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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
Autoren: Jana Seidel
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Lieblingscocktail, einen Gimlet, drücke ihn ihr in die Hand und mische mir selbst auch einen. Schweigend trinken wir ihn Schluck für Schluck. Das mag ich so an Juli. Wir können uns zwar in Grund und Boden quatschen, wenn es einen Anlass gibt, können aber auch wunderbar miteinander schweigen.
    »Aber jetzt mal ehrlich, Louisa, wenn du Irland jetzt einfach abhakst und hierbleibst, wirst du dich doch immer fragen, was wäre gewesen wenn, oder?«, fragt Juli erst viel später, als wir unter die Decken in ihrem Bett geschlüpft sind.
    Eine gute Frage. Werde ich das? Oder wird das Ganze im Nachhinein für mich zu einer erfrischend skurrilen Anekdote? Es ist alles noch viel zu frisch, um das zu beurteilen.
    »Ich weiß nicht genau«, sage ich deshalb ehrlich. »Aber ich konnte nicht anders.« Und weil es dunkel ist und wir in einem Bett liegen, lasse ich mich hinreißen, Juli auch noch von meinen bangen Gefühlen, was junge Studentinnen angeht, zu erzählen.
    »Das ist doch Blödsinn. Entschuldigung, Louisa, aber das darf ich jetzt mal sagen. Das hast du mir ja auch schon so oft
gesagt, wenn ich rumgesponnen habe. Und wenn wir verknallt sind, spinnen wir ja vielleicht auch alle. Dass Martin in diesem Bereich nicht koscher ist, hätte ich dir auch gleich sagen können. Aber denkst du wirklich, dass Colin der Typ ist, der sich an andere Frauen ranmacht, wenn er dich haben kann?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Ich bin mir aber ausnahmsweise mal sicher. Werd jetzt bloß nicht dauermisstrauisch, nur weil du mal an einen geraten bist, der heimlich dicke, alte Frauen flachlegen muss.«
    In meinen lichten Momenten denke ich das ja auch. Aber ich bin wohl noch zu frisch gebrannt, um mich jetzt auch nur in die Nähe von Feuer zu wagen. Schweres Seufzen.
    »Ich muss jetzt ganz dringend schlafen«, sage ich und liege noch wach, als Juli schon längst hübsch gleichmäßig atmend träumt.

    Die kommende Zeit vergeht eigentlich nicht anders: Im Büro organisiere ich Werbemaßnahmen für Schriftsteller, nach Feierabend schaue ich mir scheußliche Wohnungen an und abends treffe ich mich, wenn sie Zeit haben, mit den Mädels im Weinstein. Mittlerweile hat die Welt – zumindest die irische, britische und deutsche – von unserem Projekt Kenntnis genommen. Es ist der ein oder andere Artikel erschienen, was wir eindeutig Toni zu verdanken haben. Ich habe im Gegenzug das Hotel bei diversen Vermittlern auf die Liste setzen lassen und hoffe, dass die Mundpropaganda ihr Übriges tut. Für die erste Nacht sind die Zimmer ausgebucht – allerdings von Journalisten, die kostenlos übernachten
dürfen, damit sie hinterher etwas Nettes über uns schreiben. Mir wird immer übler vor Aufregung. Kurz bevor ich mich mit nutzlosen Gedanken vollends zermartere, kommt die unerwartete Ablenkung per Telefon.
    »Hallo, Louisa.«
    Die Stimme kenne ich. Das ist die Uschi, die mal meine Mutter war. »Theo und ich sind für ein paar Tage in Hamburg. Ich dachte, da können wir uns dann ja mal treffen. Wir suchen eine größere Wohnung. Wir wollen zusammenziehen. Vielleicht sogar in Hamburg. Wir mögen das Stadtleben. Und was hast du so getrieben?«
    Nichts, Mama, ich war bloß in Irland, habe mich verliebt, habe einen neuen Job und suche derzeit auch eine Wohnung. Gott sei Dank lässt sie mich nicht zu Wort kommen, sondern erzählt in allen Details von ihren Reisen mit Theo, ihrem jugendlichen Lover und Künstler. Letzteres scheint bei ihm aber eher eine Lebenseinstellung zu sein, zumindest wüsste ich nicht, dass er tatsächlich irgendetwas malt oder baut. Uschi hat in ihrem Vorleben als Lehrerin genug Geld zur Seite gelegt, um Theo jetzt die Farbenpracht der Welt zu zeigen, die ihn dann zu irgendetwas inspirieren soll. Ich muss sie wohl oder übel treffen – und kann nur hoffen, dass sie Klein Theo zuhause lässt.
    Natürlich bringt sie ihn mit. Ich kenne ihn ein wenig von Partys aus meiner Studentenzeit. Damals waren ein paar meiner Freundinnen echt heiß auf ihn. Statt ihnen hat nun also meine Mutter den Zuschlag bekommen. Es sei ihr gegönnt. Ich mochte den femininen Typ nie besonders. Theo hat lange schwarze Wimpern über babyblauen Augen und so volle Lippen, dass man nie genau weiß, ob er gerade tatsächlich schmollt, oder ob er mit der Mundform gar keine
andere Mimik hinbekommt. Wir sitzen in einer angesagten Bar, die wie alle anderen angesagten Bars im szenigen Loungestil gehalten ist. Ich habe dieses Ambiente inzwischen genauso über wie die bunt
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