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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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auf und zogen Schuhe und Socken aus. Die Luft war jetzt so heiß und trocken, dass sie abwechselnd auf die unbeschädigten Obstkisten kletterten, um wenigstens ein bisschen von der Brise mitzubekommen. Will fragte sich, ob es von nun an immer so sein würde. Waren die Tiefen unerträglich heiß, wie die sengende Luft, die einem aus einer geöffneten Backofentür entgegenschlug? Es schien fast, als befänden sie sich auf direktem Weg in die Hölle.
    Seine Gedanken wurden bald unterbrochen, als die Bremsen mit solcher Heftigkeit zu quietschen begannen, dass sich die Jungen die Ohren zuhalten mussten. Der Zug wurde langsamer und blieb schließlich ruckartig stehen. Einige Minuten später hörten sie von weiter vorne ein lautes Klirren und dann das hallende Dröhnen von Metall auf Gestein. Sofort zog Will seine Schuhe an und lief zum vorderen Teil des Waggons. Er zog sich an einer der Seitenwände hoch, um nachzusehen, was da vor sich ging.
    Es war zwecklos: Weiter vorne im Tunnel ließ sich zwar ein rötliches Glühen ausmachen, doch der Rest wurde von den träge aufsteigenden Rußwolken verdeckt. Chester und Cal gesellten sich zu Will und reckten die Köpfe, um über die Ränder der Waggons vor ihnen zu schauen. Da die Lokomotive nun im Leerlauf lief, war der Lärmpegel erheblich zurückgegangen, und jedes von den Jungen erzeugte Geräusch, jedes Hüsteln oder Scharren mit den Schuhen, wirkte weit entfernt und winzig klein. Obwohl sie jetzt Gelegenheit zum Reden hatten, schauten sie sich nur verwundert an – keiner von ihnen wusste so recht, was er sagen sollte. Schließlich brach Chester das Schweigen:
    »Kannst du irgendwas erkennen?«, fragte er.
    »Du siehst schon viel besser aus!«, erwiderte Will seinem Freund. Chester bewegte sich wieder deutlich sicherer und hatte sich mühelos neben Will an der Eisenwand hochgezogen.
    »Ich war nur hungrig«, murmelte Chester abwehrend und drückte sich eine Hand aufs Ohr, als wollte er den Druck der ungewohnten Stille lindern.
    Im nächsten Moment ertönte von weiter vorn ein Ruf und eine tiefe Männerstimme hallte durch den Tunnel – eine schlagartige Erinnerung daran, dass sie nicht die Einzigen in diesem Zug waren. Die Jungen erstarrten. Imago hatte sie eindringlich vor dem Lokführer, einem möglichen Begleiter und einem weiteren Kolonisten im Dienstwagen am Ende des Zugs gewarnt. Diese Männer wussten zwar von Chesters Anwesenheit – schließlich war es ihre Aufgabe, ihn nach der Ankunft am Grubenbahnhof in die Ödnis zu schicken –, doch Cal und Will waren blinde Passagiere, für deren Entdeckung die Mannschaft wahrscheinlich ein Kopfgeld kassieren würde. Sie durften nicht entdeckt werden, unter keinen Umständen.
    Die Jungen tauschten ein paar nervöse Blicke und dann hievte Cal sich noch höher.
    »Nichts zu sehen«, sagte er.
    »Ich versuch’s mal hier drüben«, erwiderte Will und zog sich Hand für Hand an der Kante entlang bis zur Ecke des Waggons, um einen besseren Blick auf die Gleise werfen zu können. Er kniff die Augen zu Schlitzen und schaute an den Waggons vorbei Richtung Lokomotive, konnte aber außer Rauch und Dunkelheit nichts erkennen. Schließlich kehrte er zu den beiden anderen zurück. »Glaubst du, sie durchsuchen den Zug?«, wandte er sich an Cal, der nur die Achseln zuckte und sich ängstlich umsah.
    »Mann, ist das heiß hier«, flüsterte Chester und fächelte sich etwas Luft zu. Er hatte recht – ohne den kühlenden Fahrtwind war die Hitze fast unerträglich.
    »Das ist nur das kleinste unserer Probleme«, murmelte Will.
    Plötzlich erwachte die Lokomotive vibrierend zum Leben und setzte sich ruckend und stoßend in Bewegung, bis sie wieder etwas Fahrt aufgenommen hatte. Die Jungen rührten sich nicht von der Stelle. Hartnäckig hielten sie sich an der Metallwand fest und wurden erneut von einem Strom aus Lärm und beißendem Qualm umhüllt.
    Schließlich hatten sie genug, sprangen wieder auf den Boden des Waggons, kehrten in ihr Versteck zurück, hielten jedoch wachsam Ausschau. Will entdeckte als Erster den Grund für den Zwischenstopp des Zugs.
    »Da!«, rief er und zeigte auf die Tunnelwand, während der Zug langsam weiterruckelte. Zwei riesige, weit geöffnete Eisentore lehnten gegen das Gestein. Sofort sprangen die Jungen auf.
    »Sturmtore«, brüllte Cal ihnen zu. »Die werden garantiert wieder geschlossen, sobald wir durch sind.«
    Noch bevor er seinen Satz beendet hatte, kreischten die Bremsen erneut und der Zug hielt ein
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