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Ueber die Verhaeltnisse

Ueber die Verhaeltnisse

Titel: Ueber die Verhaeltnisse
Autoren: Barbara Frischmuth
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Ehrgeiz täglich Verstecken spielt.
    Er stürzt sich nicht wie sonst in einen sich hitzig oder gelangweilt öffnenden Schoß, sondern schmiegt sich, schmiegt sich an diesen Leib, dessen Freundlichkeit er bis an sein Herz erfährt.
    Melas erste Lust erschreckt ihn ein wenig, damit hat er nicht gerechnet. Aber er faßt sich schnell, im Bewußtsein, er habe sie zum Stöhnen gebracht. Und kurz darauf widerfährt ihm Glück, aber denken kann er das erst im nachhinein.
    Mela liebt diesen jungen Mann, wie sie schon viele von diesen begabten Zapplern geliebt hat, die die Welt im Kopf habenund die Veränderung derselben in den Griff zu bekommen versuchen, bis sie eines Tages einsehen müssen, daß nicht die Welt, sondern sie sich geändert haben. Dann fallen sie auf ihre Grundverfassung zurück, ertragen das Scheitern mehr oder weniger schlecht und verspielen das einzige, was man ihnen zugute halten könnte, die Erfahrung, durch widerrechtliche Besitzvermehrung, im Suff oder an zu junge Mädchen.
    Dennoch liebt Mela diesen jungen Mann, seine unverstellte Schutzsuche in ihrem brotwarmen Körper, seinen aus der momentanen Geborgenheit erwachsenden Witz, der ihn weit über seine sonstige Fähigkeit zur Einsicht hinausträgt.
    Sie kann sich selbst mit den Augen des jungen Mannes sehen, kann ermessen, was ihm in der Vertrautheit mit ihr geschieht, in dieser Nacht und vielleicht noch in vielen Nächten, bis zu jener, die die letzte gewesen sein wird. Möglicherweise gelingt es ihr auch noch, den Zeitpunkt vorauszuberechnen und den jungen Mann rechtzeitig wegzuschicken; doch die Weisheit, die man ihr zuschreiben wird, ist dann nichts anderes gewesen als das Wissen von Kindern, daß es weniger weh tut, wenn man sich den wackligen Zahn selber herausreißt.
    Jetzt aber lachen und essen sie miteinander. »Du Kindskopf«, sagt Mela, als der junge Mann die Hälfte von einem Apfel abbeißt und ihr die andere in den Mund schieben will. Sie sitzen allein in der Gaststube, in die sie zum Abendessen hinuntergestiegen sind. Es ist nicht viel los hier an Montagen, und die paar Einheimischen lehnen an der Schank und trinken im Stehen ihr Bier.
    Sie werden sich noch eine Flasche Wein mit aufs Zimmer nehmen, ihre Spiele wieder und wieder spielen und danach noch ein paar Stunden schlafen, denn der junge Mann muß rechtzeitig ins Amt. Nicht daß der Chef ihn kontrollierenließe, aber er weiß selbst im Traum noch Bescheid über seine Termine. Noch glaubt er an seine Mission.
    Anderntags wird Mela enttäuscht sein und in Zorn geraten. Unangemeldet besucht sie am Morgen den Landwirt, bei dem sie ihre Schweine mästen läßt, und wird durch Zufall Zeugin einer vermeintlich gegen sie und die Gäste des SPANFERKELS gerichteten betrügerischen Handlung. Während sie allein durch den Stall geht – die Ferkel werden gerade gefüttert –, entdeckt sie in der Futterkammer Plastikeimer mit Schnellmastmischungen, einer davon steht sogar offen, so als sei ihm gerade etwas entnommen worden. Sie ergreift den verräterischen Behälter mit beiden Händen und stürmt damit geradewegs zu den Säuen. Der Landwirt schaut ziemlich verdutzt, als sie ihn des Bruchs der Abmachungen zeiht und ihm mit loderndem Blick den Eimer gegen die Brust stemmt.
    »Da«, ruft sie, »was sagen Sie jetzt?« Ihr Zorn ist gerecht, sie will sich ihr Fleisch nicht panschen lassen, schließlich zahlt sie gut und liefert jede Menge Sautrank. Die Qualität der Zutaten ist ihr heilig.
    Dennoch faßt sich der Landwirt schnell und behauptet, das Zeug nur für die eigenen Viecher besorgt zu haben, die Säue hätten es gern, und für den Eigenbedarf könne er sich ihre aufwendige Methode nicht leisten.
    Daß Mela sich noch einmal besänftigen läßt, hat mit der wieder einsetzenden Erinnerung an die vergangene Nacht zu tun und damit, daß dies bisher der erste und einzige Grund zur Beanstandung war. Aber natürlich besteht sie darauf, daß alles eingehalten wird, was sie sich gedacht hat, um die Einmaligkeit des SPANFERKELS nicht zu gefährden. Das sagt sie ihm auch, in aller gebotenen Deutlichkeit.
    Der Landwirt schwört jeden von Mela geforderten Eid undversperrt den inkriminierten Eimer eigenhändig in einem Schrank, so als sei damit gewährleistet, daß er nie mehr daraus zum Vorschein käme. Anschließend vermag er Mela sogar zu überreden, daß sie zu einem Gabel-Frühstück ins Haus kommt.
    Es gibt selbstgebackenes Brot und ein makelloses Geselchtes. Als Mela nach mehrfacher Nötigung dann
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