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Ulysses Moore – Die Insel der Masken

Ulysses Moore – Die Insel der Masken

Titel: Ulysses Moore – Die Insel der Masken
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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wäre, hätte der mörderische Blick der Buchhändlerin sie sicher augenblicklich getötet. Doch schon im nächsten Moment hellte sich Kalypsos Miene wieder auf. »Meinst du so ein rotes Taschenbuch?«
    »Ja, genau!«
    »Ach, das tut mir aber wirklich leid! Es stand mindestens zwanzig Jahre lang im Laden herum, aber ausgerechnet gestern Abend habe ich es verkauft. Ganz kurz nachdem ihr bei mir wart.«
    »Verkauft?«
    »Ja, an einen Mann, der hier auf der Durchreise war und wissen wollte, welche Sehenswürdigkeiten es in der Gegend gibt. ›Was soll hier schon sein‹, habe ich zu ihm gesagt. ›Gehen Sie ein bisschen am Hafen spazieren.‹ Aber er hat nicht lockergelassen und dann ist mir der Reiseführer eingefallen. Mit den alten Schwarzweißfotos hat er zwar nicht viel hergemacht, aber der Typ war zufrieden und hat ihn gekauft.«
    »Wie sah er aus?«, wollte Julia wissen.
    »Sehr gut, muss ich zugeben«, antwortete Miss Kalypso und öffnete die Tür ihres Geschäfts einen Spalt weit. »Groß, elegant, eine gepflegte Erscheinung«, fügte sie dann noch hinzu.
    Julia spähte durch den Türspalt und spürte plötzlich, wie ihr ein eisiger Schauer den Rücken hinunterlief.
    Konnte es wirklich Zufall sein, dass jemand gerade diesen Reiseführer gekauft hatte, der schon seit zwanzig Jahren im Regal gestanden hatte? Und das auch noch nachdem sie im Geschäft gewesen waren? Wer konnte der elegante Mann gewesen sein?
    Julia ließ eine Hand in ihre Tasche gleiten, um sich zu vergewissern, dass die vier Schlüssel zur Tür zur Zeit noch darin waren, und auf einmal kamen sie ihr sehr, sehr schwer vor. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück.
    »Ich kann versuchen ein weiteres Exemplar zu bestellen, ich weiß jedoch nicht, ob dieser Reiseführer überhaupt noch lieferbar ist.«
    »Nein ... nein, bitte machen Sie sich keine Umstände, Miss Kalypso.« Julia wollte plötzlich nur noch weg. Rasch verließ sie den Laden und flitzte auf ihrem Rad nach Hause.
    Auch Rick Banner beeilte sich nach Hause zu kommen. Er stürmte in die Küche, um seiner Mutter kurz Hallo zu sagen, und machte sich dann mit seinem Fahrrad sofort wieder auf den Weg. Bevor er zu Julia und Jason fahren wollte, hatte er sich vorgenommen Pater Phoenix einen Besuch abzustatten.
    St. Jacob’s war die einzige Kirche des Ortes. Rick legte sein Fahrrad auf den Boden und überlegte, ob er wirklich hineingehen sollte. In dem Gotteshaus fielen ihm immer Dinge ein, an die er lieber nicht denken wollte. Er versuchte die Erinnerung an die Beerdigung seines Vaters zu verjagen und öffnete die Tür.
    »Guten Tag«, sagte Pater Phoenix. Er hatte einen langen Stock in der Hand, an dessen Ende ein Putzlappen befestigt war. »Bist du gekommen, um mir zu helfen, Banner? Wärst du so nett?« Er hielt ihm einen schmutzig grauen Eimer hin, der randvoll mit Seifenlauge war.
    Rick griff danach und folgt dem Pfarrer nach draußen. Pater Phoenix erklärte ihm, er wolle die Kirchenfassade reinigen, die bei dem Unwetter einige Schlammspritzer abbekommen hatte. »Man sollte so etwas nicht aufschieben«, fügte der Geistliche hinzu, als er den Lappen am Ende des Stocks in den Eimer tauchte.
    Rick mochte den Pfarrer. Er war einer der wenigen Menschen, die immer zu wissen schienen, was zu tun war.
    »Hast du was auf dem Herzen?«, fragte der Pater nach einer Weile.
    Rick sah sich um, dann trat er näher an den Pfarrer heran und flüsterte: »Es ist wegen Ulysses Moore.«
    Pater Phoenix stellte den Stock ab. »Mister Moore? Warum interessierst du dich für ihn?«
    Rick erzählte ihm von den Zwillingen Julia und Jason und von dem Verkauf der Villa Argo. Der Pfarrer, der schon von den Covenants gehört hatte, freute sich, dass Rick neue Freunde gefunden hatte.
    Als Rick ihm jedoch endlich die Frage stellte, die ihm so auf der Seele brannte, zuckte Pater Phoenix nur mit den Schultern. »Ich soll dir von seiner Beerdigung erzählen?«
    »Ja«, erwiderte Rick leise. Er fühlte sich irgendwie unbehaglich. Er hatte in der letzten Nacht kein Auge zugetan, so sehr hatte ihn der Gedanke beschäftigt, dass keiner der Eheleute Moore auf dem kleinen Friedhof von Kilmore Cove beigesetzt war. Denn war das nicht ein Beweis dafür, dass Jason recht hatte und Ulysses Moore nicht tot war, sondern sich irgendwo in der Villa versteckte? Rick vertraute dem aufmerksam zuhörenden Pater Phoenix seine Zweifel an.
    »Ich war nicht da, als es geschah«, sagte dieser. »Es war so gut wie niemand aus Kilmore
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