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Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)

Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)

Titel: Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
Autoren: Lisa Lutz
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studierte, betrachtete ich ihn mit größerer Aufmerksamkeit als üblich.
    Von seinem fadenscheinigen Baumwollhemd baumelte der dritte Knopf. Am Jackenaufschlag prangte ein Soßenfleck. Sein Haar wirkte strähniger als sonst, und seine colaflaschenbodendicken Brillengläser waren so verschmiert wie eine Windschutzscheibe nach Sprühregen.
    »Gib mir deine Brille«, sagte ich.
    »Aber dann kann ich die Karte nicht lesen«, erwiderte er.
    »Du wirst so oder so ein gegrilltes Thunfisch-Sandwich und eine Tasse Koffeinfreien bestellen, wie in allen Restaurants, die keine Pastrami anbieten.«
    Ich streckte ihm die Hand hin, bis er mir die Brille überließ. Dann tauchte ich einen Serviettenzipfel in mein Wasserglas und machte damit die Gläser sauber. Ich gab Morty die Brille zurück, nicht ohne darauf hinzuweisen, wie gefährlich es war, bei solch eingeschränkter Sicht Auto zu fahren. Er nickte, wie man nickt, wenn man den anderen zum Schweigen bringen will. Die Kellnerin kam, um unsere Bestellung aufzunehmen. Morty wählte den Hackbraten und grinste mich herausfordernd an. Dafür blieb er beim Koffeinfreien.
    »Wie geht’s Ruth?«
    »Gut, glaube ich.«
    »Du bist ihr Mann. Du musst das doch wissen .«
    »Sie ist diese Woche in Florida.«
    »Und was macht sie da?«
    »Sie besucht ihre Schwester.«
    »Warum bist du nicht mitgefahren?«
    »Ist das jetzt ein Verhör oder was?«
    »Ich betreibe nur gepflegte Konversation, Morty. Diese Fragen sind alle zulässig.«
    »Ich werde auf keinen Fall nach Florida ziehen!«, donnerte Morty aus heiterem Himmel.
    »Wie kommst du jetzt darauf?«, fragte ich.
    »Nur über meine Leiche.«
    »Schon kapiert.«
    »Lass uns das Thema wechseln!«
    »Möchte Ruth etwa nach Florida ziehen?« Ich zog es vor, beim Thema zu bleiben.
    »Vor zwanzig Jahren wollte sie nach Italien ziehen, daraus wurde nichts«, antwortete er.
    »Was hast du gegen Florida?«
    »Frag lieber nicht«, sagte Morty.
    Damit war das Gespräch praktisch beendet. Morty stocherte in seinem Essen herum und hörte nicht mehr auf zu schmollen.
    Als wir das Diner verließen, nahm ich sein Angebot an, mich nach Hause zu fahren. Am linken vorderen Kotflügel seines Cadillacs fiel mir eine Delle auf, und ich fragte, wie das passiert sei. Er zuckte bloß mit den Schultern. Dann fuhr er aus der Parklücke, ohne in den Rückspiegel zu sehen, und verfehlte nur knapp einen Radfahrer, der ihm in allerletzter Sekunde auswich. Morty bemerkte es nicht einmal. Wenige Minuten später übersah er ein Stoppschild, danach befuhr er auf der Van Ness Avenue zwei Spuren, bis der Fahrer eines Mini Cooper auf die Hupe drückte. Morty quittierte das mit dem Satz: »Entspann dich, früher oder später kommen wir alle an.«
    Als er mich abgesetzt hatte, überlegte ich, wann ich am besten Anzeige erstatten sollte. Wenn das, was ich eben erlebt hatte, wirklich Mortys neue Fahrweise war, stellte er eine ernsthafte Bedrohung für die Allgemeinheit dar. Ich beschloss, ihm eine zweite Chance zu geben. Schließlich hat jeder mal einen schlechten Tag.
    Freitag
    Ein Mann in den besten Jahren betrat die Bar, mit einem Teenager im Gefolge. Der Mann wirkte zornig, das Mädchentrotzig. Darf ich Ihnen meine Schwester Rae und ihren »besten Freund« Henry Stone 15 vorstellen?
    Drei Barhocker trennten die beiden. Henry rollte den New Yorker auf, den er sich unter die Achsel geklemmt hatte, und fing an zu lesen. Rae wischte über den bereits blank gewischten Tresen und sagte: »Dasselbe wie immer.« Ich servierte ihr Stammgetränk – ein Ginger Ale – mit der Stammbemerkung, dass sie mit ihren sechzehn (einhalb!) Jahren in einer Bar eigentlich nichts verloren habe. Dann servierte ich Henry sein Stammgetränk, ein Glas Mineralwasser. Ich fragte mich, wann sie das ungewöhnlich lange Schweigen brechen würden. Rae beobachtete Henry aus dem Augenwinkel. Er vertiefte sich gebannt in das Magazin, scheinbar ohne seine Umgebung im Geringsten wahrzunehmen. Als wollte sie ihn nachäffen, packte Rae ihr Geometriebuch aus und tat so, als würde sie sich gebannt darin vertiefen. Ihre Showeinlage war bei weitem nicht so überzeugend wie die von Henry. Sie beobachtete ihn nach wie vor aus dem Augenwinkel, darauf lauernd, dass er endlich von ihr Notiz nahm. Nach einer Weile trank sie das Ginger Ale in einem Zug aus und knallte das Glas auf den Tresen. Es war schlicht unmöglich, von ihr keine Notiz zu nehmen.
    »Noch mal dasselbe«, sagte sie.
    »Kann mir mal jemand erklären, was hier
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