Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen
Autoren: Lama Ole Nydahl
Vom Netzwerk:
dem Thema “Das innere Universum” vor. Ihr Ziel war, die Dänen mit neuen geistigen Strömungen, die ins Land kamen, vertraut zu machen.
    Das verunsicherte uns. Wir waren überzeugt, das Beste an Geistigkeit überhaupt zu besitzen, und neigten deshalb zu einer abgrenzenden Einstellung. Wir hatten keine Lust, unsere edle alte “Firma”, die Karma-Kagyü-Linie unter all den Hindu-Sekten, Neo-Christen, Pop-Gurus und Gemischt-Religiösen vorzustellen. Ganz richtig fühlte sich das aber auch nicht an, denn wie sollten uns neue Leute begegnen können, wenn wir nicht teilnahmen? Einige der Besucher würden eine tiefere Offenheit besitzen, und Karmapas Wunsch ist es immer, so vielen Wesen wie möglich zu nützen.
    Also liefen wir am nächsten Vormittag doch durch die stattlichen, hellgrauen Hallen der Ausstellung. Die anderen Gruppen hatten schon ihre Stände aufgestellt und versuchten, sich gegenseitig ein paar Zentimeter Standplatz abzujagen. Aus einem Guru waren während unserer Zeit im Himalaya viele geworden. Mit Erstaunen sahen wir, wie modern und psychologisch anspruchsvoll die Werbung für die Unfehlbarkeit bestimmter Lehrer und Mantras durchdacht war. Den hintersten Raum hatten die Schützer anscheinend für uns freigehalten, denn niemand hatte ihn bemerkt. Die Wände waren bereits in den buddhistischen Farben rot und gelb gehalten, und wir fanden diese Umgebung edel genug, um ausstellen zu können.
    Während Hannah uns bei Kjell Sellin anmeldete, hängte ich schnell unsere Rollbilder so beherrschend im Raum auf, dass es keinen Platz mehr für etwas anderes gab. Wir stellten Kalu Rinpoches Buch aus, holten ein paar Matratzen zum Sitzen und waren fertig. Am nächsten Tag wurde die Ausstellung eröffnet, und sie machte wirklich Spaß. Viele Besucher erreichten unseren Raum ganz überwältigt von all den stromlinienförmigen Angeboten und mussten sich erst einmal erholen. Unter den gesegneten Rollbildern entdeckten sie dann, dass sie sich hier eigentlich am wohlsten fühlten.
    Eine gesunde Nachfrage wuchs, und ein paar Tage später besuchten viele Leute meinen zweiten Vortrag. Da ich nie gelernt hatte, öffentlich zu sprechen, kamen die Worte eher mit Überzeugung als klar gegliedert heraus. Trotzdem wollte niemand gehen. Die volle Übertragung, der Segen der Buddhas und meiner Lehrer war wie immer da. Ich fühlte mich wie unter Starkstrom, während ein anderer Teil meines Geistes zuschaute, wie viel ich plötzlich wusste.
    Kurz danach brachte uns Jürgen “Kaninchen” von einer skandinavischen Yoga-Schule auf eine Idee, die vieles verändern sollte. Er hatte seinen Stand vor unserem Raum und leitete seine Meditationen auf Dänisch. Das ermöglichte einen unmittelbaren Zugang zum Diamantweg für den Westen. Zum ersten Mal in der Geschichte lernte wohl hier der Buddhismus etwas Sinnvolles vom Hinduismus und nicht umgekehrt. Es ging jedoch nur um die Vermittlungsweise, denn das Ziel seiner Yoga-Schule war Entspannung und nicht Erleuchtung wie bei uns. Über Jürgens Übung, auf das eigene Wesen als ein goldenes Ei zu meditieren, dachte ich zwar, dass man so als Vogel wiedergeboren werden oder als Omelett auf dem Frühstückstisch landen könne, der Lehrweg aber war gut. So bleibt der Segen der Linie erhalten, ohne dass die Leute sich durch zu viel Tibetisch befremdet fühlen.
    Zwischen der Ausstellung und unserer nächtlichen Arbeit gaben wir mehreren Leuten bei uns zu Hause Zuflucht. Die Gruppen erhielten zudem die dänisch geleitete Karmapa-Meditation. Es war die richtige Entscheidung gewesen, von unserem Elfenbeinturm herabzusteigen. Obwohl viele den tibetischen Buddhismus immer noch für etwas verstaubt und fremdartig hielten, mochten sie seine zeitlosen Werte. Als freie Menschen schätzten sie das Fehlen von Dogmen und Gefühlsduselei und waren erleichtert zu hören, dass unser Ziel nicht Glaube, sondern Erfahrung ist. In nur drei Wochen bekamen hundert Freunde die Verbindung zur Lehre. Viele von ihnen gehörten der “geistig beweglichen” Sorte an, waren Studenten oder Hippies. Wie sich zeigte, konnten die Belehrungen aber jeder Gesellschaftsschicht nutzen. Ohne es wirklich zu merken, waren wir zum geistigen Mittelpunkt der Ausstellung geworden. Am letzten Tag erklärte ich die grundlegende Einstellung, Erleuchtung zum Besten aller zu erlangen. Eigentlich war es nur gesunde Vernunft, aber keine der anderen Gruppen hatte vergleichbare Belehrungen.
    Professor Kjell Sellin schloss uns in sein großes Herz und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher