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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern
Autoren: Robert Silverberg
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Abendessen in die Kombüse gegangen. Aber er verspürte auch keinen Hunger. Und wenn er nie wieder einen Bissen essen würde, so war ihm auch das recht. Aber sich mit denen an einen Tisch zu setzen und zu essen, die Vorstellung war ihm unerträglich, war unmöglich. Er, der einzige echte, nicht-pervertierte Mensch auf diesem Schiff voller Zombies, voller Lebendig-Toter - die einzige noch existente reale Menschhaftigkeit...
    Alone, alone, all, all alone
    Alone on a wide wide sea!
    And never a saint took pity on
    My soul in agony. { * }
    Worte. Fragmentarische Erinnerungsbruchstücke aus einer uralten, unwiederbringlich verlorenen Welt. Zeilen eines Gedichts...
    The Sun’s rim dips; the stars rush out:
    At one stride comes the dark;
    With far-heard whisper o’er the sea
    Offshot the spectre-bark. { ** }
    Lawler blickte zu dem fernen Licht der Sterne auf. Eine unverhoffte Ruhe war über ihn gekommen. Es überraschte ihn, wie gelassen er blieb, als habe er den Bereich überschritten, bis in den Stürme noch vordringen konnten. Sogar in den Tagen, da ihm sein Taubkraut-Extrakt als Tröstung zur Verfügung gestanden hatte und jederzeit griffbereit, hatte er kein derartiges Gefühl von ungetrübtem Frieden erfahren. Jedenfalls kaum jemals so wie jetzt.
    Wie kam das? Hatte das Inselland ihn mit einem Zauber belegt wie Sundira, der selbst über die Entfernung hin wirksam wurde?
    Das konnte er nicht glauben. Und außerdem würde ihn eine solche Magiermogelei jetzt nicht mehr beeinflussen können. Er war doch inzwischen bestimmt weit außerhalb der Reichweite. Nichts hier draußen vermochte jetzt mehr sein Denken zu beeinflussen - außer dem dunklen Himmelsgewölbe und der gemächlich rollenden See und dem scharfen kantigen Licht der Gestirne. Dort drüben breitete sich das Kreuz über den Südhimmel, der gewaltige Doppelbogen von Sonnen - Milliarden von Sonnen, hatte ihm einmal jemand gesagt. Abermilliarden von Sonnen! Und zehnmal so viele Planetenwelten! Sein Kopf begann unter der Vorstellung schwirren: Diese unendliche Zahl von zu wimmelnden Welten - und voll von Städten, Kontinenten und von tausenderlei verschiedenen Geschöpfen...
    Und er starrte zu all diesen Welten und Geschöpfen hinauf in den Himmel, und während er so kosmisch fixiert war, entstand langsam in ihm eine neue Vision, gestaltlos und träge zunächst, dann wurde sie in einem mächtigen Ausbruch klar und deutlich, bis sie schließlich sein Bewußtsein fast völlig erfüllte. Er sah die Sterne als ein einziges weitgespanntes Gewebe, als ein unermeßliches metaphysisches Konstrukt, eine geheimnisvoll in sich verknüpfte galaktische Einheit, so wie auch alle die einzelnen Teilchen hier auf dieser Wasserwelt eine Einheit bildeten.
    Kraftlinien pulsierten durch die Leere, flossen wie Blutadern durch das Firmament und verbanden jedes mit allem. Zwischen den Welten eine unendliche schwingende Vernetzung. Er konnte den Atem des Universums fühlen wie den einer einzelnen von unauslöschbarer Lebenskraft brennenden Einheit.
    Und Hydros war Teil des himmlischen Kosmos, und der Kosmos war ein einziges gewaltiges lebensglühendes beseeltes Ding. Geh ein in Hydros, und du wirst zum Teil des ALLS. So stand das Angebot. Und einzig er allein, er, Lawler, aus dem ganzen Universum, verweigerte die Vereinigung mit dem Großen Einen.
    Er allein. Er als einziger.
    War es das, was er wirklich und wahrhaftig wollte? Diese Abgesondertheit, die Einsamkeit der furchtbaren geistigen Unabhängigkeit?
    Das ›Antlitz‹ bot die Unsterblichkeit - sogar die Gotthaftigkeit - innerhalb eines gewaltigen geschlossenen Organismus. Und dennoch hatte er es vorgezogen, Valben Lawler zu bleiben und nichts sonst zu werden. Stolz hatte er zurückgewiesen, was den Teilnehmern dieser Reise angeboten wurde. Mochte der arme skrupelzerquälte Quillan sich freudig einem Gott ausliefern, nach dem er sein Leben lang gesucht hatte; sollte doch der kleine Dag Tharp gern alle Tröstung finden, die er brauchte; sollte der geheimnisumwitterte Gharkid, der nach etwas Höherem als er selbst war gesucht hatte, sich aufgeben... Aber ich, Lawler, ich nicht! Ich bin nicht wie sie!
    Und er dachte an Kinverson. Sogar er, dieser grobschlächtige einsame Bär, war am Ende übergelaufen. Und Delagard. Und Sundira.
    Nun, so soll es denn sein, wie es ist, sagte er sich. Ich bin, der ich bin. So oder so. Und so bleibe ich!
    Er lehnte sich zurück und starrte zu den Sternen hinauf und vertiefte sich ganz in das feurige
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