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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern
Autoren: Robert Silverberg
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ausgesehen, da vorhin?« fragte er Sundira.
    Sie lächelte, aber fast unmerklich. »Du hast in ihm immer schon eine Bedrohung gesehen, ja?«
    »Er hat dich überreden wollen, da rüberzugehen - die Seiten zu wechseln. Ist das eine Bedrohung oder nicht?«
    »Wenn er mich gepackt und körperlich von Bord geschleppt hätte, das hätte den Tatbestand der körperlichen Bedrohung erfüllt, Val.«
    »Ja, schon gut, schon gut.«
    »Aber ich verstehe, warum du dich aufgeregt hast. Sogar dermaßen, daß du glatt mit einer Waffe auf ihn losgegangen bist.«
    »Das war blödsinnig. Pubertäres Verhalten...«
    »Ja, das war es.«
    Er hatte nicht erwartet, daß sie ihm so rasch und ohne Zögern zustimmen werde. Bestürzt sah er sie an und erblickte etwas in ihren Augen, das ihn sogar noch tiefer überraschte und bedrückte.
    Etwas war anders. Zwischen ihnen lag jetzt eine Distanz, wie es sie schon seit langem nicht mehr gegeben hatte.
    »Was ist mit dir, Sundira? Was geht da vor?«
    »Ach, Val, Val...«
    »Sag’s mir doch!«
    »Es hat nichts mit dem zu tun, was Kinverson zu mir gesagt hat. Mich kann man nicht so leicht beschwatzen. Es ist ganz und gar mein eigener Entschluß.«
    »Was ist dein eigener Entschluß? Um Himmels willen, wovon redest du denn?«
    »Vom ›Antlitz‹.«
    »Was?«
    »Geh mit mir rüber, Val.«
    Und das traf, als hätte Kinverson ihn tatsächlich harpuniert.
    »Himmel!« Er wich ein paar Schritte vor ihr zurück. »Himmel, Sundira! Was redest du denn?«
    »Daß wir gehen sollten.«
    Er starrte sie an und hatte das Gefühl, als werde er mehr und mehr zu Stein.
    »Es ist falsch, wenn du versuchst, dich dagegen zu wehren«, sagte sie. »Wir hätten es gleich zulassen sollen, uns dem ausliefern sollen, wie alle die anderen. Sie hatten es begriffen. Und wir waren blind.«
    »Sundira?«
    »Ich hab es gesehen und erkannt, Val. Alles in einem Nu, einem blitzhaften Augenblick. Während du mich vor Gabe zu schützen versucht hast. Wie töricht es doch ist, wenn wir uns mühen, unser kleines individuelles Selbst zu bewahren, all die kleinen Ängste und Eifersüchteleien und erbärmlichen Tricks und Spielchen. Wieviel besser wäre es, das alles einfach abzuwerfen und in die große Harmonie überzugehen, die hier herrscht. Zu den anderen gehören. Dazugehören. Zu Hydros gehören.«
    »Nein! Nein!«
    »Hier ist unsere einmalige Chance, die ganze Last, die uns so bedrückt, von uns abzuschütteln.«
    »Ich kann einfach nicht glauben, daß du so was sagst, Sundira!«
    »Aber ich sage es. Ich!«
    »Er hat dich hypnotisiert, ja? Er hat dich mit irgendeinem Zauber verhext. Das Ding da drüben hat es getan.«
    »Nein«, sagte sie und lächelte. Und dann streckte sie ihm die Hände entgegen. »Du hast mir einmal gesagt, du hast dich auf Hydros nie richtig heimisch gefühlt, obwohl du hier geboren bist. Weißt du noch, Val?«
    »Also...«
    »Erinnerst du dich noch? Du hast gesagt, Taucher und Speisefisch könnten sich hier zuhause fühlen, aber nicht du, und du hättest es auch nie getan... Du erinnerst dich. Ich seh doch, daß du es tust. Also: Hier bietet sich dir jetzt die Chance, endlich eine Heimat für dich zu finden. Teil des Planeten Hydros zu werden. Die alte ERDE gibt es nicht mehr. Wir sind jetzt Hydraner, und Hydraner gehören nun eben der Insel. Du hast dich lange genug dagegen gesträubt. Ich auch. Aber ich, ich gebe auf. Jetzt. Denn auf einmal sieht das alles ganz anders aus für mich. Willst du mit mir gehen?«
    »Nein! Denn es ist Wahnsinn, Sundira. Ich werde dich vielmehr jetzt unter Deck bringen und dich drunten festbinden, bis du wieder zur Vernunft kommst.«
    »Rühr mich nicht an«, sagte sie sehr leise. »Ich sag es dir, Val, versuch nicht, mich zu berühren.« Sie ließ die Augen seitwärts zu der Harpunenbatterie gleiten.
    »Schön. Ich hab dich verstanden.«
    »Ich werde gehen. Was ist mit dir?«
    »Du weißt doch meine Antwort.«
    »Du hast versprochen, wir würden gemeinsam gehen oder überhaupt nicht.«
    »Dann eben überhaupt nicht, so war unsere Abmachung.«
    »Aber ich will gehen, Val. Wirklich.«
    Plötzlich schoß in ihm kalte Wut hoch und ließ seinen Kampfesmut erstarren. Mit diesem letzten, endgültigen Verrat hatte er nicht gerechnet. Also sagte er bitter: »Na, dann geh doch, wenn du das wirklich so meinst.«
    »Und du kommst mit mir?«
    »Nein. Nein. NEIN!«
    »Du hast es versprochen!«
    »Dann nehme ich hiermit mein Versprechen zurück«, sagte Lawler. »Ich hatte niemals vor, so was zu
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