.«
    Einige Augenblicke lang blieben sie vor dem Buchladen stehen. Aus dessen Inneren war ein lautes Poltern zu hören, so als wäre ein Bücherstapel umgefallen.
    Kalypso ließ sich nicht anmerken, ob sie das Geräusch gehört hatte. »Und könnte ich vielleicht noch erfahren, um welches Buch es sich handelt, oder möchtest du, dass wir die Nacht hier draußen verbringen?«
    »Es war ungefähr so dick und ...«
    Die Buchhändlerin kicherte. »Das ist immer das Erste, was den Leuten an einem Buch auffällt: wie dick es ist. Der Titel oder der Name des Autors scheinen gar nicht so wichtig zu sein.«
    »Der neugierige Urlauber«
, sagte Julia leise. »Ein alter Reiseführer von Kilmore Cove.«
    Wenn in diesem Moment eine Fliege an Miss Kalypsos Gesicht vorbeigeflogen
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