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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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entwickelte sich an verschiedenen Stellen, während in Kopenhagen die Gruppe, die jeden Abend unseren Kellerraum aufsuchte, immer größer wurde. Einige waren neugierig, kamen nur, um “die Giraffen” zu sehen, während andere Schutz und Segen wollten, wie zum Beispiel ein paar schwarze Damen, die von ihren verschmähten westafrikanischen Freiern mit Schlangen und Mäusen vollgezaubert worden waren. Unsere wirkliche Freude war, dass immer mehr Leute den Weg mit ihrem Alltag verbanden, um anderen helfen zu können. Sie gaben der Arbeit wirklichen Sinn. Auch die Übersetzung der wichtigsten tibetischen Texte war in Gang gekommen. Mithilfe des freundlichen Tarab Tulku, der Mitte der 60er Jahre nach Dänemark gekommen war, hatte Hannah erst die Karmapa-Meditation übersetzt und anschließend den Text der Grundübungen des Diamantweges, das Ngöndro , bearbeitet.
    Lobende Briefe von Karmapa und die Erwartungen unserer Freunde drängten mich immer mehr in die Rolle eines Lehrers. Die Erste jedoch, die in Dänemark auf einem traditionellen tibetischen Thron saß, war eine Nonne. Gelongma Palmo war eine nahe Freundin Indira Gandhis, eine willensstarke, englische Großmutter der alten Schule. Sie wollte Karmapas erstes von Westlern gegründetes Zentrum sehen und besuchte uns im Oktober 1973 auf ihrem Weg von Rumtek nach England. Sie hatte jahrelange Erfahrung, da sie zuerst Schülerin des Dalai Lama gewesen war, dann jedoch zu Karmapa ging, weil sie lieber meditieren als Streitgespräche über Texte führen wollte; die vier Linien des tibetischen Buddhismus zeigen in dieser Hinsicht verschiedene Wege auf. Zusammen mit einigen ihrer Nonnen lebte Gelongma Palmo im obersten Stockwerk des Klosters Rumtek und war die Verbindung unserer Linie zu den Politikern in Delhi sowie zu mehreren geistigen Zirkeln im Westen.

    Gelongma Palmo in Kopenhagen

    Schon an der Tür unseres Hauses in Kopenhagen hatte sie ein unvergessliches Erlebnis: eine echte dänische Schlägerei. Auf dem Weg die fünf Stockwerke hinauf bis zu unserer Dachwohnung musste sie mehrmals über Bierleichen hinwegsteigen. Am schlimmsten jedoch war, dass wir nicht zu Hause waren, um sie zu “retten”. Glücklicherweise hatte sie aber die Telefonnummer meiner Eltern und konnte durch sie das Zentrum finden. Die feine ältere Dame war schon etwas schockiert, als sie ankam. So bekam der reichhaltige Gesprächsstoff, den wir den Tibetern lieferten, auch eine gesellschaftliche Ebene: Ihrer Ansicht nach stammten wir zwar aus gutem Hause, versagten uns aber jeden Überfluss, um die Lehre verbreiten zu können, woraufhin Karmapa uns öfter Kleider schenkte.

    Weisheitsbuddha auf dem Löwen

    Die Kopenhagener Gruppe fand im westlichen Teil der Stadt ein Haus mit Garten für die Nonne, die Belehrungen über Weisheitsbuddha auf dem Löwen, Befreierin und Diamantgeist gab. Am Ende ihres Besuches gab es die erste und sicher auch letzte gesungene Meditation - eine Puja - auf Dänisch. Es klingt einfach nicht so gut wie auf Tibetisch. Wir benutzen seither nur bei den gesprochenen Meditationen die Landessprache.
    Kurz danach kam der Dalai Lama nach Dänemark; damit bestand das Zentrum seine Feuertaufe. Prinz Peter, ein Erbe des griechischen Throns, hatte ihn eingeladen. Der dänische Außenminister war mutig genug, die Einladung zu genehmigen, obwohl die Chinesen schon damals vor Wut kochten. Das war wunderbar!

    S.H. Dalai Lama weiht das Zentrum ein

    S.H. der Dalai Lama

    Als wir den Dalai Lama am 10. Oktober 1973 am Flughafen Kastrup begrüßten, sahen viele die Umrisse einer Hand im Vollmond; und eine Woche später, auf dem Weg von seiner Limousine zu unserem Zentrum, fing es ganz unverhofft an zu schneien - mitten im Oktober! Während er das Zentrum mit dem von Karmapa verliehenen Namen “Karma Drub Djy Ling” (“Die Stelle der Verwirklichungslinie”) einweihte, war der Raum brechend voll. Der Dalai Lama lachte und witzelte, seine Leibwächter waren jedoch weniger froh, besonders als jemand mehrmals versehentlich das Licht ausschaltete. Sie waren aber gut in Form. Jedes Mal sprangen sie auf, um den Dalai Lama mit ihren schusssicheren Aktenkoffern zu decken. Wir waren froh, dass sie das machten, denn erst viel später sollte sich sein Verhältnis zu den gefährlichen Chinesen bessern.

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Lopön Tsechu Rinpoche (1918-2003)
    Lopön Tsechu Rinpoche wurde 1918 in Bhutan geboren. Mit 13 Jahren floh seine Familie wegen einer Seuche nach Nepal. Dort wurde er enger Schüler des
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