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Schnüffler auf Burg Schreckenstein

Schnüffler auf Burg Schreckenstein

Titel: Schnüffler auf Burg Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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Streich mit Polizeischutz

    „Und jetzt schön langsam abwärts mit der Leihgabe!“ keuchte Dampfwalze unter der Last. Als Stärkster hielt er den hochkam gekippten Konzertflügel am hinteren Bein, das auf seinen Unterarmen ruhte.
    „Genau!“ flüsterte Schulkapitän Ottokar. „Wir haben ja die ganze Nacht Zeit.“
    Im Schein von Strehlaus Taschenlampe schleppten die Schreckensteiner das sperrige Stück zu sechst die Treppe hinunter.
    Unvermittelt lachte Witzbold Klaus und für einen Streich entschieden zu laut.
    „He! Piano mit dem Piano!“ zischte Stephan.
    Der Witzbold lachte kurz weiter und erklärte dann: „Es ist einfach zu komisch, was wir uns hier immer Mühe geben! Wenn ich da an drüben denke…“
    „Klar!“ meinte Andi auf der anderen Seite des Instruments, „der Schlaf der Hühner ist uns eben heilig.“
    Es handelte sich um eine neue Variante der alten Fehde: Die Jungen der Schule auf Burg Schreckenstein oder Ritter, wie sie sich nannten, machten einen Streich gegen die Hühner, beziehungsweise Mädchen des Internats Schloß Rosenfels, auf der anderen Seite des Kappellsees.
    Vor vierzehn Tagen hatten die Mädchen einen Lichtbildervortrag auf der Burg vereitelt. Jetzt im Herbst arbeitete der Kappellsee als „Nebelfabrik“. Oft ließ er die ganze Umgebung von der Landkarte verschwinden. Mitten in einer solchen Suppe hatten die Mädchen den anreisenden Vortragsredner abgefangen und ihn, unter dem Vorwand, ihm den Weg zu zeigen, nach Rosenfels umdirigiert, wo er sein Thema samt Bildern statt an den Mann, an die Hühner gebracht hatte.
    Daß unter diesen Umständen der bevorstehende Rosenfelser Klavierabend auf Burg Schreckenstein stattfinden würde, war auch ohne Nebel — es regnete seit Stunden — eine glatte Rechnung. Zumal Fräulein Doktor Horn, die Leiterin des Internats, versäumt hatte, die Ritter einzuladen.
    Ohne jedes Geräusch öffnete Mücke, der Kleinste im Ritterrat, die Glastüren, die auf Rosenfels Treppenhaus und Flure trennten.
    „ Stop !“ flüsterte Stephan. „Dampfwalze schwenk mal nach rechts, damit ich das Bein durchfädeln kann!“
    „Sonst macht es klirr-klirr !“ alberte Hans-Jürgen, der Dichter.
    Dampfwalze war kein Muskelprotz mit Spatzenhirn, wie ihn böse Mäuler einmal genannt hatten, er begriff sofort und schwenkte genausoweit aus, wie es nötig war.
    Während des Transports über den unteren Flur bis zur nächsten Glastür, sprach keiner ein Wort.
    Musterschüler Strehlau , der als Pianist nicht das Instrument, sondern nur die Taschenlampe trug, weil Lasten der Geläufigkeit der Finger abträglich sind, leuchtete unverfroren um die Ecke in den Ostflügel, wo die großen Mädchen schliefen.
    Dampfwalze schwenkte wieder aus, und Stephan fädelte die dicken Vorderbeine mit den Messingrollen durch die Glastür, die Mücke sofort hinter Dampfwalze schloß. Er wußte, wie sehr die untere Treppe knarzte und gar unter dieser Last.
    Zwar hatten die Ritter einen Spezialslalom um die Knarzstellen herum entwickelt, doch den konnten sie mit ihrer Beute nicht berücksichtigen.
    Es knarzte fürchterlich und hörte überhaupt nicht mehr auf. Das mußten die Mädchen hören.
    „Schneller!“ drängte Ottokar.
    „Gute Idee“, meinte Andi. „Aus drei Knarzern mach einen!“ Vorn beschleunigten sie so, daß Dampfwalze hinten stolperte. Doch dank der vereinten Kräfte schlug die Leihgabe nicht auf. Das Knarzen allerdings wurde durch die schnellere Gangart nur noch lauter.
    „ Stop !“ Dampfwalze plumpste auf die Treppe, die mit einem weiteren Knarzen antwortete.
    In diesem Augenblick hörten sie, worauf sie insgeheim schon längst gewartet hatten: droben schlug eine Tür.
    „Nichts wie weg!“ fauchte Ottokar, und die Schlepper setzten sich mit der Leihgabe in Elefantengalopp.
    Die Geräuschentwicklung mußte beträchtlich sein, denn Pummel und Eugen, die draußen mit dem Plattenwagen warteten, öffneten das Tor. Streicherfahren wie sie waren, brachten sie auch die Plane mit, stülpten sie noch auf den letzten Stufen der Treppe über das Instrument und praktischerweise auch über die Schlepper, denn mittlerweile goß es wie aus Kübeln.
    Auf einem starken Brett, das hinten am Wagen lehnte, setzten sie die Last ab, hoben beides in die Waagerechte und schoben ohne Schwierigkeiten an. Eugen hatte auf dem Wagen Weidezaunpfähle hintereinander gelegt, die unter dem Brett mitrollten.
    In Sekundenschnelle war die Leihgabe an Bord und wurde festgezurrt. Pummel und Eugen
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