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Über das Haben

Über das Haben

Titel: Über das Haben
Autoren: Harald Weinrich
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that my four children will one day live in a nation where they will not be judged by the color of their skin but by the content of their character.
    [Ich HABE einen Traum, dass meine vier Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, wo sie nicht nach ihrer Hautfarbe beurteilt werden, sondern nach ihren Charaktereigenschaften.]
    Der an letzter Stelle geäußerte Traum ist ganz in biblischer Sprache abgefasst und verheißt der erhofften Zukunft (
will be
) eine biblisch akzentuierte, innere Gewissheit (
shall be
).
    I HAVE a dream that one day (…) «the glory of the Lord shall be revealed, and all flesh shall see it together».
    [Ich HABE einen Traum, dass sich eines Tages «die Herrlichkeit des Herrn offenbaren und alles Fleisch sie schauen wird».]
    Martin Luther King hat, wie Moses, das gelobte Land der vollendeten Freiheit und Gleichheit nur in einer Vision geschaut, nicht mehr selber erlebt. Er wurde mit 39 Jahren von einem fanatisierten Rassisten ermordet. Die amerikanische Nation gedenkt jedes Jahr am
Martin Luther King Day
mit Dankbarkeit dieses großen Menschen und Redners.

EIN GRIECHISCHER EPILOG – MIT DIOGENES UND ALEXANDER DEM GROßEN
    Noch einmal Diogenes. Nun sehen wir ihn so, wie ihn der französische Maler Nicolas André Monsiau gemalt hat (s. nächste Seite). Wir erkennen ihn wieder an der Tonne, seinem Markenzeichen, und an den sonstigen Attributen seines NICHT-HABENS .[ 1 ] Verglichen jedoch mit der Darstellung auf dem Gemälde von Jean-Léon Gérôme (s. Umschlag dieses Buches), ist Diogenes bei Monsiau sichtlich gealtert. Er scheint darauf angewiesen, am Stock zu gehen.
    Fast alles, was wir sonst über Diogenes wissen, geht zurück auf die «Geschichte der griechischen Philosophie» des spätgriechischen Schriftstellers Diogenes Laertios (um 275 n. Chr.).[ 2 ] Doch anders und ausführlicher als in seinen Kapiteln über Platon und Aristoteles, hat sich dieser Autor bei dem Philosophen Diogenes hauptsächlich für die zahlreichen Anekdoten interessiert, die über die Tabu-Brüche des Skandalphilosophen in Umlauf waren. Opfer seiner scharfen Zunge waren mit Vorliebe – außer seinen philosophischen Kollegen – die reichen HABENDEN , deren Luxusleben er als Sohn eines Bankiers in Sinope am Schwarzen Meer bis zum Überdruss kennen gelernt hatte. Vom Lebensstil dieser Gesellschaftsschicht hatte er sich mit seiner demonstrativen Bedürfnislosigkeit weit genug abgewandt, um als öffentlich lehrender Philosoph Geiz und Gier der HABENDEN glaubwürdig anprangern zu können.
    In dem mosaikartigen Lebensbild, das Diogenes Laertios von dem gleichnamigen Philosophen entworfen hat, sind von besonderer Prägnanz diejenigen Anekdoten, in denen der alternde Kyniker mit Alexander, dem jugendlich strahlenden König von Makedonien, konfrontiert wird. Von diesem Alexander, den die Geschichte den Großen nennt, da er über die ganze damals bekannte Welt – Okzident und Orient – herrschen wollte, handeln zahllose Geschichtsbücher des Altertums und der Neuzeit.[ 3 ] Und so wissen wir auch von ihm, dass er spätestens auf der Höhe seiner Macht ALLES HATTE , was ihm alsgriechischem König und persischem Großkönig zur grenzenlosen Verfügung stand. Damit soll nicht nur die Menge der materiellen Güter gemeint sein, von denen in Griechenland selbst ein Bankier oder Bankierssohn kaum zu träumen wagte, sondern auch treue Diener, ergebene Hofleute, tapfere Soldaten, tüchtige Offiziere und vor allem – unschätzbar für einen absoluten Herrscher – verlässliche Freunde, aus deren Mund er bei Gelegenheit die Wahrheit über sich hören konnte. Das alles wird er reichlich und im Überfluss GEHABT HABEN . Doch zeigte sich bald bei diesem jugendlichen Herrscher und siegreichen Feldherrn eine gefährliche Neigung zum Jähzorn. Und so hat er einmal bei einem Festmahl, als der Wein in Strömen floss, seinen besten Freund und Lebensretter Kleitos, der ihm in seinem Lebens- und Herrschaftsstil zu widersprechen wagte, auf der Stelle mit der Lanze durchbohrt. Nein, die KUNST DES HABENS hat Alexander sicher nicht beherrscht, da er sich selber nicht beherrschen konnte.
    Nicolas André Monsiau,
Alexander und Diogenes,
1818
    Dieser Alexander jedoch, so heißt es in einer weiteren, von DiogenesLaertios überlieferten Anekdote, suchte einmal den Philosophen Diogenes auf, um mit ihm eine Weile zu disputieren. Zu diesem Ansinnen konnte er sich gut gerüstet fühlen, da er in seiner Jugend den bestmöglichen Erzieher gehabt
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